II, Theaterstücke 19, Der Ruf des Lebens. Schauspiel in drei Akten (Vatermörderin), Seite 415

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19. Der auf des Lebens

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die Menschen brutal in ihren Reden und in des Regiments ihres Mannes hält; und die Offi= stellung auch dreiviertel Stunden länger als auf
n Handlungen, roh in ihren Charakteren, in ziere und Soldaten dieses in den Krieg ziehenden dem Theaterzettel angegeben war. Menschlich
Regiments, die, um eine angebliche alte Schuld des näher kamen einem allein Frln. Quadri mit der
m Seelenleben.
Man kann kaum annehmen, daß ein so fein= selben zu fühnen, sich geschworen haben, bis zum Frau des Obersten und Frl. Normann mit Katha¬
higer Kopf, ein so scharfsinniger Geist wie letzten Mann den Opfertod in der Schlacht zu ster¬ rinas Mutter.
nitzler sich nicht klar gewesen sein sollte über ben — „morituri te salutant“, die Opfer des
eAbsichten und seine Ziele. Wollte er vielleicht Todes schreien nach dem Leben. Marie gibt ihrem
zu zähe am Leben hängenden alten Vater einen
en, daß er nicht bloß geistreiche Konversations¬
Trunk, der ihn in den ewigen Schlaf versenkt, und
ke, sondern auch ein krättiges Drama voll l.bens¬
er Handlung schreiben konne? Dann hat er sein über die Leiche ihres Vaters stürmt sie zur Tür
tkönnen bewiesen. Deli es ist unmöglich, die hinaus in die Wohnung des dem Tode geweihten
nschen seines neuen Schauspiels in ihrem Leutnants Max, der Gegenstand ihrer Sehnsucht
pfinden und Handeln ernst zu nehmen. Oder gewesen, seit sie einmal in seinen Armen durch den
##te er andere Absichten? Niemand wird ver= lichten Ballsaal geflogen ist. Hier wird sie, ver¬
nen, daß in unserer Literatur die Erotik einen borgen hinter einem Vorhang. Zeugin, wie der
um einnimmt, der in keinem Verhältnis steht zu Oberst seine bei dem Leutnant ertappte Frau
m Einfluß und ihrer Bedeutung im wirklichen niederschießt. Und über die zweite Leiche hinweg
en. Wollte Schnitzler die Nichts=als=Erotiker, eilt sie mit dem Geliebten zur Glücksnacht. Doch
Sexualhelden und ihre einseitige Lebensauf= bald folgt die Ernüchterung: der Leutnant ver¬
schmäht es, mit ihr zu sterben, er erschießt sich neben
ung ad absurdum führen? Wollte er dartun,
der Leiche der Frau des Obersten. In einem nieder¬
das Wesen, den Inhalt des Lebens nicht allein
sexuelle Leben ausmacht? Soll „Der Ruf des österreichischen Dorfe finden wir Marie im 3. Akt
ens“ eine große ernste Satire sein? Unter diesem wieder, gebrochen, unglücklich, doch ohne Reue, im
ichtswinkel kann man den neuen Schnitzler noch Hause ihrer Tante, der Mutter der oben erwähnten
ersten verstehen; Geschmack abgewinnen auch Katharina, die ausgerückt ist von zu Hause und das
„Glück“ gesucht hat in einem Dirnenleben. Ster¬
lich so nicht, man muß sich vielmehr auch bei
bend kehrt sie zurück ins Mutterhaus. Auch ein
er solchen Voraussetzung darüber wundern, daß
Forstadjunkt, der Marie trotz allem ehrlich um¬
Dichter bei der Lösung dieser Auf¬
worben hat, ninimt von dieser Abschied. Mit der
eGeist, Witz und Takt gänzlich im Stiche ge¬
Hoffnung, daß es doch noch ein Wiedersehen geben
en zu haben scheinen.
wird zwischen diesen beiden Menschen, und der Be¬ 1
Die Handlung des Stückes spielt in Wien im
lehrung, daß das Wesen des Lebens mehr ist als 1
re 1866. Alles schreit nach dem „Leben“:
bloßer Sinnesgenuß, entläßt uns der Dichter.
rie, die von einem Unmenschen von Vater, einem
Die Darstellung tat nichts, das Brutale und r
heren Rittmeister, wie eine Gefangene gehalten
Rohe zu mindern, über das Unnatürliche, Unwahre 2
d; ihre Cousine Katharina, die unrettbar der
hinwegzuhelfen. Langsam, fast quälend schleppte si
hwindsucht verfallen ist; die Frau des Obersten
blauen Kürassiere, die es mit den Offizieren sich der Dialog dahin. Darum dauerte die Vor= b