Leb
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19. Der Ruf
„r.=Reustädter Zeitung.
—
der Autor sich selbst auf die Bühne gestellt.
(Dr. Schindler) und dem dankbaren, sittlich un¬
mündigen Volke erklärt: „Alles ist gut, wozu das
Leben uns ruft; denn daß wir leben, ist gewiß.
Ich weiß nichts anderes auf Erden, das gewiß
wäre!“
Damit ist die künstlerische und sittliche Be¬
2..—
deutung dieses Werkes des berühmten Wiener
Dichters gekennzeichnet. Daß bei dem unmöglichen
tt aus: Wr. Neustädter Zeitung
Inhalt auch die Rollen nicht lebensfähig sind,
kann nicht überraschen. Ihre Darstellung ist sehr
K
undankbar, schwierig, oft unmöglich. Selbst das
Reden ist in diesem Buche Schnitzlers hohles
Pathos, nicht Gespräch. Unsere Schauspieler
Theater.
haben sich zum großen Teile ehrlich bemüht,
„Der Ruf des Lebens“. Mittwoch den
(Fräulein Maugsch als die trauernde Frau
25. November 1914, zum erstenmale: „Der
Richter), zum anderen Teile aber haben auch sie
Ruf des Lebens“ Schauspiel in drei Akten von
das Aussichtslose erkannt und die Rolle einfach
Arthur Sch
Geschichte soll um
über sich ergehen lassen.
Dr. C. J.
1850 in Wien spielen. Marie war jetzt 26 Jahre
„Der müde Theodor.“ Posse in drei
akt. Sie war ein liebenswürdiges Mädchen, eine
Akten. Sonntag, 29 November 1914. — Inso¬
edle Seele, eine treue Braut — gewesen. Aber
weit es Zweck des Theaters ist, die Zuschauer um
sie mußte den ganzen Winter den kranken Vater
jeden Preis zum Lachen und freudigen Brüllen
pflegen, der so eigenfinnig und eifersüchtig war;
zu bringen, erfüllt dieses Stück seine Aufgabe
einmal hat sie eine ganze Nacht mit einem
durchaus. Es gibt selbst neben den wenigen delikaten
Leutnant getanzt. Jetzt freilich war es aus mit
Anspielungen noch lustige Situationen und Gesten.
Liebenswürdigkeit und Treue. Den gutmütigen
Größerer Wert kommt dem Werke natürlich nicht
Forstadjunkten schickt sie weg, den Vater bringt
zu. Die Hereinziehung von Bibel und G bet ist
sie um — nur um diese eine Nacht noch bei
witzlos. — Gespielt wurde zwerchfellerschütternd,
ihrem Leutnant zu sein: Das ist der Ruf des
schauspielerische Aufgaben waren nicht zu lösen.
Lebens — sonst ist es zu spät, denn morgen um
Dr. G. J.
4 Uhr reitet er in den Tod. Wie sich nach¬
träglich herausstellt, hat eben dieser hochherzige
Aus der Theaterkanzlei. Morgen
Leutnant auch seinem Regimentsinhaber die Frau
Mittwoch den 1. Dezember (Abonnement
abspenstig gemacht und ihn betrogen und deshalb
Nr. 12, gerader Tag) gelangt als Festvorstellung
hat sich das ganze Regiment vom Oberst bis
anläßlich des 66. Jahrestages des Regierungs¬
herunter zum letzten Pseifendeckel geschworen, daß
antrittes Sr. Majestät Kaiser Franz
sie in die Schlacht reiten — es ist gerade Krieg
Josef I. die aktuelle Operettenneuheit „Gold
und daß keiner mehr zurückkommt. Offiziell
gab ich für Eisen“ von Viklor Leon,
wird angegeben, das Regiment habe sich dem
Musik von Emmerich Kalman zur ersten Auf¬
Tode geweiht, weil es vor dreißig Jahren durch
führung. Dieses prächtige gemüts= und humor¬
eine voreilige Flucht die Niederlage der Oester¬
volle Werk beherrscht bekanntlich gegenwärtig den
reicher bei Lindach verschuldet habe: aber etwas
Spielplan ds Theaters an der Wien.
Gewisses weiß man darüber nicht, aber das
Samstag den 5. Dezember (Abonnement
macht nichts. Die liebe Marie kommt gerade
Nr. 13, ungerader Tag) findet über vielseitigen
noch zurecht, um hinter dem Vorhang beobachten
Wunsch eine nochmalige Aufführung der mit
zu können, wie die Frau Oberst den jungen
durchschlagendem Heiterkeitserfolge auch hier
Leutnant zum Durchbrennen überreden will und
aufgenommenen Posse „Der müde Theodor“
dafür vom Herrn Oberst erschossen wird und
statt. Eine weitere Wiederholung dieses Schlagers
dann zieht sie sich mit dem Herrn Leumant selig
ist mit Rücksicht auf den noch zu absolvi renden
zurück, weil das Leben ruft.
Die Nachricht,
Spielplan nicht in Aussicht genommen.
daß Maria ihren Leutnant noch einmal sehen
Für Sonntag den 6. Dezember, abends
kann, hat ihre Coufine Katharina überbracht, die
7 Uhr, (aufgehobenes Abonnement Nr. 7, un¬
eben von dem Ihrigen Abschiedsgenommen hatte.
gerader Tag), wird die weltberühmte Puccinische
Die arme Katharina! Ihre erste Liebe, der edle
Meisteroper „Die Bohême“ vorbereitet. In
Forstadjunkt, hatte sie sitzen lassen, worauf sie
den Hauptpartien sind dte Damen Erdmann
sich mit ihrem Leutnant tröstete, und weiterhin
und Veih mit den Herren Fischer,
beschioß, sich mit anderen zu trösten. Sie war
Füllenbaum, Germann, Hagen¬
nämlich ganz irrsinnig geworden und zudem, um
auer, Kursa und Swoboba beschäftigt.
die Geschichte tragisch zu machen, war sie tuber¬
kulos, erblich belastet. Sie lief also ihrer lieben
Mutter davon, um die kurze Zeit ihres Lebens
noch zu genießen und kam schließlich im weißen
Ballkleid heim in die Grunau, wo sie richtig alle
zufällig beisammen traf. Dann stard sie. Um sie
herum stand der Forstadjunkt, der reuig an seine
Brust klopfte; aber der Arzt, der auch seinerzeit
Marie geliebt hatte und ihr deshalb das Giftfläschchen
für den Vaier anvertraute, erklärte ihm, daß man
ja gar nicht verantwortlich sei für das, was man
dem Nächsten antue, man sei ja nur ein Werk¬
zeug in der Hand des Schicksals. Da in der
Grünau war auch Marie auf Sommerfrische,
die sich seit dem Tode ihres Vaters schwarz trua
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19. Der Ruf
„r.=Reustädter Zeitung.
—
der Autor sich selbst auf die Bühne gestellt.
(Dr. Schindler) und dem dankbaren, sittlich un¬
mündigen Volke erklärt: „Alles ist gut, wozu das
Leben uns ruft; denn daß wir leben, ist gewiß.
Ich weiß nichts anderes auf Erden, das gewiß
wäre!“
Damit ist die künstlerische und sittliche Be¬
2..—
deutung dieses Werkes des berühmten Wiener
Dichters gekennzeichnet. Daß bei dem unmöglichen
tt aus: Wr. Neustädter Zeitung
Inhalt auch die Rollen nicht lebensfähig sind,
kann nicht überraschen. Ihre Darstellung ist sehr
K
undankbar, schwierig, oft unmöglich. Selbst das
Reden ist in diesem Buche Schnitzlers hohles
Pathos, nicht Gespräch. Unsere Schauspieler
Theater.
haben sich zum großen Teile ehrlich bemüht,
„Der Ruf des Lebens“. Mittwoch den
(Fräulein Maugsch als die trauernde Frau
25. November 1914, zum erstenmale: „Der
Richter), zum anderen Teile aber haben auch sie
Ruf des Lebens“ Schauspiel in drei Akten von
das Aussichtslose erkannt und die Rolle einfach
Arthur Sch
Geschichte soll um
über sich ergehen lassen.
Dr. C. J.
1850 in Wien spielen. Marie war jetzt 26 Jahre
„Der müde Theodor.“ Posse in drei
akt. Sie war ein liebenswürdiges Mädchen, eine
Akten. Sonntag, 29 November 1914. — Inso¬
edle Seele, eine treue Braut — gewesen. Aber
weit es Zweck des Theaters ist, die Zuschauer um
sie mußte den ganzen Winter den kranken Vater
jeden Preis zum Lachen und freudigen Brüllen
pflegen, der so eigenfinnig und eifersüchtig war;
zu bringen, erfüllt dieses Stück seine Aufgabe
einmal hat sie eine ganze Nacht mit einem
durchaus. Es gibt selbst neben den wenigen delikaten
Leutnant getanzt. Jetzt freilich war es aus mit
Anspielungen noch lustige Situationen und Gesten.
Liebenswürdigkeit und Treue. Den gutmütigen
Größerer Wert kommt dem Werke natürlich nicht
Forstadjunkten schickt sie weg, den Vater bringt
zu. Die Hereinziehung von Bibel und G bet ist
sie um — nur um diese eine Nacht noch bei
witzlos. — Gespielt wurde zwerchfellerschütternd,
ihrem Leutnant zu sein: Das ist der Ruf des
schauspielerische Aufgaben waren nicht zu lösen.
Lebens — sonst ist es zu spät, denn morgen um
Dr. G. J.
4 Uhr reitet er in den Tod. Wie sich nach¬
träglich herausstellt, hat eben dieser hochherzige
Aus der Theaterkanzlei. Morgen
Leutnant auch seinem Regimentsinhaber die Frau
Mittwoch den 1. Dezember (Abonnement
abspenstig gemacht und ihn betrogen und deshalb
Nr. 12, gerader Tag) gelangt als Festvorstellung
hat sich das ganze Regiment vom Oberst bis
anläßlich des 66. Jahrestages des Regierungs¬
herunter zum letzten Pseifendeckel geschworen, daß
antrittes Sr. Majestät Kaiser Franz
sie in die Schlacht reiten — es ist gerade Krieg
Josef I. die aktuelle Operettenneuheit „Gold
und daß keiner mehr zurückkommt. Offiziell
gab ich für Eisen“ von Viklor Leon,
wird angegeben, das Regiment habe sich dem
Musik von Emmerich Kalman zur ersten Auf¬
Tode geweiht, weil es vor dreißig Jahren durch
führung. Dieses prächtige gemüts= und humor¬
eine voreilige Flucht die Niederlage der Oester¬
volle Werk beherrscht bekanntlich gegenwärtig den
reicher bei Lindach verschuldet habe: aber etwas
Spielplan ds Theaters an der Wien.
Gewisses weiß man darüber nicht, aber das
Samstag den 5. Dezember (Abonnement
macht nichts. Die liebe Marie kommt gerade
Nr. 13, ungerader Tag) findet über vielseitigen
noch zurecht, um hinter dem Vorhang beobachten
Wunsch eine nochmalige Aufführung der mit
zu können, wie die Frau Oberst den jungen
durchschlagendem Heiterkeitserfolge auch hier
Leutnant zum Durchbrennen überreden will und
aufgenommenen Posse „Der müde Theodor“
dafür vom Herrn Oberst erschossen wird und
statt. Eine weitere Wiederholung dieses Schlagers
dann zieht sie sich mit dem Herrn Leumant selig
ist mit Rücksicht auf den noch zu absolvi renden
zurück, weil das Leben ruft.
Die Nachricht,
Spielplan nicht in Aussicht genommen.
daß Maria ihren Leutnant noch einmal sehen
Für Sonntag den 6. Dezember, abends
kann, hat ihre Coufine Katharina überbracht, die
7 Uhr, (aufgehobenes Abonnement Nr. 7, un¬
eben von dem Ihrigen Abschiedsgenommen hatte.
gerader Tag), wird die weltberühmte Puccinische
Die arme Katharina! Ihre erste Liebe, der edle
Meisteroper „Die Bohême“ vorbereitet. In
Forstadjunkt, hatte sie sitzen lassen, worauf sie
den Hauptpartien sind dte Damen Erdmann
sich mit ihrem Leutnant tröstete, und weiterhin
und Veih mit den Herren Fischer,
beschioß, sich mit anderen zu trösten. Sie war
Füllenbaum, Germann, Hagen¬
nämlich ganz irrsinnig geworden und zudem, um
auer, Kursa und Swoboba beschäftigt.
die Geschichte tragisch zu machen, war sie tuber¬
kulos, erblich belastet. Sie lief also ihrer lieben
Mutter davon, um die kurze Zeit ihres Lebens
noch zu genießen und kam schließlich im weißen
Ballkleid heim in die Grunau, wo sie richtig alle
zufällig beisammen traf. Dann stard sie. Um sie
herum stand der Forstadjunkt, der reuig an seine
Brust klopfte; aber der Arzt, der auch seinerzeit
Marie geliebt hatte und ihr deshalb das Giftfläschchen
für den Vaier anvertraute, erklärte ihm, daß man
ja gar nicht verantwortlich sei für das, was man
dem Nächsten antue, man sei ja nur ein Werk¬
zeug in der Hand des Schicksals. Da in der
Grünau war auch Marie auf Sommerfrische,
die sich seit dem Tode ihres Vaters schwarz trua