Lebens
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19. Der Ruf
Nieuer=Oberverwalter kam er zuerst nach Salzburg, dann als
solcher nach Hallein, nachdem er hier schon früher als Verwal¬
C
ter dieses k. k. Steueramt geleitet hatte. Zwölf Jahre hindurch
entfaltete Eduard Rameis ein überaus ersprießliches Wirken als
Gemeindeausschuß der Stadt Hallein, darunter besonders als
Obmann der gemeinderätlichen Finanzsektion und als Armen¬
hausinspektor. Wegen seiner ämtlichen und außerämtlichen Ver¬
dienste wurde E. Rameis im Jahre 1909 durch das goldene Ver¬
dienstkreuz mit der Krone und im Jahre 1912 — nach seinem
Uebertritte in den dauernden Ruhestand — durch den Titel eines
kaiserlichen Rates ausgezeichnet.
Todesfälle. Gestern starb Frl. Franziska Reiter, Bedie¬
nerin, im Alter von 52 Jahren; Beerdigung Sonntag, 2¼ Uhr
nachm., am städi. Friedhof. — Ferner starb Frl. Juliana Strei¬
cher, Private, im 61. Lebensjahre. Beerdigung Sonntag, um
½3 Uhr nachm., am städt. Friedhof. — Heute ist in Itzling Herr
Albert Schweiger. Gasthofbesitzer zur Plainbrücke, im 48.
Lebensjahre verschieden. Beerdigung Montag, 3 Uhr nachm.,
vom Sterbehause aus auf dem Gnigler Friedhof. — Gestern
abends verschied im 72. Lebensjahre Herr Jakob Ziealen
lag aber keine Notwendigkeit vor, in Salzburg sklavisch nachz
ahmen, was zum „Seelenaufschwung“ der Wiener erfor derlich
sein mag. Im Grunde genommen ist der „Ruf des Lebens“ eine
Komödie leerer Worte. Daran ändert alle brutale Theaterei
nichts; nichts der Vatermord Mariens, nichts der Pistolenschuß,
mit dem der Oberst sein ungetreues Weib niederknallt, nichts die
staunenswerte erotische Kraft des Leutnants, der von der Leiche #
der Geliebten weg in die Arme jener irrsinnig Verlieb'en eilt, die
der Ruf des Lebens geheißen hat, dim zänkischen, unbarmher¬
zigen Vater den Gifttrunk zu bereiten. Das Schauspiel wirkt (bei
aller Hochachtung vor Schnitzler) mehr ärgerlich als tragisch und
zerflattert schließlich in alle Winde. Damit der Vorhang zum deit¬
ten Male nicht umsonst hochgezogen werde, wird noch ein junges
Mädchen, das träumerische Reden von sich gibt und zu Leutnan's
auf das Zimmer läuft, durch die Schwindsucht von seinem Dirnen¬
tum erlöst. Bühnenwerke, di so in den Grund hinein verfehlt
sind, wie „Der Ruf des Lebens“, können nur bei einer ausgezeich¬
neten Darstellung halbwegs über Wasser gehalten werden. Damit
ist das Urteil über den Abend gefällt. Voll entsprochen hat Mar¬
garethe von der Hardt. Die Künstlerin verfügt über reiche Aus¬
drucksmittel, die sie, bewußt oder unbewußt, sehr geschickt zu ver¬
wenden weiß, so daß von allen ihren schauspielerischen Leistungen
der sieghafte Zauber eines starken Erlebens ausgeht. Vorzüglich
bewährte sich Herr Czernitz, der den lebenshungrigen, sich und
die anderen quälenden Greis mit scharfer Charakteristik wieder¬
gab. Die Leistungen der übrigen Darsteller waren die blutleerer!
Marionetten. Die Zeit, in die Schnitzler die Geschehnisse verlegt,
hätten der Spielleitung neben anderen Dingen sagen müssen, daß
die Anbringung von Photographien und Ansichtskarten an den
Wänden des Offizierszimmers ein böser Anachronismus sei. G.
M. WM- —
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19. Der Ruf
Nieuer=Oberverwalter kam er zuerst nach Salzburg, dann als
solcher nach Hallein, nachdem er hier schon früher als Verwal¬
C
ter dieses k. k. Steueramt geleitet hatte. Zwölf Jahre hindurch
entfaltete Eduard Rameis ein überaus ersprießliches Wirken als
Gemeindeausschuß der Stadt Hallein, darunter besonders als
Obmann der gemeinderätlichen Finanzsektion und als Armen¬
hausinspektor. Wegen seiner ämtlichen und außerämtlichen Ver¬
dienste wurde E. Rameis im Jahre 1909 durch das goldene Ver¬
dienstkreuz mit der Krone und im Jahre 1912 — nach seinem
Uebertritte in den dauernden Ruhestand — durch den Titel eines
kaiserlichen Rates ausgezeichnet.
Todesfälle. Gestern starb Frl. Franziska Reiter, Bedie¬
nerin, im Alter von 52 Jahren; Beerdigung Sonntag, 2¼ Uhr
nachm., am städi. Friedhof. — Ferner starb Frl. Juliana Strei¬
cher, Private, im 61. Lebensjahre. Beerdigung Sonntag, um
½3 Uhr nachm., am städt. Friedhof. — Heute ist in Itzling Herr
Albert Schweiger. Gasthofbesitzer zur Plainbrücke, im 48.
Lebensjahre verschieden. Beerdigung Montag, 3 Uhr nachm.,
vom Sterbehause aus auf dem Gnigler Friedhof. — Gestern
abends verschied im 72. Lebensjahre Herr Jakob Ziealen
lag aber keine Notwendigkeit vor, in Salzburg sklavisch nachz
ahmen, was zum „Seelenaufschwung“ der Wiener erfor derlich
sein mag. Im Grunde genommen ist der „Ruf des Lebens“ eine
Komödie leerer Worte. Daran ändert alle brutale Theaterei
nichts; nichts der Vatermord Mariens, nichts der Pistolenschuß,
mit dem der Oberst sein ungetreues Weib niederknallt, nichts die
staunenswerte erotische Kraft des Leutnants, der von der Leiche #
der Geliebten weg in die Arme jener irrsinnig Verlieb'en eilt, die
der Ruf des Lebens geheißen hat, dim zänkischen, unbarmher¬
zigen Vater den Gifttrunk zu bereiten. Das Schauspiel wirkt (bei
aller Hochachtung vor Schnitzler) mehr ärgerlich als tragisch und
zerflattert schließlich in alle Winde. Damit der Vorhang zum deit¬
ten Male nicht umsonst hochgezogen werde, wird noch ein junges
Mädchen, das träumerische Reden von sich gibt und zu Leutnan's
auf das Zimmer läuft, durch die Schwindsucht von seinem Dirnen¬
tum erlöst. Bühnenwerke, di so in den Grund hinein verfehlt
sind, wie „Der Ruf des Lebens“, können nur bei einer ausgezeich¬
neten Darstellung halbwegs über Wasser gehalten werden. Damit
ist das Urteil über den Abend gefällt. Voll entsprochen hat Mar¬
garethe von der Hardt. Die Künstlerin verfügt über reiche Aus¬
drucksmittel, die sie, bewußt oder unbewußt, sehr geschickt zu ver¬
wenden weiß, so daß von allen ihren schauspielerischen Leistungen
der sieghafte Zauber eines starken Erlebens ausgeht. Vorzüglich
bewährte sich Herr Czernitz, der den lebenshungrigen, sich und
die anderen quälenden Greis mit scharfer Charakteristik wieder¬
gab. Die Leistungen der übrigen Darsteller waren die blutleerer!
Marionetten. Die Zeit, in die Schnitzler die Geschehnisse verlegt,
hätten der Spielleitung neben anderen Dingen sagen müssen, daß
die Anbringung von Photographien und Ansichtskarten an den
Wänden des Offizierszimmers ein böser Anachronismus sei. G.
M. WM- —