19. Der Ruf des Lebens
Gem, Repennagelt, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Gluellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aufs Schlesische Presse, Trope
71. 9. 1077
vom:
Theater unc Kunst.
Stadttheater in Mähr.=Ostrau.
„Der Ruf des Lebens“, Drama in 3 Ak¬
ten von Arthur Schnitzler.
Mit diesem interessanten, spannenden Drama
führte sich Mittwoch, den 18. ds., das neue Schau¬
spiel=Ensemble im großen und ganzen vorteilhaft ein,
obgleich man einzelnen Darstellern einen gewissen
Grad von Ermüdung ansah. Solche schwere Stim¬
mungskomödien erfordern volles Studium und einen
innigen Kontakt zwischen Schauspieler und Publi¬
kum, der bei ersten Vorstellungen immer fehlt. Die
Wiedergabe Schnitzler'scher Sachen stellt an die Mit¬
wirkenden stets große Anforderungen und wurden
diese dank der bekannten, vortrefflichen Regieführung
Direktor Popps gut bewältigt.
Als liebe Bekannte begrüßten wir Frl. Ida Si¬
nek, welche mit ihrer Marie eine gefühlvolle, präch¬
tige Leistung schuf. Herr Karl Wald als Dr. Schind¬
ler gefiel ganz besonders durch sein warmes, sympa¬
thisches Organ und ruhiges Spiel. Ausgezeichnet wie
immer war Herr Direktor Popp als Oberst. Die
zwei jungen Offiziere wurdeh von den Herren Mahr
und Froon einwandfrei gegeben. Hübsch in der
Erscheinung und mit vielem Verständnis entledigte
sich Frl. Margit Funtan ihrer schwierigen Rolle
als Katharina. Viel zu theatralisch wirkte Frl. Ol¬
den. Herr Schneider brachte sich durch seine ab¬
gerissene, monotone Sprechweise um den ganzen Ef¬
fekt seiner Partie. Die kleineren Episoden waren bei
Frl. Frolda und den Herren Dunay und Back
in den besten Händen.
box 24/4
butg, Toronio.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: Stesla,
Teschen
22 9
vom:
—0
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Mähr.=Ostrau. (Stadttheater.) „Der Ruf des
Lebens“ von Artur Schnitzler. In dieser eigenartigen,
bielbestrittenen und dochs##wirksamen Dichtung unseres gro¬
ßen österreichischen Dramatikers hat sich unser Schauspiel¬
ensemble gestern abends vorgestellt, und zwar, gleich voraus¬
geschickt, mit einem glänzenden, aufrichtigen, wohlverdienten
Erfolge. Es war von der Führung des genialen Regisseurs
und Dramaturgen, als welchen sich Direktor Popp seit jeher
als Meister gezeigt, wohl nicht anders zu erwarten, und wir
wollen nur hoffen, daß diese erfahrene Meisterhand auch
während der ganzen Saison die Führung des Dramas nich
lassen wird. Wohl benötigt der Zuhörer für dieses grausig
Stück, das trotz seines Titels eigentlich ein Drama des Tode¬
iste starke Nerven, in jedem Akt eine Leiche auf der Szen
und noch zahlreiche andere hinter der Szene, muten den
Zuseher mehr zu, als er vertragen kann. Allein die scharf
Psychologie dieses Stückes und die unbarmherzige Logik recht
fertigen diese schauerlichen Vorgänge hinreichend und erhalte
die Spannung bis zum letzten Augenblick. Der Erfolg diese
Vorstellung ist wohl vorwiegend dem verständnisvollen Er
fassen der Hauptrollen und der fleißigen und gründliche
Ausarbeitung derselben zu danken. Im ganzen Personen
verzeichnis fanden wir nur einen bekannten Namen, aller
dings einen sehr lieben und anerkannten, Fräulein Sine
welche in der Rolle der „Marie“ ihre alte Meisterschaft i
der Zeichnung solcher Charaktere bewährte. Wie dieses vo
eigensinnigen kranken Vater gequälte und gepeinigte Geschöp
jeder Lebenslust und Lebensfreude beraubt, verbittert un
sich endlich aufrafft, um dem Rufe des Lebens zu folgen, u
dem Geliebten die letzte Nacht zu opfern, wie sie dann en
täuscht und reuig ihr Leben als Krankenschwester zu opfer
sich entschließt, diese Wandlung der Stimmung, wie wir
ähnlich schon in ihrer „Monika Hardt“ im vorigen Jah
bewundert, wußte sie mit Kraft und Leidenschaft zu zeichn
und zu schildern. Nur eine solche Darstellung yermagi
an und für sich wenig sympathische Rolle annehmhar
machen. Daß Dikektor Popp die Rolle des Obersten n
nnrere
—
gewohnter schauspielerischer Meisterschaft in allen ihren feiner
Nuancen von Heroismus, Güte und Zorn aufs feinste aus
führte, brauchen wir wohl nicht erst zu erwähnen. Von der
neuen Kräften fiel in erster Linie der Charakterdarstelle
Herr Schneider angenehm auf, welcher den alten Offizie
Moser mit allen Härten des tückischen, boshaften und ver
grämten Kranken ohne Übertreibung in wirksamer Weise dar
stellte. Ebenso vollendet führte Fräulein Frolda die Roll
der Frau Richter aus, überraschte aufs angenehmste durch
ihre elegante Bühnenerscheinung, ihr angenehmes Organ un
die schöne Sprechweise. Die Naive, Fräulein Funtan hatt
die ungemein schwierige Rolle der Katharina, mit ihren
zerfahrenen, dämonischen Wesen, anfänglich etwas unsiche
aufgefaßt. Ihre Kranken= und Sterbeszene im dritten Ak
gelang mit grandioser Meisterschaft und zeigte sie als talent
volle, erprobte junge Schauspielerin. Einen vortrefflichen
jugendlichen Liebhaber haben wir in Herrn Mahr gewonnen
der den jungen Offizier Max mit Eleganz und innigen
herzlichen Tone ausführte und an dem Erfolg des Abend
einen guten Anteil hat. Ebenso gut verwendbar zeigte sich
Herr Wald in der Rolle des Dr. Schindler. Wenig sym
pathisch war der Forstadjunkt durch Herrn Dunay dargestellt
dessen Organ, wohl noch von der Reise ermüdet, ibenig an
sprach. Wir hoffen, ihn in einer seiner größeren Rollen au
einem besseren Platz zu sehen. Frl. Olden, die wegen eines
Unfalls auf der Probe um Nachsicht bitten ließ, zeigte in
der Oberstensgattin eine schöne Bühnenerscheinung, groß
Routine und Sprechgewandtheit, wenn auch der kurländisch
Dialekt manchmal merklich war. Sehr wenig ansprechen
war Herr Froon als zweiter Offizier. Dieser Schauspiele
scheint bisher noch überhaupt keine zusagende Verwendung
gefunden zu haben. In der kleinen Rolle des Unteroffizier¬
lernten wir in Herrn Back einen guten Sprecher kennen
Der wiederholte stürmische Beifall, der jedem Aktschluß folgte
zeigte von der vollständigen Befriedigung des Publjkums, und
kann das Schauspielensemble auf den Erfolg seiner ersten Lei¬
stung mit Befriedigung zurückblicken.
Gem, Repennagelt, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Gluellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aufs Schlesische Presse, Trope
71. 9. 1077
vom:
Theater unc Kunst.
Stadttheater in Mähr.=Ostrau.
„Der Ruf des Lebens“, Drama in 3 Ak¬
ten von Arthur Schnitzler.
Mit diesem interessanten, spannenden Drama
führte sich Mittwoch, den 18. ds., das neue Schau¬
spiel=Ensemble im großen und ganzen vorteilhaft ein,
obgleich man einzelnen Darstellern einen gewissen
Grad von Ermüdung ansah. Solche schwere Stim¬
mungskomödien erfordern volles Studium und einen
innigen Kontakt zwischen Schauspieler und Publi¬
kum, der bei ersten Vorstellungen immer fehlt. Die
Wiedergabe Schnitzler'scher Sachen stellt an die Mit¬
wirkenden stets große Anforderungen und wurden
diese dank der bekannten, vortrefflichen Regieführung
Direktor Popps gut bewältigt.
Als liebe Bekannte begrüßten wir Frl. Ida Si¬
nek, welche mit ihrer Marie eine gefühlvolle, präch¬
tige Leistung schuf. Herr Karl Wald als Dr. Schind¬
ler gefiel ganz besonders durch sein warmes, sympa¬
thisches Organ und ruhiges Spiel. Ausgezeichnet wie
immer war Herr Direktor Popp als Oberst. Die
zwei jungen Offiziere wurdeh von den Herren Mahr
und Froon einwandfrei gegeben. Hübsch in der
Erscheinung und mit vielem Verständnis entledigte
sich Frl. Margit Funtan ihrer schwierigen Rolle
als Katharina. Viel zu theatralisch wirkte Frl. Ol¬
den. Herr Schneider brachte sich durch seine ab¬
gerissene, monotone Sprechweise um den ganzen Ef¬
fekt seiner Partie. Die kleineren Episoden waren bei
Frl. Frolda und den Herren Dunay und Back
in den besten Händen.
box 24/4
butg, Toronio.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus: Stesla,
Teschen
22 9
vom:
—0
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Mähr.=Ostrau. (Stadttheater.) „Der Ruf des
Lebens“ von Artur Schnitzler. In dieser eigenartigen,
bielbestrittenen und dochs##wirksamen Dichtung unseres gro¬
ßen österreichischen Dramatikers hat sich unser Schauspiel¬
ensemble gestern abends vorgestellt, und zwar, gleich voraus¬
geschickt, mit einem glänzenden, aufrichtigen, wohlverdienten
Erfolge. Es war von der Führung des genialen Regisseurs
und Dramaturgen, als welchen sich Direktor Popp seit jeher
als Meister gezeigt, wohl nicht anders zu erwarten, und wir
wollen nur hoffen, daß diese erfahrene Meisterhand auch
während der ganzen Saison die Führung des Dramas nich
lassen wird. Wohl benötigt der Zuhörer für dieses grausig
Stück, das trotz seines Titels eigentlich ein Drama des Tode¬
iste starke Nerven, in jedem Akt eine Leiche auf der Szen
und noch zahlreiche andere hinter der Szene, muten den
Zuseher mehr zu, als er vertragen kann. Allein die scharf
Psychologie dieses Stückes und die unbarmherzige Logik recht
fertigen diese schauerlichen Vorgänge hinreichend und erhalte
die Spannung bis zum letzten Augenblick. Der Erfolg diese
Vorstellung ist wohl vorwiegend dem verständnisvollen Er
fassen der Hauptrollen und der fleißigen und gründliche
Ausarbeitung derselben zu danken. Im ganzen Personen
verzeichnis fanden wir nur einen bekannten Namen, aller
dings einen sehr lieben und anerkannten, Fräulein Sine
welche in der Rolle der „Marie“ ihre alte Meisterschaft i
der Zeichnung solcher Charaktere bewährte. Wie dieses vo
eigensinnigen kranken Vater gequälte und gepeinigte Geschöp
jeder Lebenslust und Lebensfreude beraubt, verbittert un
sich endlich aufrafft, um dem Rufe des Lebens zu folgen, u
dem Geliebten die letzte Nacht zu opfern, wie sie dann en
täuscht und reuig ihr Leben als Krankenschwester zu opfer
sich entschließt, diese Wandlung der Stimmung, wie wir
ähnlich schon in ihrer „Monika Hardt“ im vorigen Jah
bewundert, wußte sie mit Kraft und Leidenschaft zu zeichn
und zu schildern. Nur eine solche Darstellung yermagi
an und für sich wenig sympathische Rolle annehmhar
machen. Daß Dikektor Popp die Rolle des Obersten n
nnrere
—
gewohnter schauspielerischer Meisterschaft in allen ihren feiner
Nuancen von Heroismus, Güte und Zorn aufs feinste aus
führte, brauchen wir wohl nicht erst zu erwähnen. Von der
neuen Kräften fiel in erster Linie der Charakterdarstelle
Herr Schneider angenehm auf, welcher den alten Offizie
Moser mit allen Härten des tückischen, boshaften und ver
grämten Kranken ohne Übertreibung in wirksamer Weise dar
stellte. Ebenso vollendet führte Fräulein Frolda die Roll
der Frau Richter aus, überraschte aufs angenehmste durch
ihre elegante Bühnenerscheinung, ihr angenehmes Organ un
die schöne Sprechweise. Die Naive, Fräulein Funtan hatt
die ungemein schwierige Rolle der Katharina, mit ihren
zerfahrenen, dämonischen Wesen, anfänglich etwas unsiche
aufgefaßt. Ihre Kranken= und Sterbeszene im dritten Ak
gelang mit grandioser Meisterschaft und zeigte sie als talent
volle, erprobte junge Schauspielerin. Einen vortrefflichen
jugendlichen Liebhaber haben wir in Herrn Mahr gewonnen
der den jungen Offizier Max mit Eleganz und innigen
herzlichen Tone ausführte und an dem Erfolg des Abend
einen guten Anteil hat. Ebenso gut verwendbar zeigte sich
Herr Wald in der Rolle des Dr. Schindler. Wenig sym
pathisch war der Forstadjunkt durch Herrn Dunay dargestellt
dessen Organ, wohl noch von der Reise ermüdet, ibenig an
sprach. Wir hoffen, ihn in einer seiner größeren Rollen au
einem besseren Platz zu sehen. Frl. Olden, die wegen eines
Unfalls auf der Probe um Nachsicht bitten ließ, zeigte in
der Oberstensgattin eine schöne Bühnenerscheinung, groß
Routine und Sprechgewandtheit, wenn auch der kurländisch
Dialekt manchmal merklich war. Sehr wenig ansprechen
war Herr Froon als zweiter Offizier. Dieser Schauspiele
scheint bisher noch überhaupt keine zusagende Verwendung
gefunden zu haben. In der kleinen Rolle des Unteroffizier¬
lernten wir in Herrn Back einen guten Sprecher kennen
Der wiederholte stürmische Beifall, der jedem Aktschluß folgte
zeigte von der vollständigen Befriedigung des Publjkums, und
kann das Schauspielensemble auf den Erfolg seiner ersten Lei¬
stung mit Befriedigung zurückblicken.