II, Theaterstücke 19, Der Ruf des Lebens. Schauspiel in drei Akten (Vatermörderin), Seite 258

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19. Der Ruf des Lebens
#e hente begonnene Dostruttion # französiicher Sprache mit der Postsparkassa zu stürzt, obwohl er zu den führenden Elementen
verkehren. Wie nun die tschechischen Blätter heute des Deutschtums gehören will. Man sehe auch,
fortsetzen werden.
den primitiv und gradlinig aufgesucht. Aber
Inur geschehen ist, weil eine junge Frau einen
einziehen, dessen kein Fürst der Schlachten sich
diese Effekte, die in ihrer äußeren Gebärde an
alternden Mann betrog. Vielleicht hat der Oberst
schämen brauchte; wird dahinfahren wie ein
veraltete und seither verpönte Bühnenkünste
die Schuld der blauen Kürassiere nur ersonnen.
Wettersturm, und in der brausenden Schön¬
erinnern, sind so tief beseelt, sind mit seelischem
Niemand weiß es. Auch Mariens Vater, der vor
heit seines Sterbens ewig leben: der Oberst,
Inhalt so wundervoll beschwert, daß man an
dreißig Jahren mit dabei gewesen, bildet sich's
der die blauen Kürassiere befehligt und dem
ihnen erst merkt, wie sehr wir es notwendig
jetzt vielleicht nur ein, weil alle es sagen: die
Schicksal gebietet.
haben, wieder zum theatralischen Theater hin¬
blauen Kürassiere seien damals die ersten ge¬
Dieser funkelnde Mann, der in seiner Ver¬
geführt zu werden; und daß man zugleich den
wesen, die flohen. Auch andere Regimenter
achtung des Daseins eine so ungeheure Form
einzigen Weg erkennt, auf dem wir wieder dahin
haben an jenem Tage die Flucht ergriffen. Kein
des Selbstmordes erfand, erscheint anziehend
gelangen können.
Mensch vermöchte mehr zu sagen, wer die Schuld
und bewundernswert wie ein Künstler. Daß
So ist denn auch das Beste und Reinste an
trägt. Aber wie es immer gewesen sein mag;
er seine Rachgier mit der prunkvollen Ballade
diesem kostbaren Stück kein Einzelnes, sondern
auch der Oberst mit all seinem Witz und mit all
patriotischen Opfermutes umhüllen konnte,
seine ganze Atmosphäre, seine österreichische
seiner stolzen Kraft ist nur ein winziges, ohn¬
macht ihn beinahe zum Dichter. Aber es öffnet
Atmosphäre. Sie war in keinem Werk von
mächtiges Wesen, spurlos fortgeweht vom
auch einen Tiefblick in die geheimen Unter¬
Schnitzler noch so voll Duft und Glanz wie in
Atem des ewigen Geschickes. Er hat ja diesen
gründe vieler frommer Legenden.
diesem. So klar ist die wienerisch=österreichische
Krieg nicht beschließen können; wahrscheinlich
Der Bann des Sterbens, den der Oberst
Luft dieses Stückes, daß alle Höhen und Tiefen
hat nicht einmal der Kaiser die Macht gehabt,
über die Menschen hingebreitet hat, treibt all
der Landschaft wie an einem schönen Herbsttag
den Krieg abzuwenden oder heraufzubeschwören.
ihr Wünschen, all ihr Tun zu raschem Auf¬
schärfer hervortreten. Und deutlicher als sonst,
Der Oberst und seine Frau, ihr Liebhaber und
flammen. Deshalb ermordet dort in der kleinen
allgemeiner, reicher und vielfältiger instrumen¬
Marie, die kranke, junge Katharine und Mariens
Vorstadtwohnung die arme Marie ihren
tiert, klingt in diesem Stück das Gesamtthema
alter Vater und die anderen alle, sie sind zu¬
bösen alten Vater. Denn morgen früh reiten
der Schnitzlerschen Dichtung: Das Aufrauschen
sammen in den Lichtstrahl einer Abendstunde ge¬
die Kürassiere ins Feld, und diese letzte Nacht
des Lebens vor der großen Stille des Todes.
bannt und versinken miteinander im selben
gehört dem Leben; und der Mann, den Marie
Dem Deutschen Volkstheater ist eine vor¬
Schatten derselben Dämmerung.
liebt, ist bei den blauen Kürassieren. Da eilt
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treffliche Aufführung gelungen, nobel in dem
Dieses Stück will über Einzelmenschen und
sie über die Leiche des Vaters hinweg in die
goischen Wirklichkeit und Phantastik farbig
über Einzelschicksale hinaus zu einem Gesamt¬
große Stunde, die ihrer Jugend schlägt.
dämmernden Gesamtton. Fräulein Hanne¬
bild des Lebens. Es will vielleicht auch über das,
Deshalb spürt die junge Katharine doppelt
imann als Marie voll Kraft und edlem Aus¬
was wir Schicksal nennen, hinaus zu einem
brennend, daß sie den Todeskeim in der Brust
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bruck erinnerte an die herrlichen Anfänge der
Durchdringen all der kleinen Zufälligkeiten,
trägt, lernt jetzt, in der Bangigkeit, die der
Medelsky. Fräulein Müller als sterbens¬
Stümpereien und Daseinslügen, deren Wirkung
Abschied des totgeweihten Regiments über die
kranke, lebensdurstige Katharine von einer
so mächtig ist, wie ihre Ursache lächerlich und
Stadt hinströmt, die schmerzlich süße Wonne
merkwürdig schwebenden Art zu existieren, von
nichtig. Dieses Stück will ein Drama der Zu¬
des Abschiednehmens.
einer süßen Anmut und holden Schmerzlichkeit,
sammenhänge sein, ist jedenfalls das erste, das
Viele kleine Schicksale entscheiden sich, rollm
die man so bald nicht vergessen kann. Herr
so völlig vom menschlichen Charakter abgelöst,
nun schneller ab, stürzen jählings zusammen,
[Weisse vornehm in sich gefaßt und undurch¬
von der Individualitätsehrfurcht abgekehrt, und
weil der Oberst der blauen Kürassiere sein
dringlich als Oberst. Herr Kramer als Leut¬
so stark auf die Zusammenhänge gestellt erscheint.
großes Schicksal beschloß. Hoffnungen werden
nant, Fräulein Marberg, Herr Homma,
In diesem Stück lebt ein schöpferisches Zweifeln
vernichtet, Sehnsucht geht in Erfüllung, Haß
Herr Edthofer, Herr Kutschera und
an den Erkenntnissen und an dem errungenen.
rafft sich auf, Verzweiflung bricht hervor in
Fräulein Thaller — es war ein muster¬
Nuancenreichtum des modernen Theaters. Dabei
weitem Umkreis. Staunend sicht die Welt, wie
haftes Zusammenspiel. Und der Erfolg lohnte
aber ist ein energischer Wille zum Theater und
eine große, todesmutige Tat vollbracht wird,
die Arbeit, wie er fast jedesmal ein wirkliches,
und niemand — weder die Betroffenen noch die zum Theatermäßigen in diesem Stück. Starke,
Jelit Salten.
gge Ueberlebenden — niemand ahnt, daß all dies! beinabe unvermittelte, selbst krasse Effekte wer= ehrliches Arbeiten lohnt,