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19. Der Ruf des Lebens
liebsten Arme zu wersen und ihres verkümmerten] Biedermeierstil — mit lyrischen Aush
Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet.
jungen Lebens in Sünden und Wonnen froh zuwunderschön bereit, eine süße Braut un
werden.
Glück zu empfangen. Aber der Alte mag
Feuilleton.
Gss!
Und draußen galoppieren stramm und schweigsam
läßt sich ungebührlich Zeit und gibt leh
nicht frei, durchaus nicht, weil er dochj
die blauen Kürassiere in ihren ganz nahen und ganz
haben muß, der ihn pflegt und den en
gewissen Tod hinein. Der Hufschlag ihrer Gäule klap¬
Theater. 7
pert über das Straßenpflaster, verliert sich — Perspek¬
Aber gäb' er sie auch hin, die Marie näh
Deutsches Volkstheater: „Der Rufdes Lebens“,
tive des Ohrs! — in verhallender Ferne... Trom¬
frack doch nicht mehr, denn sie hat ihr be
Schauspiel in drei Akten von Artur Schnitzler. Zum
an einen jungen Offizier gehängt, an ei
petensignale dazwischen, erst lauter, dann leiser...
ersten Male aufgeführt in Wien am 11. Dezember.
Ein Blick in eine Altwiener Krankenstube, in eine
blauen Kürassieren, mit dem sie eine N
tanzt hat. Sie nimmt auch den braven
von 1850 etwu. Der Vater, vordem Rittmeister, ist
Ein seltsam kurzweiliges Spiel, vom Leben und vom
79 alt, kann nicht leben und sterben, nur noch
nicht, den humanen Arzt mit edler W
Tode ein vieldeutig dunkles Puppenspiel. Kommt
der von abgeklärten milden Lebenseinsich
schimpfen und schelten. Er ist die leibhaftige Bosheit
gleich nach dem „Tapferen Cassian“, der für Mario¬
im Schlafrock. Eine ihn langsam aufzehrende Krank¬
Überfließen voll ist, und nach dem sie
netten geschrieben ist. Die ganz großen Gebärden, da
Händchen auszustrecken hätte.
heit hat alle Tücke, alles Gift seiner niedrigen Natur
wie dort, so furchtbar steif, das Pathetische eckig und
Das zierliche Bäschen Katharina ist d
aus ihm herauskristallisiert. Wie der alte Mann seine
zackig, stoß- und ruckweis. Es hätte auch eine rüh¬
Tochter, die Marie, deren Großvater er sein könnte,
guten alten Tante Toni, mit der be
rende „Muritat“= und Schrumm=Schrumm=Ballade
denn sie ist 26, quält mit Worten und Werken, das
hänge=Seidenmantille, ihre Jüngste, d
daraus werden können, auf dem Jahrmarkt zu sin¬
ist ganz aus der Weis'. Sie wacht an seinem Lager
übrig verbliebene von drei „Schwestern
gen und zu zupfen, und einer schlägt mit dem Stöck¬
müssen alle an der Schwindsucht dahinst
mit einem stillen, heißen Haß im Herzen, sie hat sich
lein immer auf die Bilder hin, wie sie zu den Strophen
einen eigenen liebreichen Ingrimm zurechtgelegt,
sie
den nicht älter als höchstens einundzu
gehören. Es läßt sich auch so mancherlei Tiefsinn,
duldet wortlos, und sie sehnt sich nach dem Leben, sie
sieht somit nur noch drei Jahre Lebens
wenn man die Zeit dazu hat, hineinlegen und heraus¬
fühlt sich welken und immer böser und giftiger wer¬
will sie denn, liebesnaschhaft wie sie ist,
holen. Es liegen so viel abgerissene Fäden herum, die
den, neben dem bösen, giftigen Alten. In ihr ge¬
sinnige Art ausnützen. Sie ist in einen
sich bequem zusammenknüpfen lassen. Ein Puppen¬
heimstes weibliches Empfinden dringt er ein mit rohen
zier verschossen — auch einer von den
stück ist es, das von Memmen und Helden handelt,
und häßlichen Reden, weidet sich teuflisch an ihrer
sieren. Sie „hat etwas“ mit ihm und
von großartigen Jünglingen, die das Dasein und
Ernsthaftes.
errötenden, verstummenden, empörten Abwehr. Und
alle Lust des Lebens gern von sich abwerfen als ein
jetzt kommt die Novelle. Ein ganzer Novellenkranz
Die blauen Kürassiere sind alle dem
Wertloses, und von einem gierigen Greise, der sich
wird ins Puppenspiel eingeflochten, das Feinste ins
alle. Es umrauscht sie ein volksliedhafte
angsterfüllt an ein verächtliches Leben anklammert, das
Derbste verwoben. Die Marie war mit einem braven
Klang. Des Knaben Wunderhorn blä
doch längst keines mehr für ihn ist, weil er vor dreißig
Forstadjunkten, Brakenburg im grünen Jägerfrack,
letzten Ritt. Gleich nach den blauen Hu
Jahren an einer eigen Tat unselig verstorben. Ein
nahezu verlobt, der von ihrem munteren Bäschen Ka¬
sie, die auch zum Tore hinausreiten auf
Theaterstück von einem jungen Mädchen, das dem
tharina zu ihr abschwenkte. Nun wäre das Männlein
eigenen Vater — „Schrumm=Schrumm!“ — den
kehr, und denen betränte Mädchenbl
ewigen Schlaf in den Abendtrunk träufelt, nur um in eine Stellung gelangt, daß es ans Heiraten denken
nachfolgen durch die Gelbveigeleinstöcke
sich für weniger Stunden Seligkeit in ihres Herzaller= könnte. Oberförsterei in steirischen Waldgründen — im
fensterlein mit den Butzenscheiben...
19. Der Ruf des Lebens
liebsten Arme zu wersen und ihres verkümmerten] Biedermeierstil — mit lyrischen Aush
Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet.
jungen Lebens in Sünden und Wonnen froh zuwunderschön bereit, eine süße Braut un
werden.
Glück zu empfangen. Aber der Alte mag
Feuilleton.
Gss!
Und draußen galoppieren stramm und schweigsam
läßt sich ungebührlich Zeit und gibt leh
nicht frei, durchaus nicht, weil er dochj
die blauen Kürassiere in ihren ganz nahen und ganz
haben muß, der ihn pflegt und den en
gewissen Tod hinein. Der Hufschlag ihrer Gäule klap¬
Theater. 7
pert über das Straßenpflaster, verliert sich — Perspek¬
Aber gäb' er sie auch hin, die Marie näh
Deutsches Volkstheater: „Der Rufdes Lebens“,
tive des Ohrs! — in verhallender Ferne... Trom¬
frack doch nicht mehr, denn sie hat ihr be
Schauspiel in drei Akten von Artur Schnitzler. Zum
an einen jungen Offizier gehängt, an ei
petensignale dazwischen, erst lauter, dann leiser...
ersten Male aufgeführt in Wien am 11. Dezember.
Ein Blick in eine Altwiener Krankenstube, in eine
blauen Kürassieren, mit dem sie eine N
tanzt hat. Sie nimmt auch den braven
von 1850 etwu. Der Vater, vordem Rittmeister, ist
Ein seltsam kurzweiliges Spiel, vom Leben und vom
79 alt, kann nicht leben und sterben, nur noch
nicht, den humanen Arzt mit edler W
Tode ein vieldeutig dunkles Puppenspiel. Kommt
der von abgeklärten milden Lebenseinsich
schimpfen und schelten. Er ist die leibhaftige Bosheit
gleich nach dem „Tapferen Cassian“, der für Mario¬
im Schlafrock. Eine ihn langsam aufzehrende Krank¬
Überfließen voll ist, und nach dem sie
netten geschrieben ist. Die ganz großen Gebärden, da
Händchen auszustrecken hätte.
heit hat alle Tücke, alles Gift seiner niedrigen Natur
wie dort, so furchtbar steif, das Pathetische eckig und
Das zierliche Bäschen Katharina ist d
aus ihm herauskristallisiert. Wie der alte Mann seine
zackig, stoß- und ruckweis. Es hätte auch eine rüh¬
Tochter, die Marie, deren Großvater er sein könnte,
guten alten Tante Toni, mit der be
rende „Muritat“= und Schrumm=Schrumm=Ballade
denn sie ist 26, quält mit Worten und Werken, das
hänge=Seidenmantille, ihre Jüngste, d
daraus werden können, auf dem Jahrmarkt zu sin¬
ist ganz aus der Weis'. Sie wacht an seinem Lager
übrig verbliebene von drei „Schwestern
gen und zu zupfen, und einer schlägt mit dem Stöck¬
müssen alle an der Schwindsucht dahinst
mit einem stillen, heißen Haß im Herzen, sie hat sich
lein immer auf die Bilder hin, wie sie zu den Strophen
einen eigenen liebreichen Ingrimm zurechtgelegt,
sie
den nicht älter als höchstens einundzu
gehören. Es läßt sich auch so mancherlei Tiefsinn,
duldet wortlos, und sie sehnt sich nach dem Leben, sie
sieht somit nur noch drei Jahre Lebens
wenn man die Zeit dazu hat, hineinlegen und heraus¬
fühlt sich welken und immer böser und giftiger wer¬
will sie denn, liebesnaschhaft wie sie ist,
holen. Es liegen so viel abgerissene Fäden herum, die
den, neben dem bösen, giftigen Alten. In ihr ge¬
sinnige Art ausnützen. Sie ist in einen
sich bequem zusammenknüpfen lassen. Ein Puppen¬
heimstes weibliches Empfinden dringt er ein mit rohen
zier verschossen — auch einer von den
stück ist es, das von Memmen und Helden handelt,
und häßlichen Reden, weidet sich teuflisch an ihrer
sieren. Sie „hat etwas“ mit ihm und
von großartigen Jünglingen, die das Dasein und
Ernsthaftes.
errötenden, verstummenden, empörten Abwehr. Und
alle Lust des Lebens gern von sich abwerfen als ein
jetzt kommt die Novelle. Ein ganzer Novellenkranz
Die blauen Kürassiere sind alle dem
Wertloses, und von einem gierigen Greise, der sich
wird ins Puppenspiel eingeflochten, das Feinste ins
alle. Es umrauscht sie ein volksliedhafte
angsterfüllt an ein verächtliches Leben anklammert, das
Derbste verwoben. Die Marie war mit einem braven
Klang. Des Knaben Wunderhorn blä
doch längst keines mehr für ihn ist, weil er vor dreißig
Forstadjunkten, Brakenburg im grünen Jägerfrack,
letzten Ritt. Gleich nach den blauen Hu
Jahren an einer eigen Tat unselig verstorben. Ein
nahezu verlobt, der von ihrem munteren Bäschen Ka¬
sie, die auch zum Tore hinausreiten auf
Theaterstück von einem jungen Mädchen, das dem
tharina zu ihr abschwenkte. Nun wäre das Männlein
eigenen Vater — „Schrumm=Schrumm!“ — den
kehr, und denen betränte Mädchenbl
ewigen Schlaf in den Abendtrunk träufelt, nur um in eine Stellung gelangt, daß es ans Heiraten denken
nachfolgen durch die Gelbveigeleinstöcke
sich für weniger Stunden Seligkeit in ihres Herzaller= könnte. Oberförsterei in steirischen Waldgründen — im
fensterlein mit den Butzenscheiben...