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18. Der einsane Nen
Deutsche Zeitung, Berlin
16. 2. 04
1
sich denn überhaupt um die anderen?“ Das sagt ein Bruder
Theater und Musik.
von seiner Schwester, die plötzlich — niemand weiß, warum
* Es sind ihm und uns wohlvertraute Gedanken und
und wohin — aus diesem Leben verschwunden ist. Wort
Stimmungen, die in Schnitzlers neuestem fünsaktigen
und Situation erscheinen wie ein Echo aus Schnitzlers Re¬
(Schauspiel „Der einsame Weg“ ihre müden Blüten¬
naissancedichtung „Der Schleier der Beatrice", von Anklängen
häupter wieget und ihren schweren, herbstlich kranken Duft
an die „Lebendigen Stunden“ und den „Puppenspieler“
verbreiten: Schleier gleiten über die Dinge, und Schleier
ganz abgesehen. Die Wegraths in Wien sind wie die Nardi
heben sich von den Dingen; Erinnerungen werden lebendig,
in Bologna. Sie scheinen nicht dazu geschaffen, wirklich zu
und der lebendige Augenblick wird Erinnerung; alles ist
besitzen — weder Frau noch Kinder. Sie mögen Zuflucht,
gegenwärtig, und das Gegenwärtige ist vergangen. Gegen¬
Aufenthalt bedeuten — Heimat nie. Es ist ihr Beruf,
war:
was heißt das eigentlich? Stehen wir denn
Wesen in ihren Armen aufzunehmen, die von irgend einer
mit dem Augenblick Brust an Brust, wie mit einem Freund,
Leidenschaft müde oder zerbrochen sind. Aber sie ahnen
den wir umarmen, — oder wie mit einem Feind, der ans
nicht, woher sie kommen. Es ist ihnen gegönnt, Wesen
bedrängt? Ist das Wort, das ehen verklang, nicht schon
heranzuziehen und zu betreuen, aber sie verstehen nicht, wo¬
Erinnerung? Der Ton, mit dem eine Melodie begann,
hin sie gehen. Sie sind da, um sich unbewußt aufzuopfern
nicht Erinnerung, ehe das Lied geendet? Gerade in
und in diesen Opfern ein Glück zu finden, das anderen
erhöhten Stunden unseres Daseins wissen wir, daß wir
vielleicht recht armselig vorkame. So weint der, der die
nichts verloren haben und eigentlich nichts verlieren können.
Melodie ihres Glückes im Entstehen zerbrochen hat. Der
Dieses Ineinanderfließen von Erinnerung und Gegenwart,
Sohn, den die zarte Gabriele ihrem Gatten im ersten Jahr
von Gegenwart und Ahnung macht es, daß in dem ganzen
ihrer Ehe geschenkt hat und der nun 23 Jahre als ist, ist
Stück eigentlich nichts zu pulsendem, kraftvoll atmendem
sein Sohn, Julian Fichiners Kind der, kurz vor der
Leben erwacht, daß alle Gestalten nur wie Schatten ihrer
Hochzeit, mit dem Bräutigam, seinem Freunde, in Gabrieles
selbst an uns vorübergleiten, keine sich ins Weiße des Auges
Gesichtskreis trat und mit seiner genialen Unwiderstehlichkeit!
sehen läßt und jede, auch die scheinbar nächste und ver¬
im Fluge des bangen Mädchens Seele und Leib gewann.
trauteste, uns die Hand sofort entzieht, wenn wir in auf¬
Alles war bereit zur Flucht, der Wagen wartete; aber
keimendem Mitempfinden ihr die unserige entgegenstrecken
im letzten Augenblick sank dem großen Lebenskünstler
wollen.
der Mut vor den Folgen und Fesseln, die er damit
Aber verstehen, kennen wir Menschen einander denn
auf sich laden würde. Ihm graut vor den Pflichten
überhaupt? Gehen wir nicht vielmehr trotz all der Worte,
und vor den Riegeln, die sich damit vor die offenen Türen
die wir tauschen, stumm und stumpf an einander vorüber?
seiner schimmernden Zukunft schieben würden. Die Unbe¬
„Wer hat sie denn gekannt von uns allen? Wer kümmertI kümmertheit seiner Jugend, die Fülle des Daseins ist ihm
nicht feil auch für den schönsten
Erlebnis wird ihm alsbald zur ∆#
schmerzt noch drückt, die nur ein
ist in seinem von Genüssen durchst
aber das Alter ihn überschattet, al
ihm weicht, als er sich einsam zu
er, der nie bisher dauerndes Gli
pfangen vermochte, doch einen Me
und für den weiter auf der Welt
er glaubt in seiner naiven Art, da
bedarf, er auch schon ein Anrecht
auch wenn er ihn so lange verleug
nicht entziehen, sobald er ihm nur
bart! Aber er täuscht sich. In
meint, hat Felix den Zug zum „A
ner sein Vater, ist ihm eine Wah
ihm nur fremder geworden, seit er es
in dessen Haus er geboren und au
heit und Jugend mit Sorgfalt
der seine Mutter geliebt hat, gilt
als er ihm bisher gegolten.
Ulanenoffizier ist wirklich einer von
das Schnitzler, mit dem Blick des
kommen sieht: „Weniger Geist und
Als der Kampf des Blutes i
Pflichten anhebt — in zwei zarten
er ausgefochten —, ist Gabriele sch
geschlummert.
Nicht von ungefähr hat die we
Dichters ihr Bild, mit Schleiern
flüchtig an uns verüberhuschen lasse
2e
BREN
Sr0
Smy
Deg
Tepp
Specialhau
Oranien
Selten
günstige
lerschiedenen hoch¬
à 334 Stück (½ Mille)
Privi
Aigarren
nicht unter 3
u. diskre
ege:
9 Bremer Fabrl¬
Buchholz, Ma
jährlic
Spre
Mkr. 20.
ir auf unsere Kosten
ontnommene Proben
ig reelle Bedienung
B
igen b. Bremen.
Westfl.
18. Der einsane Nen
Deutsche Zeitung, Berlin
16. 2. 04
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sich denn überhaupt um die anderen?“ Das sagt ein Bruder
Theater und Musik.
von seiner Schwester, die plötzlich — niemand weiß, warum
* Es sind ihm und uns wohlvertraute Gedanken und
und wohin — aus diesem Leben verschwunden ist. Wort
Stimmungen, die in Schnitzlers neuestem fünsaktigen
und Situation erscheinen wie ein Echo aus Schnitzlers Re¬
(Schauspiel „Der einsame Weg“ ihre müden Blüten¬
naissancedichtung „Der Schleier der Beatrice", von Anklängen
häupter wieget und ihren schweren, herbstlich kranken Duft
an die „Lebendigen Stunden“ und den „Puppenspieler“
verbreiten: Schleier gleiten über die Dinge, und Schleier
ganz abgesehen. Die Wegraths in Wien sind wie die Nardi
heben sich von den Dingen; Erinnerungen werden lebendig,
in Bologna. Sie scheinen nicht dazu geschaffen, wirklich zu
und der lebendige Augenblick wird Erinnerung; alles ist
besitzen — weder Frau noch Kinder. Sie mögen Zuflucht,
gegenwärtig, und das Gegenwärtige ist vergangen. Gegen¬
Aufenthalt bedeuten — Heimat nie. Es ist ihr Beruf,
war:
was heißt das eigentlich? Stehen wir denn
Wesen in ihren Armen aufzunehmen, die von irgend einer
mit dem Augenblick Brust an Brust, wie mit einem Freund,
Leidenschaft müde oder zerbrochen sind. Aber sie ahnen
den wir umarmen, — oder wie mit einem Feind, der ans
nicht, woher sie kommen. Es ist ihnen gegönnt, Wesen
bedrängt? Ist das Wort, das ehen verklang, nicht schon
heranzuziehen und zu betreuen, aber sie verstehen nicht, wo¬
Erinnerung? Der Ton, mit dem eine Melodie begann,
hin sie gehen. Sie sind da, um sich unbewußt aufzuopfern
nicht Erinnerung, ehe das Lied geendet? Gerade in
und in diesen Opfern ein Glück zu finden, das anderen
erhöhten Stunden unseres Daseins wissen wir, daß wir
vielleicht recht armselig vorkame. So weint der, der die
nichts verloren haben und eigentlich nichts verlieren können.
Melodie ihres Glückes im Entstehen zerbrochen hat. Der
Dieses Ineinanderfließen von Erinnerung und Gegenwart,
Sohn, den die zarte Gabriele ihrem Gatten im ersten Jahr
von Gegenwart und Ahnung macht es, daß in dem ganzen
ihrer Ehe geschenkt hat und der nun 23 Jahre als ist, ist
Stück eigentlich nichts zu pulsendem, kraftvoll atmendem
sein Sohn, Julian Fichiners Kind der, kurz vor der
Leben erwacht, daß alle Gestalten nur wie Schatten ihrer
Hochzeit, mit dem Bräutigam, seinem Freunde, in Gabrieles
selbst an uns vorübergleiten, keine sich ins Weiße des Auges
Gesichtskreis trat und mit seiner genialen Unwiderstehlichkeit!
sehen läßt und jede, auch die scheinbar nächste und ver¬
im Fluge des bangen Mädchens Seele und Leib gewann.
trauteste, uns die Hand sofort entzieht, wenn wir in auf¬
Alles war bereit zur Flucht, der Wagen wartete; aber
keimendem Mitempfinden ihr die unserige entgegenstrecken
im letzten Augenblick sank dem großen Lebenskünstler
wollen.
der Mut vor den Folgen und Fesseln, die er damit
Aber verstehen, kennen wir Menschen einander denn
auf sich laden würde. Ihm graut vor den Pflichten
überhaupt? Gehen wir nicht vielmehr trotz all der Worte,
und vor den Riegeln, die sich damit vor die offenen Türen
die wir tauschen, stumm und stumpf an einander vorüber?
seiner schimmernden Zukunft schieben würden. Die Unbe¬
„Wer hat sie denn gekannt von uns allen? Wer kümmertI kümmertheit seiner Jugend, die Fülle des Daseins ist ihm
nicht feil auch für den schönsten
Erlebnis wird ihm alsbald zur ∆#
schmerzt noch drückt, die nur ein
ist in seinem von Genüssen durchst
aber das Alter ihn überschattet, al
ihm weicht, als er sich einsam zu
er, der nie bisher dauerndes Gli
pfangen vermochte, doch einen Me
und für den weiter auf der Welt
er glaubt in seiner naiven Art, da
bedarf, er auch schon ein Anrecht
auch wenn er ihn so lange verleug
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ner sein Vater, ist ihm eine Wah
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in dessen Haus er geboren und au
heit und Jugend mit Sorgfalt
der seine Mutter geliebt hat, gilt
als er ihm bisher gegolten.
Ulanenoffizier ist wirklich einer von
das Schnitzler, mit dem Blick des
kommen sieht: „Weniger Geist und
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geschlummert.
Nicht von ungefähr hat die we
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