II, Theaterstücke 19, Der Ruf des Lebens. Schauspiel in drei Akten (Vatermörderin), Seite 412

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19. Der Ruf des Lebens
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(Quellenangahe ohne Gewähr.)
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Theaker. „Dir Rufdes Lebens“, Schau¬
piel in 3 Akten von Arthur Schnitzler. Schon
haus der gestern von uns gebrachten eingehenden In¬
haltsangabe des Stückes wird sich für den auf¬
merksamen Leser mancherlei ergeben haben, was unser
hartes Urteil erklärlich erscheinen läßt. Es erübrigt
daher nur noch kurz auf die Hauptgesichtspunkte zur
Begründung dieses Urteils hinzuweisen. Fassen wir
zunächst die Grundidee des Stückes etwas näher
ins Auge. „Der Ruf des Lebens“, — klingt der
Titel nicht wie eine freudige Fanfare, wie ein
Hymnus auf Tatkraft und Wirken, auf die Freude
am Leben in der ganzen vielgestaltigen Erscheinungs¬
form menschlicher Daseinsbetätigung. Und bis zu
welcher monotonen Einseitigkeit und Flachheit
schrumpft dieser Appell an die Lebensfreude und den
Lebensdrang hier zusammen. Für den alten siechen
Greis bedeutet es lediglich das zähe Festhalten an
der stumpfen Gewohnheit des bloßen Fortvegetierens,
die unsympathischeste Form des menschlichen Selbst¬
erhaltungstriebes. Den beiden jungen Mädchen ist
er nichts weiter als die lockende Stimme des Blutes,
die die eine in die Arme ihres Idols, die andere
in das Vagantentum zügelloser Sinnenbefriedigung
treibt. Darüber hinaus existiert für beide nichts.
Gewiß gibt es im menschlichen Leben keine stärkeren
Instinkte, als die beiden hier angedeuteten Triebe.
Aber die Befriedigung dieser Instinkte allein ist doch
nur ein ärmliches Stück Leben rein animalischer
Qualität Und mit welcher krassen Brutalität setzen
sich diese Instinkte hier durch, mit welcher, man
möchte fast sagen, rohen Unglaubwürdigkeit. Vom
alten Vater wollen wir nicht sprechen: sein plumper
vampyrartiger Egoismus ist zwar eine in hohem
Grade abstoßende Ausnahmeerscheinung, aber immer¬
hin denkbar. Aber ist es denkbar, daß ein
zunges Mädchen von der Leiche ihres soeben
von ihr gemordeten Vaters hinausstürmt, ohne
sich auch nur einen Augenblick nach ihm um¬
zusehen, daß es ihn wie ein Stück Holz am Boden
liegen läßt, um nur ja keine Minute des heiß er¬
träumten „Glückes“ zu versäumen? Ist es denkbar,
daß Marie auch angesichts der Leiche der vor ihren
Augen erschossenen Geliebten ihres Max keinen
anderen Gedanken hat, als ihm anzugehören? Nur
einmal hat sie mit ihm eine Nacht durchtanzt und
doch erwartete er ihr Kommen als etwas Selbst¬
verständliches. „Sie hätte mich nicht sollen warten;
lassen“, sagt er. Und dabei ist sie die Tochter eines reits e¬
ehemaligen Regimentskameraden, ein
Mädchen, das doch wohl auch ohne Preisgabe von
Ehre, Leben und Seligkeit hätte die Seine
befremdlich