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19. Der Ruf des Lebens
—
W
B
sind die Menschen brutal in ihren Reden und in des Regiments ihres Mannes hält; un
ihren Handlungen, roh in ihren Charakteren, in ziere und Soldaten dieses in den Krieg
ihrem Seelenleben.
Regiments, die, um eine angebliche alte
Man kann kaum annehmen, daß ein so fein= selben zu fühnen, sich geschworen haben
sinniger Kopf, ein so scharfsinniger Geist wie letzten Mann den Opfertod in der Schle
Schnitzler sich nicht klar gewesen sein sollte über ben — „morituri te salutant“, die
seine Absichten und seine Ziele. Wollte er vielleicht Todes schreien nach dem Leben. Marie
zeigen, daß er nicht bloß geistreiche Konversations¬
zu zähe am Leben hängenden alten
stücke, sondern auch ein kräftiges Drama voll l.bens= Trunk, der ihn in den ewigen Schlaf ve
voller Handlung schreiben kaune? Dann hat er sein über die Leiche ihres Vaters stürmt sie
Nichtkönnen bewiesen. Delin es ist unmöglich, die hinaus in die Wohnung des dem Tode
Menschen seines neuen Schauspiels in ihrem Leutnants Max, der Gegenstand ihrer
Empfinden und Handeln ernst zu nehmen. Oder gewesen, seit sie einmal in seinen Armer
hatte er andere Absichten? Niemand wird ver= lichten Ballsaal geflogen ist. Hier wil
kennen, daß in unserer Literatur die Erotik einen borgen hinter einem Vorhang. Zeugin
Raum einnimmt, der in keinem Verhältnis steht zu Oberst seine bei dem Leutnant ertax
ihrem Einfluß und ihrer Bedeutung im wirklichen niederschießt. Und über die zweite Lei
Leben. Wollte Schnitzler die Nichts=als=Erotiker, eilt sie mit dem Geliebten zur Glücksn
die Sexualhelden und ihre einseitige Lebensauf= bald folgt die Ernüchterung: der Leu
fassung ad absurdum führen? Wollte er dartun, schmäht es, mit ihr zu sterben, er erschieß
daß das Wesen, den Inhalt des Lebens nicht allein der Leiche der Frau des Obersten. In ein
das sexuelle Leben ausmacht? Soll „Der Ruf des österreichischen Dorfe finden wir Marie
Lebens“ eine große ernste Satire sein? Unter diesem wieder, gebrochen, unglücklich, doch ohn
Gesichtswinkel kann man den neuen Schnitzler noch
Hause ihrer Tante, der Mutter der oben
„Der Ruf des Lebens=1.
am ersten verstehen; Geschmack abgewinnen auch Katharina, die ausgerückt ist von zu Hau
Drama von Artur Schufler#n
freilich so nicht, man muß sich vielmehr auch bei
„Glück“ gesucht hat in einem Dirnenleb
t. Rürnberg, 17. Dez. I Stdfkheäker ist am
einer solchen Voraussetzung darüber wundern, daß
bend kehrt sie zurück ins Mutterhaus.
Samstag abend Artur Schnitzlers neues dreiaktiges
den Dichter bei der Lösung dieser Auf= Forstadjunkt, der Marie trotz allem e
Schauspiel „Der Ruf des Lebens“ mit freundlichem
gabe Geist, Witz und Takt gänzlich im Stiche ge= worben hat, nimmt von dieser Abschied.
und ungeteiltem Beifall vom Publikum aufgenom¬
lassen zu haben scheinen.
Hoffnung, daß es doch noch ein Wieder
men worden. Es wäre aber keine Ungerechtigkeit
Die Handlung des Stückes spielt in Wien im wird zwischen diesen beiden Menschen, unn
gewesen, wenn es einmütig und energisch abgelehnt
Jahre 1866. Alles schreit nach dem „Leben": lehrung, daß das Wesen des Lebens m
worden wäre. Man findet in dem Stücke fast nichts
Marie, die von einem Unmenschen von Vater, einem bloßer Sinnesgenuß, entläßt uns der D
von alledem, was man sonst an Schnitzler so hoch
früheren Rittmeister, wie eine Gefangene gehalten
Die Darstellung tat nichts, das Br
zu schätzen sich gewöhnt hat. Wie fein versteht es wird; ihre Cousine Katharina, die unrettbar der
Rohe zu mindern, über das Unnatürliche
Schnitzler sonst, zu plaudern über das Leben, die Schwindsucht verfallen ist; die Frau des Obersten
hinwegzuhelfen. Langsam, fast quälent
Fiebe, die Ehe. In seinem neuen Schauspiel aber der blauen Kürassiere, die es mit den Offizieren sich der Dialog dahin. Darum dauerte
19. Der Ruf des Lebens
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sind die Menschen brutal in ihren Reden und in des Regiments ihres Mannes hält; un
ihren Handlungen, roh in ihren Charakteren, in ziere und Soldaten dieses in den Krieg
ihrem Seelenleben.
Regiments, die, um eine angebliche alte
Man kann kaum annehmen, daß ein so fein= selben zu fühnen, sich geschworen haben
sinniger Kopf, ein so scharfsinniger Geist wie letzten Mann den Opfertod in der Schle
Schnitzler sich nicht klar gewesen sein sollte über ben — „morituri te salutant“, die
seine Absichten und seine Ziele. Wollte er vielleicht Todes schreien nach dem Leben. Marie
zeigen, daß er nicht bloß geistreiche Konversations¬
zu zähe am Leben hängenden alten
stücke, sondern auch ein kräftiges Drama voll l.bens= Trunk, der ihn in den ewigen Schlaf ve
voller Handlung schreiben kaune? Dann hat er sein über die Leiche ihres Vaters stürmt sie
Nichtkönnen bewiesen. Delin es ist unmöglich, die hinaus in die Wohnung des dem Tode
Menschen seines neuen Schauspiels in ihrem Leutnants Max, der Gegenstand ihrer
Empfinden und Handeln ernst zu nehmen. Oder gewesen, seit sie einmal in seinen Armer
hatte er andere Absichten? Niemand wird ver= lichten Ballsaal geflogen ist. Hier wil
kennen, daß in unserer Literatur die Erotik einen borgen hinter einem Vorhang. Zeugin
Raum einnimmt, der in keinem Verhältnis steht zu Oberst seine bei dem Leutnant ertax
ihrem Einfluß und ihrer Bedeutung im wirklichen niederschießt. Und über die zweite Lei
Leben. Wollte Schnitzler die Nichts=als=Erotiker, eilt sie mit dem Geliebten zur Glücksn
die Sexualhelden und ihre einseitige Lebensauf= bald folgt die Ernüchterung: der Leu
fassung ad absurdum führen? Wollte er dartun, schmäht es, mit ihr zu sterben, er erschieß
daß das Wesen, den Inhalt des Lebens nicht allein der Leiche der Frau des Obersten. In ein
das sexuelle Leben ausmacht? Soll „Der Ruf des österreichischen Dorfe finden wir Marie
Lebens“ eine große ernste Satire sein? Unter diesem wieder, gebrochen, unglücklich, doch ohn
Gesichtswinkel kann man den neuen Schnitzler noch
Hause ihrer Tante, der Mutter der oben
„Der Ruf des Lebens=1.
am ersten verstehen; Geschmack abgewinnen auch Katharina, die ausgerückt ist von zu Hau
Drama von Artur Schufler#n
freilich so nicht, man muß sich vielmehr auch bei
„Glück“ gesucht hat in einem Dirnenleb
t. Rürnberg, 17. Dez. I Stdfkheäker ist am
einer solchen Voraussetzung darüber wundern, daß
bend kehrt sie zurück ins Mutterhaus.
Samstag abend Artur Schnitzlers neues dreiaktiges
den Dichter bei der Lösung dieser Auf= Forstadjunkt, der Marie trotz allem e
Schauspiel „Der Ruf des Lebens“ mit freundlichem
gabe Geist, Witz und Takt gänzlich im Stiche ge= worben hat, nimmt von dieser Abschied.
und ungeteiltem Beifall vom Publikum aufgenom¬
lassen zu haben scheinen.
Hoffnung, daß es doch noch ein Wieder
men worden. Es wäre aber keine Ungerechtigkeit
Die Handlung des Stückes spielt in Wien im wird zwischen diesen beiden Menschen, unn
gewesen, wenn es einmütig und energisch abgelehnt
Jahre 1866. Alles schreit nach dem „Leben": lehrung, daß das Wesen des Lebens m
worden wäre. Man findet in dem Stücke fast nichts
Marie, die von einem Unmenschen von Vater, einem bloßer Sinnesgenuß, entläßt uns der D
von alledem, was man sonst an Schnitzler so hoch
früheren Rittmeister, wie eine Gefangene gehalten
Die Darstellung tat nichts, das Br
zu schätzen sich gewöhnt hat. Wie fein versteht es wird; ihre Cousine Katharina, die unrettbar der
Rohe zu mindern, über das Unnatürliche
Schnitzler sonst, zu plaudern über das Leben, die Schwindsucht verfallen ist; die Frau des Obersten
hinwegzuhelfen. Langsam, fast quälent
Fiebe, die Ehe. In seinem neuen Schauspiel aber der blauen Kürassiere, die es mit den Offizieren sich der Dialog dahin. Darum dauerte