II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 58

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18. Der einsane Neg
Dr. Max Goldschmidt
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Berlin N. 24.

Ausschnitt aus
Die Zeit am Montag, Berlin
15 FEB. 1904
fügen. Aber es versagt sich ihm; das, woran er fündigte, wird) vergänglicher Schatz die Lieve,
Herzen seines Nächsten aufgespeic
zum Rächer an ihm. An der Liebe fündigte er, und nun, wo er
Theater
Es ist also die alte messian
nach reiner Liebe verlangt, da entzieht sie sich ihm. Und zu spät
die Schnitzler in dem „Einsamen
muß er erkennen, daß sein Antipode, der unbedeutende Philister,
in eindringlicher, auf tiefgreif
auf den er bisher verachtungsvoll herabgesehen, der Glücklichere ist;
Deutsches Theater: „Der einsame Weg“ Schauspiel in
Schilderung. Speziell die Figur
dieser baute, wo jener niedergerissen hatte; dieser sammelte die
fünf Aufzügen von Arthur Schnitzler. „Wir Menschen wissen
ist eine Meisterleistung ersten Ra
Brosamen der Liebe, die von des Reichen Tische fielen, in seine
nichts von einander. Einsam leben wir neben einander. Wir
hebt sich der Charalter plastisch
bescheidene Scheuer und wurde aus einem armen ein reicher Mann,
können einander nichts sein, garnichts!“ Das ist in allgemeinen
übrigen Gestalten des interess
während jener aus einem Reichen ein Armer. Der Palast des
Umrissen die Moral, die der Skeptiker Sala in dem Schnitzler'schen
Künstlerhand entworfen: Profe
Reichen bricht unter dem Anprall des Sturmwinds krachend in sich
Stück aus seiner Beobachtung des Lebens zieht. Und dem¬
geliebten Frau und dem Glück se
zusammen; die Hütte des Armen steht fest auf dem sicheren
entsprechend hat er sein Leben eingerichtet, auf das „Nil admirari“,
streben geopfert hat; Felix, das
Grunde des werktätigen, stillen Schaffens. Lieben heißt sich selbst
auf die absolute Negative. Nach Art der Grübler tut er nichts,
sich eden zu ernster Lebensauff
opfern, und nur wer Liebe säet, wird Liebe ernten.
sich den Lebensgenuß zu erzwingen, nach dem er verlangt; aber
Julian Fichtner und Stephan S
Julian Fichter, ein Geniemensch, hat den Genuß zur einzigen
er nimmt ihn, wo er sich ihm bietet und kostet ihn dann aus, kühl,
der Bankrotterklärung des Schl###
Basis seines Lebens gemacht. Sein Weg geht über Leichen:
ohne hemmende Gewissensbedenken. Im Gegensatz zu ihm grübelt
zwecklosen Lebens ziehen.
rücksichtslos schreckt er selbst vor der Gemeinheit nicht zurück, sich
sein Freund Julian Fichter nicht; er ist der Mann der Tat, der
Trotzdem vermochte das Sti
an dem Weibe des Freundes zu vergreifen. Und ahnungslos führt
den Genuß durch die Gewalt seiner Persönlichkeit in seinen Besitz
erfolg zu erzielen; ja beim vier
Wegrath die Geschändete heim und zieht den Sohn der Anderen
zwingt, der das Objekt seiner Begierde in seine Arme reißt, um es
gedachtes Stimmungsbild brin
als seinen eigenen auf. Eine Ehe, auf Lüge aufgebaut und durch
dann greusam am Wege liegen zu lassen. Und so taumelt der
Publikun sich zu einer jener fun
jahrelang fortgesetzte Lüge mühsam aufrechterhalten. Nach dem
Genußmensch durch das Leben, überall die reifen Früchte von den
ließ, die auf die zart organisierte
Tode der schuldigen Frau kommt Julian Fichtner zurück, ein ein¬
Bäumen pflückend, den Anderen, nach ihm Kommenden nur
zerstörend wirken können. Man
samer Mensch, der sich nach der vergeudeten Liebe sehnt. Einen
ausgepreßten Schalen hinterlassend. Aber — wer nicht
die
Stück in verschwenderischer Fü
kümmerlichen Rest sucht er sich für die letzte Wegstrecke seines ab¬
säet, soll auch nicht ernten! Eines Tages kommt die Stunde,
außer Acht, man ignorierte den
wärts führenden Levens zu retten dadurch, daß er den Sohn für
da der Ich=Mensch erkennt, daß auch er nur ein Mensch ist,
dem Ganzen spricht, und war nc
sich begehrt. Rücksichtslos will er hier zum zweiten Male in das
und daß das Alter seine Genußfähigkeit zerstört. Die
leiser Hand an geheime Wunden
Leben des Freundes eingreifen: aber die „Stimme der Natur“ in
Möglichkeit des Genusses für ihn schwindet dahin, aber die Gier
erschlagen. Und warum das?
seinem Sohne, auf die er rechnet, versagt: der junge Felix Wegrath
nach dem Genusse bleibt ihm. Und diese unbefriedigte Gier macht
In meinen früheren Besprech
weist den Bittenden zurück. Der allein ist der wahre Vater, der
ihn ruhelos und unzufrieden, erweckt in ihm das nagende Gefühl
fehler unserer meisten Dramatike#
die Pflichten eines solchen erfüllt, und zwor sie erfüllt ohne Rück¬
der Einsamkeit, dieser Einsamkeit, die gerade ihm furchtbar sein
lässigung der Forderungen der d
sicht auf den eigenen Vorteil. Diese Pflichten aber hat Professor
muß, da seine Erinnerung ihn nur auf Bilder der Zerstörung zu¬
ist in „Der einsame Weg= in dei
Wegrath erfüllt. Das äußere, formelle Recht des Blutes unter¬
rückblicken läßt. Es ist die Reue, die ihre Stimme in ihm erhebt.
Bühne gilt nur das Wirkliche,
liegt dem inneren, höheren Rechte der Dankbarkeit, und zu spät
Um sie zu übertönen, sucht er sich aus den Trümmern seines bis¬
berigen Lebens etwas wie ein spätes, stilles Glück zusammenzu= muß Julian Fichtner erkennen, daß des Menschen einziger un= Entwickelnde. Nichts darf aus si