II, Theaterstücke 19, Der Ruf des Lebens. Schauspiel in drei Akten (Vatermörderin), Seite 411

Leber
19. Der Ruf d
bewahrt, mit stiller Selbstverständlichkeit den Weg zurück ins
Leben sie geleitet. Denn nur mit den Augen der Wissenschaft
und des aus Erkenntnis erwachsenden, von allem ethischen
Pathos freied Verständnisses sieht er das Leben. Er erschaut
es im einfachen Sein; dafür scheint ihm kein Preis zu hoch.
Die Tage fließen und die Nächte. Blumen sprießen, und über
allem, was lebt, breitet sich der leuchtende Mittagshimmel.
Leid, Schuld und Kampf — für Augenblicke existieren sie nur.
Die Zeit, das Leben weiß sie zu überwinden. Und selbst die
tiefsten Aufwühlungen der Menschenseele, Schuld und Liebe,
vermögen ihr nicht zu wehren. Reiner und tiefer als in den
Momenten des Affekts wird der Ruf des Lebens dem
ruhig rückwärts Schauenden einst erklingen. — Mit solch'
versöhnender Botschaft entläßt uns der Arzt.
Des Dichters Absicht anzudeuten ist dieser kurzen
Skizze Zweck. Vom Wollen zum Gelingen ist ein weiter Weg,
zumal wenn sich ein feiner, in seinen Möglichkeiten beschränkter,
dem Epischen näher als dem Dramatischen verwandter Geist
an Aufgaben wagt, die ihm im tiefsten Kerne ferne liegen.
Gern geb’ ich's, der ich diesen Dichter liebe, in seiner Schwäche
seine Stärke sehe, gern geb’ ich zu: dies ist, als Ganzes gesehen,
sein schwächstes Werk. Zum großen Wurf, den er da schaute,
reicht's nicht aus. Und allzu unvermittelt stehen rohe Klötze
äußerer Handlung den nebenher und nachträglich herange¬
zogenen Meditationen eines philosophisch sich gebärdenden
Lyrismus gegenüber. Hart streift bisweilen Ridicules an die
Tragik, die Phrase an innerlich Erschautes an. Und manchen
Mißton vermöchte (im zweiten Akte namentlich) selbst eine
Musterdarstellung (wie es die des Lessingtheaters war) nicht
zu bannen. Doch selbst am verfehlten Torso offenbart sich die
Schönheit eines echten Dichters, eines in seinen Möglichkeiten
beschränkten, in seiner eigensten Sphäre aber großen Talents.
Was liegt doch für eine schwere Schwüle, bange Gebundenheit
über dem ersten Akt; wie ist der letzte durchduftet von weher
Trauer und frühem Tod in all der Frühlingspracht ringsum.
Und welch' ein Zauber ginge von der Figur dieser lebens¬
dürstenden Todgeweihten, der Katharina, aus, wenn, ja wenn..
Wenn die Aufführung des „Deutschen Theaters“ gestern
unter einem glücklicheren Gestirne gestanden hätte. Sie hätte
auch eine stärkere Dichtung totgeritten. Hier tun's ein paar
wackere Einzelleistungen (die freilich vom Erforderlichen weit
genug noch abstanden) eben nicht. Mit der Stimmung des
Ganzen steht oder fällt das Stück. Der Auftakt war ja ver¬
sprechend. Ueber dem Krankenzimmer lagerte die dumpfe
Schwüle und Angst des Lebenabgewandten. Herr Forsch
charakterisierte den Alten scharf, bisweilen in zu kräftigen
Nuancen freilich; doch war's eine Leistung, die man gelten
lassen konnte. Auch mühte sich Frl. Leithner redlich um die
Marie. Sie hatte Augenblicke starker Ergriffenheit, so lange
sie sprach, brachte auch die Dumpfheit der gefangenen Seele.
die Ausbrüche der sich Befreienden zu guten, achtenswerten
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Wirkungen. Wo aber blieb das stumme Spiel, das die vollen Ausführung
tung sich aufbauend
Vorgänge ringsum zu begleiten, zu untermalen hat? Hier
Prachtvolle Leistung
gab es Momente abwesender Kälte, des Unbeteiligtseins, die
und gesanglich voll
bitter störten. Trefflich in der Maske, nur zu weich im Ton,
stellten Frau Rü
der von verhaltenem Sarkasmus zittern mußte, brachte Herr
als Fricka bzw. Wi
Ruhbeck seinen Oberst. Farblos und hölzern aber hlieb der
mation und geschn
Leutnant des Herrn Vollmer, unmöglich, geradezu kari¬
zeichnete sich der L
kiert wirkte Frl. Koelers Katharina, die sich offenbar noch
aus; nur schade,
im „Leutnantsmündel“ wähnte und eine gezierte, stoßweise
Fonds hat. Ein
Puppensprache für die Verzückung einer dionysisch dem Tode
licher Alberich we
entgegen Taumelnden angemessen zu halten schien. Völlig
charakteristische Ma
versagte Frl. Dittmar, deren Unfähigkeit zu charakterisieren
Nibelungenheim. —
immer deutlicher sich kundtut, und Herr Dischner ließ die
Von den Göttern
kostbaren Worte des Arztes in Unverständlichkeiten untergehen.
Donner war stimr
Vor allen Dingen vermißte ich den sonst sich offenbarenden
Gewittgszauber zu
sicheren Instinkt des Herrn Regisseurs Forsch. Ich will
bedeutngsvoll zur
davon nicht reden, daß e Frl. Koelers Versagen vielleicht
die ##den Riesen
hätte verhindern können (falls ihr Talent dieses zuließ!). Wo
erfahren. Beide
aber blieb, Herr Forsch, das Tempo?! Wie schlich der erste
Seimmittel, die si
Akt, wie schlief der letzte! Dem Dichter nach zuhelfen,
bänden. Herrn 9
wo er versagt, ist Aufgabe der Regie. Nicht seine Schwächen
Das Ewig=Weiblich
noch zu unterstreichen!
Fritz Ph. Baader. 2 voll klangen die
Frl. Kappel un

Bilde. Die vorko
Erbe gewänne zu
Der Ring des Nibelungen
versagt“ usw. kam
im Königlichen Theater.
im letzten Bilde
töchtertrio leider b
Mit einer im ganzen würdigen, in Einzelheiten hervor¬
Mime konnte wol
ragend schönen „Rheingold“=Aufführung begann gestern
Erda war recht ei
die erste dieswinterliche Aufführung des Wagnerschen
Riesenwerkes vor einem völlig ausverkauften Hause. Der
Th
Grund, weshalb der „Ring“ in dieser Saison so spät erscheint,
L. Siegfried
liegt in einigen dekorativen Neuerungen, deren Fertigstellung
sich bis jetzt verzögert hatte, nämlich der neuen Schwimm¬
am nächsten Sonn
aufführung exlebe
apparate für die Rheintöchter im ersten Bilde und der neuen
giert werden, der
Darstellung des Regenbogens. Beide Neuerungen sind nach
Bayreuther Muster hergestellt, aber nur die erstgenannte
Sämtliche Solisten
kommt den Absichten Wagners wirklich entgegen. Die Rhein¬
Werke Jung=Sieg
töchter erscheinen jetzt als Nixen mit Fischleibern, frei im
Heldentenol des
Wasser umherschwimmend, so daß die Illusion vollkommen
wäre, wenn die Drähte nicht immerhin noch störend wirkten.
Der jetzt durch einen Lichtrefler auf den Prospekt hingewor¬
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fene Regenbogen wirkt an sich sehr natürlich und schön, aber
daß er eine Brücke für die in Walhall einziehenden Götter
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darstellen soll, darauf ist wohl kein einziger Besucher der
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Vorstellung gekommen. Um diese Illusion möglich zu machen,
Deut
Tages ab (3
muß er von einem Felsvorsprung ausgehen, auf dem die
Kastens Hote
Götter erscheinen, gleichsam im Begriff, die Regenbogenbrücke
freunde zum freie
zu betreten.
Die musikalische Seite der Aufführung, auf der wunder= mitgeteilt wird,