Wiener Theater
d’Ora1 Wien
Arthur Schnitzler
Arthur Schnitzlers Schaulpiel =Ruf des Lebense ist
aus Fragochemateriaerbaut. Tragilche Einzelschicklale,
nur lole durch die Handlung verbunden, Rtehen vor
unleren Augen. Die Vorgänge folgen an zweiter
Stelle, die ldee, die in ihnen zum Ausdruck kommt,
bildet den eigentlichen Inhalt des Dramas. Es ist keine
Haupthandlung vorhanden, londern ein Hauptgedanke
und alle Perlonen, die auftreten, lind Nebenperlonen:
die wirklichen Helden lind die abltrakten Begriffe von
Tod und Leben. — Da ilt ein Mädchen, dellen Jugend
in der Pflege des kränklichen, nebenbei auch bos¬
haften und lozial wertlolen, Vaters verkümmert. Moral
und Tradition wollten es lo. Sie ermordet den Vater
und findet ihren Weg in Freie, in die Arme des Ge¬
liebten. — Eine andere, lungenkrank und frühem Tode
geweiht, durchbricht die Schranken, mit denen Eitern¬
liebe und Vernunft ihr Dalein iungaben, Rürzt lich in
den Genuß, vergeudet in wenigen Freudentagen das
ängltlich gesparte Kapital an Lebenskraft, das noch für
Jahre einer glücklolen Exiltenz gereicht hätte. — Der
Oberit eines Reiterregiments, ein Mann, der leine ltarken
Liebes- und Haßinitinkte von der Konvention in Felleln
Ichlagen ließ, der lange Zeit den Betrug leines Weibes
an ihm nicht lehen durfte, nicht ahnden wollte, er
wagt es, mit einemmale der vollen Wahrheit ins
Antliß zu lehen und tötet die Frau. Die jähe Wandlung
bewirkt das Wort vom Tode. Irgendwo ist es zuerlt
gefallen. Das Regient der blauen Küralliere lolle, eine
alte Schuuld zu fühnen, bevor es in die Schlacht zicht,
lich dem Tode weihen. Der Oberlt mag es ausgelprochen
haben, dellen Leben von Mißtrauen und Eiferlucht unter¬
wühlt und zerfreilen ist. Mit der Intenlität einer Seuche
hat die ldee um lich gegriffen. Schon ist der Schwur
geleiltet, der keinem dieler jungen, kraftvollen Menichen,
die unter der Fahne des Regiments ausziehen, die Rück¬
kehr erlaubt. Und lo Reht plötzlich im Leben des All¬
tages das Gelpenit der Vergänglichkeit. Die Angehörigen
des Regiments und alle, die für einen von dielen fühlen,
lehen ihm ins Auge. Der Anblick wirkt entgegengeletzt
jenem des Medulenhauptes; er belebt, das Starre be¬
ginnt lich zu regen, aus der Verlteinerung der Sitte her¬
vor bricht frilches Leben, Jener eilige Hauch, der lekunden¬
lang über die Schicklale der Menichen hinwegging, hat
alle Felleln der Empfindung gelprengt, alle künltlichen
Hemmungen zerbrochen. Zum Umwerter aller Lebens¬
werte wird der Tod; es Ichweigen die Stimmen von
Pflicht, Herkomnnen und Gewohnheit, aber die Sehnlucht
nach dem Glück, die bisher ein leiles Flültern blieb,
Ichwillt an zu einem gewaltigen Schrei: das ilt der Ruf
des Lebems; hier nur ein Echo, das erlt der Ruf des
Todes weckte. — Die ldee ilt zweifellos schön und tief.
Aber lie kommnt nur glaubhaft, nicht zwingend zum Aus¬
druck. Das Rtarke) Verltehen und der dichterilche Takt
Arthur Schnitzlers erlauben ihm, das Große zu behundeln,
und es bleibt groß unter leinen Händen; aber ein Zuviel
an Takt scheint ihm das felte Zugreifen der ldee gegen¬
über zu verwehren. Als ob er vor dielem Stoffe teil¬
weile auf lein künitlerilches Herrenrecht, ihn nach Belieben
ines 1 100
Frank Wedekind: Tartüffe
Schaulpiel von Moliere
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d’Ora1 Wien
Arthur Schnitzler
Arthur Schnitzlers Schaulpiel =Ruf des Lebense ist
aus Fragochemateriaerbaut. Tragilche Einzelschicklale,
nur lole durch die Handlung verbunden, Rtehen vor
unleren Augen. Die Vorgänge folgen an zweiter
Stelle, die ldee, die in ihnen zum Ausdruck kommt,
bildet den eigentlichen Inhalt des Dramas. Es ist keine
Haupthandlung vorhanden, londern ein Hauptgedanke
und alle Perlonen, die auftreten, lind Nebenperlonen:
die wirklichen Helden lind die abltrakten Begriffe von
Tod und Leben. — Da ilt ein Mädchen, dellen Jugend
in der Pflege des kränklichen, nebenbei auch bos¬
haften und lozial wertlolen, Vaters verkümmert. Moral
und Tradition wollten es lo. Sie ermordet den Vater
und findet ihren Weg in Freie, in die Arme des Ge¬
liebten. — Eine andere, lungenkrank und frühem Tode
geweiht, durchbricht die Schranken, mit denen Eitern¬
liebe und Vernunft ihr Dalein iungaben, Rürzt lich in
den Genuß, vergeudet in wenigen Freudentagen das
ängltlich gesparte Kapital an Lebenskraft, das noch für
Jahre einer glücklolen Exiltenz gereicht hätte. — Der
Oberit eines Reiterregiments, ein Mann, der leine ltarken
Liebes- und Haßinitinkte von der Konvention in Felleln
Ichlagen ließ, der lange Zeit den Betrug leines Weibes
an ihm nicht lehen durfte, nicht ahnden wollte, er
wagt es, mit einemmale der vollen Wahrheit ins
Antliß zu lehen und tötet die Frau. Die jähe Wandlung
bewirkt das Wort vom Tode. Irgendwo ist es zuerlt
gefallen. Das Regient der blauen Küralliere lolle, eine
alte Schuuld zu fühnen, bevor es in die Schlacht zicht,
lich dem Tode weihen. Der Oberlt mag es ausgelprochen
haben, dellen Leben von Mißtrauen und Eiferlucht unter¬
wühlt und zerfreilen ist. Mit der Intenlität einer Seuche
hat die ldee um lich gegriffen. Schon ist der Schwur
geleiltet, der keinem dieler jungen, kraftvollen Menichen,
die unter der Fahne des Regiments ausziehen, die Rück¬
kehr erlaubt. Und lo Reht plötzlich im Leben des All¬
tages das Gelpenit der Vergänglichkeit. Die Angehörigen
des Regiments und alle, die für einen von dielen fühlen,
lehen ihm ins Auge. Der Anblick wirkt entgegengeletzt
jenem des Medulenhauptes; er belebt, das Starre be¬
ginnt lich zu regen, aus der Verlteinerung der Sitte her¬
vor bricht frilches Leben, Jener eilige Hauch, der lekunden¬
lang über die Schicklale der Menichen hinwegging, hat
alle Felleln der Empfindung gelprengt, alle künltlichen
Hemmungen zerbrochen. Zum Umwerter aller Lebens¬
werte wird der Tod; es Ichweigen die Stimmen von
Pflicht, Herkomnnen und Gewohnheit, aber die Sehnlucht
nach dem Glück, die bisher ein leiles Flültern blieb,
Ichwillt an zu einem gewaltigen Schrei: das ilt der Ruf
des Lebems; hier nur ein Echo, das erlt der Ruf des
Todes weckte. — Die ldee ilt zweifellos schön und tief.
Aber lie kommnt nur glaubhaft, nicht zwingend zum Aus¬
druck. Das Rtarke) Verltehen und der dichterilche Takt
Arthur Schnitzlers erlauben ihm, das Große zu behundeln,
und es bleibt groß unter leinen Händen; aber ein Zuviel
an Takt scheint ihm das felte Zugreifen der ldee gegen¬
über zu verwehren. Als ob er vor dielem Stoffe teil¬
weile auf lein künitlerilches Herrenrecht, ihn nach Belieben
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Frank Wedekind: Tartüffe
Schaulpiel von Moliere
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