II, Theaterstücke 19, Der Ruf des Lebens. Schauspiel in drei Akten (Vatermörderin), Seite 490

Lebens
d
19. Der Ruf. K . S
Seite 8
Samstag
Probleme die Logik vermissen, aber schließlich beis Z
Werken krasser theatralischer Gegensätze, wie Schnitz ig
lers vorliegendem Stück den Maßstab Logik auch
nicht allein anwenden dürfen.
Die hiesige Erstaufführung hatte wieder zahl¬
reiche Interessenten ins Theater gelockt, die sich
Stück und Darstellung gegenüber sehr anerkennend
erwiesen.
Fräulein Sorel gab das von einem selbst¬
süchtigen bösartigen Kranken förmlich gefangen ge¬
haltene junge Mädchen, das endlich zur Mörderin
wird, um in wenigen Stunden ein ganzes Leben
durchzukosten. Ihre Leistung darf jedenfalls als die
gelungenste, die vollkommen einwandfreieste des Abends
bezeichnet werden.
Fräulein Fasser, die Sentimentale, war das
lebenshungrige brustkranke Mädel und F äulein
Hartenau, eine neue Kraft, die ehebrecherische
Offiziersfrau.
Schlicht, einfach und natürlich spielte Frau!
Maugsch die unglückliche Mutter der Schwind¬
süchtigen.
Einen sehr wenig gefestigten Eindruck vermochte:
diesmal Herr Heim (Forstadjunkt Rainer) zu hinter=
lassen. Anscheinend fühlte er sich in der Rolle etwatz)“
unbehaglich. Angenehm fiel durch seine Nuürlichkeit
ein zum erstenmale auftretendes neues Mitglied un¬
seres Schauspielverbandes, Herr Hermann Czell!
(Dr. Schindler) auf. Er sprach vielleicht etwas zu
sehr im Predigerton, vielleicht liegt dies aber auch in
der ganzen Anlage der Rolle begründet.
Die übrigen Gestalten des Schauspieles er¬
hielten durch die Herren Zaglauer, der den bös¬
willig=engherzigen tyrannischen Vater glaubhaft ver¬
körperte, Sußmann (Oberst), sowie Ferstl und
Märton, die beiden Leutnants, entsprechende Ver¬
treter.
Dienstag den 24. d. M. fand eine Aufführung
des bereits im sommerlichen Spielplan erschienenen
Operettenzyklus „Das dumme Herz“ (Musik von
C. M. Ztehrer) statt. Nichdem das Werk bei un¬
serem dankbaren Sommerpublikum in keiner Hinsicht
durchzudringen vermochte, hätte man eigentlich nicht
geglaubt, ihm noch einmal auf der Winterbühne be¬
gegnen zu müss n. Es ist doch wahrlich schade um
die Arbeit, welche die wenn auch nur teilweise Neu¬
studierung dieses textlich ebenso seicht als schwächlich
geratenen musikalischen Einaktertrios verlangt.
Donnerstag den 26. d. M. gastierte die Hof¬
burgschauspielerin Fräulein Blanka Glossy
Anzengrubers „G’wissenswurm“ als Horlacherlies.
Es war vor zwel Jahren, als Fräulein Glossy
zum erstenmal die Badener Bühne betreten. Damals
noch vollkommen Neuling auf den Brettern, aber so
talentiert, daß man angesichts ihrer Edrita und Rahel
ihrer vollen künstlerischen Weiterentwclung die
günstigsten Pognosen stellen durfte. Seit jener Zeit
hat wohl das Interesse der Badener für die junge
strebsame Kraft eingesetzt, es hat ihr Fortschreiten
auf den damals betretenen Pfaden begleitet und ist
nun erfreulich zum Ausbruche gelangt, als es galt,
die junge Dame an der Stätte ihrer ersten Erfolge
nun zu begrüßen. Daß Fräulein Glossy die
Horlacheilies spielte, also durch einen Abstecher in
das Volkslümliche gleichsam eine neuerliche Probe
ihres Talentes ablegte, mag wohl ein Relz mhri
gewesen sein. Jedenfalls kamen die Besucher auf
ihre Rechnung und die labfrische Horlacherlies mit
ihren lachenden Angen und ihrer koboldartigen Lustig¬
keit, so recht das Dirndl „dem Teufel aus der
Butt'n g'sprungen“, verstand es auch, sich ihrer Zu¬
stimmung auf das nachd ücklichste zu versichern. Un¬
gleich wertvoller darf die Leistung der aes
box 24/5
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1-062.1910
vom:
BOHIEMIA, PFOA
Nachdruck verdoten.
einen strafenden Tod vielleich
Chrtutern
er es doch gewesen, der in se
Liebe zum Leben ein Regin
Allerlei Operetten.
mitgerissen hatte, als Greis
Wiener Theaterbrief.
unbarmherziger Lebensgier
Ich meine damit nicht etwa „Gold gab ich für sich lassen wollte: zum L#denz
so gern — Auswahl des Ta
Eisen“ oder die neue Eyslersche Operette „Frühling
zieren verkörpert. Sinniger
am Rhein“, durch die Treumann das Wiener
Kürassier, dem Marie Mol
Bürgertheater bevölkert, die durch ihr wirbelndes
Tempo, die Marionettenhaftigkeit ihrer Kunstfigu= demselben Regiment an, das
ren sich den leichtbeschwingteren Regionen nähern. in den Ruf der Feigheit
#heispielsweise erweist sich bricht aus, und der Oberst
Arthur Sch
in seinem „muf des Lebens“ als Meister der will diese „Schmach“ durch
dämonischen Operette. Mögen andere Autoren nun, Soldaten sühnen. (Vielleicht
da der Krieg auch das Geld der Bürger antastet, bens Unzufriedenheiten, die
die Verlobungen ihrer Schlußakte zu ermäßigten in Blut ersticken.) Eine Nacht
und den Qualitäten ihrer Geduldspiele entsprechend Kürassiere in der Stadt weil
herabgesetzten Preisen stattfinden lassen, sein Werk, falso noch schnell für ihren Te
sein nachdenklicher Schauerschwank wahrt in schwerer Vaters abreagieren und in
Zeit noch einigermaßen des Dekorum eines gern ktodgeweihten Osfiziere eilen,
die alte Garde stirbt nich
in unliterarische Verwahrlosung verhallenden Ge¬
uns — versperrt die Tür
schäftstheaters. Man bereitete dem „Ruf des Le¬
ziftet ihn, um diese eine Na¬
bens“ im „Deutschen Volkstheater“ eine wahre Mu¬
Aber jede Schuld räckt sich
steraufführung, trotzdem man dies Drama ursprüng¬
lich wohl nur einigen zeitgemäßen Säbelklirrens Erde. Als Marie Moser in
und Revolvergeknalls wegen aus der Versenkung jihr geliebten Leutnants trit
hervorgeholt haben dürfte. Der erste Akt brachte, muß sich hinter einem Vrha
wie's vom effeminierten Zeitalter, von der Aera klauscht ein Gespräch, das ihr
der Suffragetten nicht anders zu erwarten war, lseiner Geliebten, der Gautin
Im Interesse einer theatrali
die seministische Umstülpung eines alten Problems
Früher befreite der Held die Jungfrau vom drachen= (sogar dieser und knallt sein!
gleich sie behütenden Vater, im Schnitzlerstück ver= nieder. (Bei Sudermann wi
gistet die aber schon sehr aktive Jungfrau den Ruf „Ha!“ ausstoßen, aber
Vater=Drachen und eilt zu dessen sich keineswegs Der schuldbewußte Leutnant
versehendem Helden. (Vergistungen sind sehr gute Schicksal der Oberstensgattin
Aktschlüsse!) Im Speziallfall mochte der alte Moser vom Regimentschef zum Se##