19. Der Ruf des Lebens
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Telephes B.#.
„UDSERTER
I. Seterr. bebördl. kesz. Unternehmes für Zeitunga-Assnehnt###
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
i Bertin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiande.
0
a, Kopenhagen, London, Madeid, Mailand, Min
N#e-Verk, Parts, Rom, San Francisca, Stocktelm, S#. Petess¬
burg, Toronte.
Erea
Ausschnitt e#mer Tagblatt, Klagenfurf.
17. MRZ. 19·0
m:
Theater, Kunst und Musik.
„Der Ruf des Lebens“. Das Haus war der be¬
liebten Benefiziantin Fräulein Eleonore Ehn zu
Ehren voll besetzt; die Blumenspenden sowie der
Beifall für die schauspielerischen Leistungen dieser
und einiger Hauptpersonen des Stückes, die durch
die Herren v. Ritter, Schramm, Karma
und Winterberg sowie durch die Frl. Wel¬
tern und Else Heinrich gut vertreten waren,
war verdient. Damit ist aber auch der für die
Beteiligten erfreuliche Teil des Abends wieder er¬
schöpft. Denn das Stück selbst ist abermals von je¬
ner abstoßenden Wirkung, welche eine Freude am
Schönen und Guten nicht aufkommen läßt. Nicht
die Darstellung des Schlechten an sich ist das Ver¬
zwerfliche — es ist ja doch leider im Leben oft ge¬
nug vorhanden —, und ist dessen Darstellung also
wahr, so erfüllt der Dichter insoferne wenigstens
seine ethische Aufgabe, daß er dem Zuseher und
Phörer ungeschminkte Welt= und Menschenkenntnis
berichtet; er wirkt durch den Gegensatz zum Schönen
Ffür das Schöne, schreckt ab vom Häßlichen und
warnt. Wenn aber der Dichter gar nichts anderes
zu tun zu haben scheint, als alles Widerliche, Un¬
edle, Verächtliche, den Abfall des gesellschaftlichen
Lebens in einem Winkel zusammenzukehren, um
diesen Wust dann schließlich dem geduldigen Thea¬
stergast ins Gesicht zu werfen — so darf doch dieser
darob entrüstet sein! — Dergleichen geschieht hier;
der Verfasser betreibt ja auch in anderer Form, in
einem Buche, den Antimilitarismus statt in
Proletarier= in Intelligenzkreisen, und zwar da¬
durch, daß er die Offiziersehre systematisch befleckt:
er stellt hier das Leben einer kleinen Garnison
(a la Bilse) in einer ganzen Reihe von Herren
dar, die während langer Friedenszeit des Kaisers
Rock — nicht in Ehren tragen. Ehebruch, Ver¬
führung und Mangel an jeder idealen Lebens= und
Berufsauffassung verzerrt bei den „Jüngeren das
Bild des braven Soldaten; und an der Spitze die¬
ser traurigen Gesellschaft steht ein ganz alter Pen¬
sionist, der als Rittmeister vor fast vierzig Jah¬
ren bei einer Schlacht durch sein Beispiel eine pa¬
der
—
nikartige Flucht des ganzen Regimentes
blauen Dragoner — verschuldet hat; dann hat er
geheiratet, seine arme Frau zu Tode sekkiert, und
tut nun ein Gleiches mit seiner Tochter, welche un¬
ter seiner geistigen Mißhandlung zur verbitterten
alten Jungfer wird. Bei einem eben ausbrechenden
Kriege nun lebt das Gerücht von dieser (namentlich
in der österreichischen Armee ganz undenkbaren)
S
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Telephes B.#.
„UDSERTER
I. Seterr. bebördl. kesz. Unternehmes für Zeitunga-Assnehnt###
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
i Bertin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiande.
0
a, Kopenhagen, London, Madeid, Mailand, Min
N#e-Verk, Parts, Rom, San Francisca, Stocktelm, S#. Petess¬
burg, Toronte.
Erea
Ausschnitt e#mer Tagblatt, Klagenfurf.
17. MRZ. 19·0
m:
Theater, Kunst und Musik.
„Der Ruf des Lebens“. Das Haus war der be¬
liebten Benefiziantin Fräulein Eleonore Ehn zu
Ehren voll besetzt; die Blumenspenden sowie der
Beifall für die schauspielerischen Leistungen dieser
und einiger Hauptpersonen des Stückes, die durch
die Herren v. Ritter, Schramm, Karma
und Winterberg sowie durch die Frl. Wel¬
tern und Else Heinrich gut vertreten waren,
war verdient. Damit ist aber auch der für die
Beteiligten erfreuliche Teil des Abends wieder er¬
schöpft. Denn das Stück selbst ist abermals von je¬
ner abstoßenden Wirkung, welche eine Freude am
Schönen und Guten nicht aufkommen läßt. Nicht
die Darstellung des Schlechten an sich ist das Ver¬
zwerfliche — es ist ja doch leider im Leben oft ge¬
nug vorhanden —, und ist dessen Darstellung also
wahr, so erfüllt der Dichter insoferne wenigstens
seine ethische Aufgabe, daß er dem Zuseher und
Phörer ungeschminkte Welt= und Menschenkenntnis
berichtet; er wirkt durch den Gegensatz zum Schönen
Ffür das Schöne, schreckt ab vom Häßlichen und
warnt. Wenn aber der Dichter gar nichts anderes
zu tun zu haben scheint, als alles Widerliche, Un¬
edle, Verächtliche, den Abfall des gesellschaftlichen
Lebens in einem Winkel zusammenzukehren, um
diesen Wust dann schließlich dem geduldigen Thea¬
stergast ins Gesicht zu werfen — so darf doch dieser
darob entrüstet sein! — Dergleichen geschieht hier;
der Verfasser betreibt ja auch in anderer Form, in
einem Buche, den Antimilitarismus statt in
Proletarier= in Intelligenzkreisen, und zwar da¬
durch, daß er die Offiziersehre systematisch befleckt:
er stellt hier das Leben einer kleinen Garnison
(a la Bilse) in einer ganzen Reihe von Herren
dar, die während langer Friedenszeit des Kaisers
Rock — nicht in Ehren tragen. Ehebruch, Ver¬
führung und Mangel an jeder idealen Lebens= und
Berufsauffassung verzerrt bei den „Jüngeren das
Bild des braven Soldaten; und an der Spitze die¬
ser traurigen Gesellschaft steht ein ganz alter Pen¬
sionist, der als Rittmeister vor fast vierzig Jah¬
ren bei einer Schlacht durch sein Beispiel eine pa¬
der
—
nikartige Flucht des ganzen Regimentes
blauen Dragoner — verschuldet hat; dann hat er
geheiratet, seine arme Frau zu Tode sekkiert, und
tut nun ein Gleiches mit seiner Tochter, welche un¬
ter seiner geistigen Mißhandlung zur verbitterten
alten Jungfer wird. Bei einem eben ausbrechenden
Kriege nun lebt das Gerücht von dieser (namentlich
in der österreichischen Armee ganz undenkbaren)
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