II, Theaterstücke 19, Der Ruf des Lebens. Schauspiel in drei Akten (Vatermörderin), Seite 406

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(Quellenangabe chne Gewähr).
16 3. 1910
Ausschnitt aus:
Freie Stimmen, K
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vom:
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Tage nur und das alte Theaterscht is seine
des einstürzenden Dachesherfglagen.
Pforten für immer. Nun heißt es Abschied neh¬
men von der Stätte, die so viel frohe, so viel
weihevolle Stunden gesehen. Allein nicht nur den¬
Kunst und Titeratur.
Großen auch den Kleinen bietet das alte Hau
einen Abschiedsgruß. Heute, Mittwoch, den 16#
Schauspielhaus. Zum Vorteile des anmuti=dieses Monats, nachmittags, findet eine Ab¬
gen Frl. Ehn ging gestern Artur Schnitzlers.
schieds=Kindervorstellung statt. Das
eigenartiges Schauspiel „Der —Kllf des
gewählte Stück, das schöne Kindermärchen „Hän¬
[Lebens“ in Szene. Derselbe Dichter, der in
sel und Gretel“, wird sicher die freudigste
der „Liebelei“ und auch im „Freiwild“ sich als
Anerkennung des kleinen Publikums finden. Auch
ein überaus scharfer Beobachter und Gestalter
die reizende Balletteinlage „Rosenbachzeit“,
des Lebens und der Menschen zeigt, arbeitet
die den Abschluß der Abschieds=Kindervorstellung
hier fast nur in Konstruktionen, ja er verschmäht
bildet, wird dem kleinen Volk gewiß gefallen.
die ganz und gar unpoetische Häufung von

Knalleffekten nicht, die geradezu an die Titel¬
Wochenspielplan des Stadttheaters
überschriften billiger Romane erinnern und
vom 16. bis 19. März.
einem Philippi alle Ehre gemacht haben wür¬
Mittwoch: Ein Spiel. Hierauf: Das
den. Die sorgsame, keusche Tochter, die den
egoistischen Vater vergiftet, nur um eine Nacht goldene Kreuz, Benefize Ludwig Cortelli.
sich in den Armen einer flüchtigen Ballbekanet= Donnerstag: Ein Herbstmanöver. — Freitag:
schaft „ausleben“ zu können das arme, lungen Der Hüttenbesitzer. — Samstag: Nachmittags:
kanke Mädchen, das der „Ruf des Lebens“ auf Frühlingsluft. Rosenhochzeit; abends: Der
die Landstraße und der Nymphomanie in die dunkle Punkt.
Arme treibt, der alte Oberst, der einer firene.“
hans
Idee wegen sein ganzes Regiment dem Tode
weiht, und schließlich der junge Leutnant, der
über die noch warme Leiche der seinetwegen
niedergeknallten Oberstensfrau mit einer Anderen
zur Liebesnacht eilt — das sind durchwegs De¬
kadenzfiguren, die sich zu Trägern neuer ethischer!
Grundsätze, wie der Dichter sie in herrlichen
Poetenworten im letzten Akte verkünden läßt, ab¬
solut nicht eignen. An solchen Zerrfiguren, an einer
derart unlogisch und gequält erfundenen und
fortgesponnenen Handlung, die übrigens mit
dem zweiten Akte damatisch zu Ende ist, hätte
der geniale englisch=irische Allerweltsspötter und
Moral=Anarchist Shaw sein bizarres Sarkas=?
E
musspiel (ähnlich wie in den „Helden“) getrieben,
während Schnitzler auch da bitter=ernst genom=r#
men werden will, wogegen aber Verstand und Ge=u
fühl in uns sich ganz energisch auflehnen. Schadesn
um einzelne Dialog=Schönheiten in dem — sagen!d
wir — krankhaften Stücke, das übrigens zu is
den schwächsten Werken des Autors, der aberlde
auch dann noch interessant sein kann, wenn er d
weit in die Irre geht, zählt. Die Aufführung
stand unter einem günstigen Sterne. Neben der
überaus sympathischen Benefiziantin (Marie), die
mit allen Ehren und vielen duftigen Blumen¬
spenden empfangen wurde, bemühten sich nochski
die Damen Heinrich (Katharina), Welternir
(Irene) und Hettler (Frau Richter) und die ld
Herren Schramm (Max), v. Ritter (der

alte Moser), Karma (Dr. Schindler, der „Graf fr
Trast“ des Thesenstückes) und Winterberg
um den schauspielerischen Erfolg des literarisch
verlorenen Abends. Weniger glücklich war da¬
gegen Herr Kapfer (Forstadjunkt Rainer).
Abschieds=Kindervorstellung im alten
n Schauspielhaus. Nur noch kurze Zeit, wenige