II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 82

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18. Der elnenmeneß
Selaschmidt
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Berlin N. 24.


Ausschnitt aus
Neue Badische Landeszeitung, Mannheim
16 FEB 1904
für Wärmung entbehrten, die aber nie sich selber gaben,I manns Portraitkunst — ist der
der Negationen und der Ueberlege##
die nie einen Menschen geliebt und die jetzt auf dem Bergabweg,
seine Maske bis zuletzt, bis in das
der dunklen Tiefe nah, zum erstenmal Alleinsein fühlen und
Jeuilleton.
Stunden. Ein Geisteshochmütige
erschaudern.
mit Charme und unnachahmlicher
Zwei stehen sich so gegenüber ähnlichen Schicksals, ver¬
Berliner Theater.
seiner spöttischen Blague viel mehr
schiedenen Temperaments, Stephan von Sala und Julian
täts=Attacken des Lebens hat als S
Fichtner. Stephan von Sala ist der überlegene, der Lebens¬
„Der einsame Weg.“
lich zusammengeholten Resten hocht
puppenspieler bis zum Ende, Julian aber verliert in der
Artbur Schnitzlers neues Schauspiel „Der ein¬
worte zusammenbricht Sala trägt
kritischen Lebenswende die Maske, die er so selbstbewußt und
same Weg#7Blch bei S. Fischer) das am Sonnabend abend
letzten Weges, er sträubt sich nich
selbstgläubig getragen, er starrt plötzlich in das Nichts, in
im Deutschen Theater aufgeführt wurde, ist ein
Unabänderlichkeit ja er will es gar
die Leere, und in wilder verzweifelter Panik versucht er
Werk voll tiefer psychologischer Feinheiten, voll einer Fülle
seinem Leben einen Inhalt zu retten. Seine Kunst ist ver¬
geschaffen, sein Inneres zu teilen m
vielfältigen Lebenswissens, voll eigennachdenklicher Spiege¬
von denen, die sich in wohrstem S
braucht, sein Abenteurersinn ist welk und müde geworden,
lung menschlicher Beziehungen, voll reifen resignierten Ver¬
Aber dieser Skeptiker hat dabei de
er, der in seiner Jugendzeit so selbstherrlich an seine Macht¬
stehens. Es hat viel zu geben, aber es spricht reine Inner¬
für romantische Reize für die E
persönlichkeit geglaubt, entdeckt, daß in seinem Innern —
lichkeiten in künstlerisch unzulänglicher Form aus. Wir hören
für die Opiate der Einbildungskra
als habe sie geduldig auf der Lauer gelegen — Weh und
eine Stimme in der Dämmerung Dinge sagen, die uns die
Elendigkeit, Sehnsucht nach weicher ihn hegender Güte auf¬
er benußt die Leere. Er spielt, h
Seele berühren, — wenn wir das Buch lesen; aber auf der
den Vorstellungen asiatischer Fern
tauchte. Er will nicht allein sein. Er will Felix seinen
Bühne bleibt der peinliche Eindruck, daß ziemlich ohnmächtig
versunkener Städte mit opalschimn
Sohn für sich, den Sohn, der ihm nicht gehört, den Sohn
und unsicher mit locker gereihten Szenen, ohne gestaltende
den Tiefen der Erde. Und der
der Frau, die er einst skrupellos in Stich gelassen und
Hand, ohne Notwendigkeit, ohne künstlerisch zwingenden Wil¬
unsäglich feines Gefühl für den
die von einem sanften gütigen Menschen, dem Professor
len, Gedanken und Gefühle krampfhaft und mühsam in Vor¬
sich innerlich nie gegeben, ist sicherl
Wegrath geheiratet wurde, als dessen Kind dann Felix gilt.
gänge und Personen umgesetzt sind.
Den Konflikt aus diesen Beziehungesn bilden die eine Hand¬
künstler, er genießt die Frissor
Schnitzler findet für seinen Inhalt nicht die schöpfungs¬
lung des Stückes. Szenen voll aufgewühlter Gemütswellen
in seiner Hand erzittern
starke Gestaltung, ni# die Schicksalsplastik. Die Fäden gehen
bringen sie vor allem die als zwischen Felix und Julian
Dialogen von Stendhalscher
ihm durcheinander er verwirrt die Eindrücke; er sieht selbst
aber das Drama, das zwisch
die Wahrheit halb erraten, halb gebeichtet aufdämmert. Mensch¬
die Begebnisse nicht „von der Höhe eines anderen Sterns“
liche Erkenntnisse schimmern hier jenseits von Richten und
Tochter spielt, im Park mit
und spiegelt sie nun überlegen, voll Einsicht in ihre wesent¬
Verzeihen. Die Erinnerung an die tote Mutter wird dem
grünlichen Teich, das hat Schni
lichen Zusammenhänge. Er gleicht eher einem Zeugen und
Sohn zur erschütternden Einsicht in ein Frauenschicksal und
Er hat zu wenig für dieses Mädch
Miterleber, der dabei war, der atemlos hereinstürzt und nun
inniger ist sein Gefühl, da er weiß, wie sie geliebt und gelitten.
mit Schleiern, die Ahnung und
in wirrem Durcheinander, ohne ökonomische Verteilung des
Inniger aber wird auch das Gefühl für jenen stillen er¬
um sie Geheimnisse, doch er blieb
Wichtigen und Unwichtigen, sehr komplizierte Geschehnisse
tragenden Mann, der ihm Vater gewesen ist. Keine Stimme
sprach sich viel breiter über viel un
berichtet. Erregung, Spannungsatmosphäre kann von dieser
des Blutes regt sich für den Fremden, der jetzt liebefordernd
aus. Die Proportionen stimmen
Art ausgehen, aber nicht jener tiefere Schicksalsanteil, jene
in sein Leben tritt. Der scheint ihm fremder als je und die
Es bleibt ein schöner Torso.
reinigende Erschütterung, die aus dichterisch geoffenbarter
„Wahrheit“ die er von ihm hört, ist ihm, „eine Wahrheit
regender sein als glatte Rundheit.
Einsicht in die verstrickten Bahnen des dunklen Lebens kommt.
ohne Kraft“ „ins Leere gesprochen“. Die eigen erworbenen,
Berlin, 14. Februar.
Schnitzlers Werk konnte nicht den Erfolg der Zustimmung
die erwachsenen, die erlebten teigungen und Zusammenhänge
und des Einverständnisses haben, das war bei seiner Art
gelten, nicht die vagen Blutsrechte. Julian beansprucht
der Mitteilung nichtmöglich. Auf der Bühne siegen nicht
an Felix einen Menschenbesitz, den er nicht erworben, Felix
die Gedanken, sondern die Gestalten. Der Widerspruch der
aber bleibt bei Wegrath nun mit einer viel zarteren ehr¬
ganz Verständnislosen erweckt wenigstens für die geistige
süchtigeren Liebe als zuver. Und Wegrath sagt, als er aus
Qualität und für die große Darstellung dieser Dichtung, den
Felix Worten „Mein Viter, mein Vater“ einen nie ver¬
ihr zukommenden Beifall. Schnitzlers Dichten stellt sich
nommenen schmerzenszärtlichen Klang herausfühlt: „Müssen
wie eine Kristallisierung, die sich um die Gefühlswelt der
solche Dinge geschehen, daß mir dieses Wort klingt, als hörte
Menschen drehen, bilden einen zusammenhängeden Orga¬
ich's zum erstenmal.“
nismus, alle seine Arbeiten sind wie mit vibrierenden Nerven¬
Diese Handlung ist gefühlsdialektisch geführt, schwimmen¬
Krängen verbunden. Fühlfäden schlingen sich vor den leben¬
der, schwankender nur in Andeutungen ist die Sala=Handlung.
digen Stunden vom „Pupvenspieler“ von den Sterbenepellen
Wäre ### gestaltet, so wäre sie fascinierender geworden, als
zum „Einsamen Weg“. Es ist der Weg des Tode#dia
die andere, eine Dichtung hätte sie werden können voll
in vita; Herbstlaub liegt darüber, welk und fahl, Schatten
Lyrik und Stepfis, in der voll Traum, romantische Fernen
fallen in das grüne leblose Wasser eines Teiches und die
und superiore Lebensherrschaft sich vereinten. So kann man
Menschen frösteln: Abstieg und Abschied Einsamkeit und
das nur ahnen.
Oede.
Dieser Stephan von Sala wohl die feinste Gedanken¬
Vom Herbst des Menschen ist hier die Rede, die viel
geliebt wurden, die im Rausch des Lebens nie fremder Glut Skulpta, die Schnitzler geschaffen, eine Aufgabe für Basser¬