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Leben:
de5
19. Der Ruf
O#
geote ScnvenanhAn
ssdaret esersenel onet aussenner aöae
BEELIN SO 16. RUNGESTRASSE 22-24
+-
Königsberger Hartungsche Zeitung
, vom
Ausschnitt aus
—
Monat der Lebenden.
Schuftzlirs „Ruf des Lebens“ im Neuen Schauspielhaus.
Es ist vielleicht ein besonderer Beweis ber Zuneigung, wenn man
eines Dichters 60. Geburtstag nicht mit der Aufführung eines starken,
sondern eines seiner schwächsten Stücke begeht, wenn man solch
brüchiges Werk wie es der „Ruf des Lebens“ ist, d bleibt, durch
eine besonders liebevolle Einstudierung vor seiner Kientöppigkeit zu
retten versucht. Wenn Schnitzler wirklich diese Arbeit dem Publi¬
kum, das für „Anatol“ und „Liebelei“ schwärmt, erhalten will, so
soll er den Stoff ruhig dem Film überlassen: hier wird das tod¬
geweiht in die Schlacht ziehende Regiment der blauen Kürassiere nebst
den damit verknüpften Offiziersliebesgeschichten noch einigen Ein¬
druck machen. Auf der Bühne wird trotz einiger treffend geführter
Dialoge immer die Spitzfindigkeit der erquälten Psychologie und das
Gemachte der vielen Tode, die da die drei Akte hindurch gestorben
werden, bei einer selbst so guten Darstellung wie der des Schauspiel¬
hauses ermüden.
=Oskar Walleck versenkte das Stück in die Wiener
Welt des vorigen Jahrhunderts mit all ihrer Sentimentalität und
Forschheit, in die Welt der süßen Mädels und feschen Leutnants. Ger¬
hard T. Buchholz hatte für den dritten Akt eine farbenstarke
lichte Sommerlandschaft geschaffen, in die hinein der Ruf des Lebens
lyrisch zart verklingen konnte wie in einer stillen feinen Novelle ...
So wurde wenigstens die Stimmung des Dramas gerettet, die ganz
zu tiefst auch in diesem Schnitzler verborgen ist.
Grete Holt=Walleck spielte das als Pflegerin ihres bös¬
artigen kranken Vaters verblühende Mädchen, das über der unglück¬
seligen Liebe zu einem der Kürassierleutnants seelisch zugrunde geht.
Man konnte die psychologische Linie an ihrem Spiel gut verfolgen
und in Augenblicken der Leidenschaft trat ihr nicht nur an der „Back¬
fischoberfläche“ sitzendes Temperament hervor. Es ist immer wieder
eine Freude, diese anmutige Schauspielerin auch in solch ernsten Rol¬
len zu sehen. Die Kürassieroffiziere wurden von Max Friedrich,
Hans Peppler und Oskar Walleck dargestellt; die Art: wie sie
den Soldaienton jeder in seiner unnachahmliche Weise treffen, ist
ja stets schon gelobt worden. Ernst Ludwig Franken war der
weise, gütige Arzt, der bei Schnitzler so oft zu finden ist und der hier
#ur den Unterschied von Tod und Leben, nicht aber von Gut und
Böse als der Menschenweisheit letzten Schluß anerkennt. Franken
spielte unaufdringlich und oft durch Gebärden fein pointierend. Ruthz
Baldor gab die schwindsüchtige Katharina ohne Untertreibung,
U
ohne Bläßlichkeit. Fritz Gildemeister charakterisierte wirklich¬
keitsstark den krächzigen kränklichen Bösewicht von Vater. Wenig
wußte dagegen Wolfgang Langhoff mit der Rolle des Forst¬
adjunkten anzufangen, wenn er auch immer wieder versuchte, sich in
das ihm Wesensfremde hineinzufinden. Helene Sauers Darstel¬
lung der heißblütigen Frau Oberst war auch nicht letzte Steigerung.
Der Beifall am Schluß war stark. Wem galt er? Den Schau¬
spielern, dem Dichter — oder wirklich gerade diesem schwachen Stück?
A. H.
Leben:
de5
19. Der Ruf
O#
geote ScnvenanhAn
ssdaret esersenel onet aussenner aöae
BEELIN SO 16. RUNGESTRASSE 22-24
+-
Königsberger Hartungsche Zeitung
, vom
Ausschnitt aus
—
Monat der Lebenden.
Schuftzlirs „Ruf des Lebens“ im Neuen Schauspielhaus.
Es ist vielleicht ein besonderer Beweis ber Zuneigung, wenn man
eines Dichters 60. Geburtstag nicht mit der Aufführung eines starken,
sondern eines seiner schwächsten Stücke begeht, wenn man solch
brüchiges Werk wie es der „Ruf des Lebens“ ist, d bleibt, durch
eine besonders liebevolle Einstudierung vor seiner Kientöppigkeit zu
retten versucht. Wenn Schnitzler wirklich diese Arbeit dem Publi¬
kum, das für „Anatol“ und „Liebelei“ schwärmt, erhalten will, so
soll er den Stoff ruhig dem Film überlassen: hier wird das tod¬
geweiht in die Schlacht ziehende Regiment der blauen Kürassiere nebst
den damit verknüpften Offiziersliebesgeschichten noch einigen Ein¬
druck machen. Auf der Bühne wird trotz einiger treffend geführter
Dialoge immer die Spitzfindigkeit der erquälten Psychologie und das
Gemachte der vielen Tode, die da die drei Akte hindurch gestorben
werden, bei einer selbst so guten Darstellung wie der des Schauspiel¬
hauses ermüden.
=Oskar Walleck versenkte das Stück in die Wiener
Welt des vorigen Jahrhunderts mit all ihrer Sentimentalität und
Forschheit, in die Welt der süßen Mädels und feschen Leutnants. Ger¬
hard T. Buchholz hatte für den dritten Akt eine farbenstarke
lichte Sommerlandschaft geschaffen, in die hinein der Ruf des Lebens
lyrisch zart verklingen konnte wie in einer stillen feinen Novelle ...
So wurde wenigstens die Stimmung des Dramas gerettet, die ganz
zu tiefst auch in diesem Schnitzler verborgen ist.
Grete Holt=Walleck spielte das als Pflegerin ihres bös¬
artigen kranken Vaters verblühende Mädchen, das über der unglück¬
seligen Liebe zu einem der Kürassierleutnants seelisch zugrunde geht.
Man konnte die psychologische Linie an ihrem Spiel gut verfolgen
und in Augenblicken der Leidenschaft trat ihr nicht nur an der „Back¬
fischoberfläche“ sitzendes Temperament hervor. Es ist immer wieder
eine Freude, diese anmutige Schauspielerin auch in solch ernsten Rol¬
len zu sehen. Die Kürassieroffiziere wurden von Max Friedrich,
Hans Peppler und Oskar Walleck dargestellt; die Art: wie sie
den Soldaienton jeder in seiner unnachahmliche Weise treffen, ist
ja stets schon gelobt worden. Ernst Ludwig Franken war der
weise, gütige Arzt, der bei Schnitzler so oft zu finden ist und der hier
#ur den Unterschied von Tod und Leben, nicht aber von Gut und
Böse als der Menschenweisheit letzten Schluß anerkennt. Franken
spielte unaufdringlich und oft durch Gebärden fein pointierend. Ruthz
Baldor gab die schwindsüchtige Katharina ohne Untertreibung,
U
ohne Bläßlichkeit. Fritz Gildemeister charakterisierte wirklich¬
keitsstark den krächzigen kränklichen Bösewicht von Vater. Wenig
wußte dagegen Wolfgang Langhoff mit der Rolle des Forst¬
adjunkten anzufangen, wenn er auch immer wieder versuchte, sich in
das ihm Wesensfremde hineinzufinden. Helene Sauers Darstel¬
lung der heißblütigen Frau Oberst war auch nicht letzte Steigerung.
Der Beifall am Schluß war stark. Wem galt er? Den Schau¬
spielern, dem Dichter — oder wirklich gerade diesem schwachen Stück?
A. H.