II, Theaterstücke 19, Der Ruf des Lebens. Schauspiel in drei Akten (Vatermörderin), Seite 561

dramatischer Tatsacheinmm und fütich uummersche
aus zwei großen Wurzeln hauptsächlich ersprossen seien:
aus der hohen Schicksalsanschauung der Griechen und aus
der strengen Geschichtsauffassung und dem ernsten Pflicht¬
begriffe Kants.
An ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen! Werfen
beiden
wir einmal einen kurzen Blick auf
Tragödien, die jetzt den Zulauf der Berliner haben. Beide
sind sie ja im Schillerjahre geschrieben. Die eine behandelt
den größten Stoff der griechischen Welt, die andere ihren
inneren Zügen nach einen geschichtlichen Heldenstoff.
Beide sind recht verschieden; aber beide stellen die
Frage nicht nach der Seelenhöhe, sondern nach dem Ab¬
hube sinnlicher Verkommenheit. Beide versuchen, das Perverse
an Stelle des Göstlichen in der Menschenart zu setzen. Beide
sind langgeschwänzte Zer bilder Schillerscher Muse.
Die Griechen! Wohl haben wir nach der Bekanntschaft
mit des Aristophanes vornehmem Spöttergeiste, wie nach des
Sokrates moralinsaurer und Platos künstlerisch mythologischer
Anschauungsweise das niedere Volk der hellenischen
Städte mit anderen Augen zu betrachten gelernt, als denen
des steifleinenen Klassizismus, unter dem unsere lebensfreudige
Jugend gelitten hatte. Und als wir zu Jacques Offen¬
bachs frechen Weisen die ganze Herrlichkeit der lüder¬
gruppieren sahen,
malerisch
lichen Olympier sich
mischte sich in unsere Empörung über solche Ver¬
höhnung zwar die aus innerer Freiheit ensprungene
Freude an der genialischen Mache dieses jüdischen Schlingels;
aber seine Frivolität konnte uns nicht einen ernsten Augen¬
blick oaran hindern, auch nach der Satire wieder das große
heilige Land der Griechen, mit der Seele zu suchen. Und
in diesem Lande der reinen Formen und tragischen Riesen¬
geister ragte als ehrfurchtgebietendster von allen uns Sophokles
empor; unerreichbar, wie das hinter der griechischen und —
niemals konnten wir dessen vergessen! — auch der germanischen
Götterwelt aufragende Schicksal blieb uns der ewig ge¬
heiligte Mythos von der Schuld und dem Ver¬
hängnis des Oedipus und seines Ahnengeschlechtes Groß und
leidvoll ragt dieser Held vor uns auf als Träger seines
mit tragischen Schauern die Jahrtausende überwältigenden Schick¬
sals. Goethe sowohl wie Schiller sind in bewußter Schei vor diesem
endgiltig als unberührbar erscheinenden Stoffe zurückgewichen.
Anders Herr Hugo Hoffmannsthal aus Wien! In seiner
jüdischen Harmlosigkeit glaubte er „rasch vom Tisch die reiche
Krone stehlen“ zu können. Wie? Nichts leichter, als dies !
Die geheiligte Tragödie des großen Attikers verzerrte er
ins menschlich Gemeine, hysterisch, pervers, physiologisch
experimentell, von der Zweifelsucht dürrer Spekulation
der Einleitung
zerätzt. Die von Sophokles
seines „Oedipus“ halb angedeuete, halb verschwiegene, halb
r zum Kern
auseinandergesetzte Vorgeschichte nahm
setzte in diesen
seines „Oedipus und die Sphiux“
die Kulten und erotischen Orgien aus der ihres
Ver¬
griechischen
mithischen Zaubers entkleideten
fallszeit und an Stelle des weltgewaltigen Schicksals setzte
er einen dunkeln Blutfluch, um nicht modern
Wenig kümmert
sagen: eine erbliche Belastung.
ie Scheußlichkeiten, mit denen
es ihn, daß Alle
Sophokles als mit hinter seiner Tragödie liegenden Tatsachen
rechnere, nun auf offener Bühne sich vollziehen müssen
lund daß zum Beispiel zu dem Vatermorde
Oedipus begeht, ein kindischer Zank als Begründung
schlechthin lächerlich erscheint; daß Jokuße Oedipus
selbst dann noch nicht erkennt, als Theiresias die Ankyest des
Erretters von der Sphinx ausruft und daß
ihn troz des Altersunterschiedes heiratet, seine Liebe
der perversen Neigung jüngerer Männer
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zu überreifen Frauen modern spitzfindig erkläread. Das
unerlaubt trivsale Deutsch, in dem das ganze Stück ge¬
sturnmes 1 kennzeichnet vollends den hier begangenen un¬
erhörten Frevel Man höre nur diese akstoßende Sprache:
„Ich seh durch wüsten Nebel
die Nacktheit Deines Her##s glühn, gieß aus
die Seele, wie das schwarze Opferblut.“
Oder wem würde nicht übel bei diesen Versen:
„O boden oler Abgrund, wenn das Zeugende
des tief geheimen Denkens mir zu Innerst
miter Urkra# är vergiftet ist
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und in so fablen Träumen seinen Atem
selahte duch mir vor Etel übel wird.“
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So Heu on Hoffmannsthal, der Reiter der Griechen
Nach i# und neben hm Herr Hug,
S#er ververs entttellter vaterlnd
#u des Leb# sett als eine leidenschaftlich
Tragö#, ein und ender im dritten Akte ha
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los in rührseliger Prette und feiger süttlicher Gleich
Bezeichmi, Schauspiel täuscht, nicht über diesen Wider¬
spruch in. Aufbau hinweg. Der Oberst der blauen Kürassie
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