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19. Der Ruf des Lebens
Telephon 12.801.
D#.
1
„OUSERVER
l. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausscheitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Verfrefungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
plienengübe ehne Ger321
Spert und Saion, Wien
Ausschnitt aus:
180521999
vom:
Theater und Kunst.
Antur Schnitzlers „Der Ruf des hebens“.
(Zur Erstaufführung im Deutschen Volkstheater.)
Wieder ein Sensationsabend! Das Haus zum Erdrücken
voll. Die Herren durchgehends in Smoking, die Damen fast
ausschließlich in glänzenden Soirectoiletten, jene in den
Logen mit riesengroßen Hüten und noch größerem De¬
colletee. Erwartungsvolle Stimmung, als stünden wir un¬
mittelbar vor der Lösung der ungarischen Krise oder vor
einer Kriegserklärung. Und da der Vorhang sich hebt, tiefes
Schweigen, fast Todesstille. Eine Vorahnung dessen, was
nun kommen soll. Der alte Moser (Herr Homma) sitzt im
Lehnsessel, seine Tochter Marie (Frl. Hannemann) liest
ihm die letzten Kriegsberichte vor. Der Alte ist ein gries¬
grämiger Herr, der seiner Tochter das Leben so sauer als
nur möglich macht. Man hört das Getrabe von Pferden,
es sind die blauen Kürassiere, die da unten vorüberreiten.
Sie reiten, wie man später erfährt, ins Verderben, in den
Tod. Vor 30 Jahren hat nämlich das Regiment in einer
Schlacht schmählich die Flucht ergriffen, und die nunmehr
dem Regiment angehören, wollen die Ehre desselben retten,
indem sie sich schwören, daß alle kämpfen müssen, bis sie
ausnahmslos gefallen sind. Unglaubliche Todesverachtung,
Ehrbegriff der höchsten Potenz! Der Hausarzt (Herr Kut¬
schera) erscheint. Er bringt den Alten zur gründlichen
Untersuchung nach dem Zimmer. Der gute Doktor hat ein
Auge auf die Marie, ebenso der Forstadjunkt (Herr Edt¬
hofer). Aber die Marie licbt nur einen von den blauen
Kürassieren, der, wie ihre Cousine Katharine (Frl. Paula
Müller) erzählt, erst am nächsten Tag seinen Rittin den
Tod antritt. Marie muß zu ihm, um von ihm Abschied zu
nehmen, und will eben, da sie wähnt, der Vater schläft
schon, das Haus verlassen, als dieser polternd herausstürzt
und ihr erzählt, daß er es war, welcher zuerst die Flucht
ergriffen hat und so der Urheber der Schande der blauen
Kürassiere gewesen ist. Marie macht einen schüchternen
Versuch, in die Arme ihres Bräutigams zu entfliehen, aber
der Alte merkt es und versperrt ihr den Ausgang. In ihrer
Verzweiflung leert sie den ganzen Inhalt der Medizinflasche
in ein Glas und reicht es dem nach Wasser verlangenden
Vater. Die Wirkung erfolgt merkwürdig rasch. Der Alte
stirbt. Erster Mord!
Zweiter Akt. Zimmer des Leutnants Max (Herr Kramer),
der eben damit beschäftigt ist, Dokumente seiner Liebe dem
Feuertod zu weihen. Der Oberst (Herr Weisse) erscheint
am Fenster. Er erweisi dem Leutnant die Ehre, an seiner
Seite kämpfen zu dürfen, was dankend quittiert wird. Der
Oberst geht, dafür erscheint seine bessere Hälfte (Frl. Mar¬
berg), die, wie man erfährt, in unerlaubten Beziehungen
zu Leutnant Max steht. Sie will ihn zur Flucht verleiten,
aber der Leutnant ist standhaft. Da erscheint der Oberst
wieder am Fenster, aber diesmal bleibt er nicht draußen
stehen, sondern ist mit einem Satz im Zimmer und schießt
seine Frau maustot. Zweiter Mord! Marie, die sich früher
ungesehen in dien Kaum geschlichen und hinter dem Vor¬
hang versteckt hatte, fällt dem Leumant in die Arme.
Sseht
Lieb
19. Der Ruf des Lebens
Telephon 12.801.
D#.
1
„OUSERVER
l. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausscheitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Verfrefungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
plienengübe ehne Ger321
Spert und Saion, Wien
Ausschnitt aus:
180521999
vom:
Theater und Kunst.
Antur Schnitzlers „Der Ruf des hebens“.
(Zur Erstaufführung im Deutschen Volkstheater.)
Wieder ein Sensationsabend! Das Haus zum Erdrücken
voll. Die Herren durchgehends in Smoking, die Damen fast
ausschließlich in glänzenden Soirectoiletten, jene in den
Logen mit riesengroßen Hüten und noch größerem De¬
colletee. Erwartungsvolle Stimmung, als stünden wir un¬
mittelbar vor der Lösung der ungarischen Krise oder vor
einer Kriegserklärung. Und da der Vorhang sich hebt, tiefes
Schweigen, fast Todesstille. Eine Vorahnung dessen, was
nun kommen soll. Der alte Moser (Herr Homma) sitzt im
Lehnsessel, seine Tochter Marie (Frl. Hannemann) liest
ihm die letzten Kriegsberichte vor. Der Alte ist ein gries¬
grämiger Herr, der seiner Tochter das Leben so sauer als
nur möglich macht. Man hört das Getrabe von Pferden,
es sind die blauen Kürassiere, die da unten vorüberreiten.
Sie reiten, wie man später erfährt, ins Verderben, in den
Tod. Vor 30 Jahren hat nämlich das Regiment in einer
Schlacht schmählich die Flucht ergriffen, und die nunmehr
dem Regiment angehören, wollen die Ehre desselben retten,
indem sie sich schwören, daß alle kämpfen müssen, bis sie
ausnahmslos gefallen sind. Unglaubliche Todesverachtung,
Ehrbegriff der höchsten Potenz! Der Hausarzt (Herr Kut¬
schera) erscheint. Er bringt den Alten zur gründlichen
Untersuchung nach dem Zimmer. Der gute Doktor hat ein
Auge auf die Marie, ebenso der Forstadjunkt (Herr Edt¬
hofer). Aber die Marie licbt nur einen von den blauen
Kürassieren, der, wie ihre Cousine Katharine (Frl. Paula
Müller) erzählt, erst am nächsten Tag seinen Rittin den
Tod antritt. Marie muß zu ihm, um von ihm Abschied zu
nehmen, und will eben, da sie wähnt, der Vater schläft
schon, das Haus verlassen, als dieser polternd herausstürzt
und ihr erzählt, daß er es war, welcher zuerst die Flucht
ergriffen hat und so der Urheber der Schande der blauen
Kürassiere gewesen ist. Marie macht einen schüchternen
Versuch, in die Arme ihres Bräutigams zu entfliehen, aber
der Alte merkt es und versperrt ihr den Ausgang. In ihrer
Verzweiflung leert sie den ganzen Inhalt der Medizinflasche
in ein Glas und reicht es dem nach Wasser verlangenden
Vater. Die Wirkung erfolgt merkwürdig rasch. Der Alte
stirbt. Erster Mord!
Zweiter Akt. Zimmer des Leutnants Max (Herr Kramer),
der eben damit beschäftigt ist, Dokumente seiner Liebe dem
Feuertod zu weihen. Der Oberst (Herr Weisse) erscheint
am Fenster. Er erweisi dem Leutnant die Ehre, an seiner
Seite kämpfen zu dürfen, was dankend quittiert wird. Der
Oberst geht, dafür erscheint seine bessere Hälfte (Frl. Mar¬
berg), die, wie man erfährt, in unerlaubten Beziehungen
zu Leutnant Max steht. Sie will ihn zur Flucht verleiten,
aber der Leutnant ist standhaft. Da erscheint der Oberst
wieder am Fenster, aber diesmal bleibt er nicht draußen
stehen, sondern ist mit einem Satz im Zimmer und schießt
seine Frau maustot. Zweiter Mord! Marie, die sich früher
ungesehen in dien Kaum geschlichen und hinter dem Vor¬
hang versteckt hatte, fällt dem Leumant in die Arme.
Sseht
Lieb