II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 114

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18. Der einsane Neg
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der abgestuftesten Regungen, wo sie sich fast ver¬
drei oder vier Akte lang ein andres und dann eine
flüchtigen — zu einer großen Phantasiegestalt, mit
„Gibt es einen anständigen Menschen,
Attrappe? Was soll die Polemik gegen die Jung¬
hundert malerischen Lichtflecken, umrissen von be¬
siner guten Stunde in tiefster Seele
gesellen, wenn es eigentlich eine Polemik gegen die
sonderen Linien. Ein Denkmal; ein Mythus; — ein
es denk!?“ Das ist wahr.
Welt ist.?
Spieler für den letzten Ibsen.
elerin vertritt die gesunden Ansichten
Ich kann keine Auskunft geben. Ich finde, das
Bei alledem blieb das Hauptübel die Leitung. Es
Man sehnt sich schon nach etwas
Stück ist zerfließend, nicht genügend durchgearbeitet,
gab surchtbar tonlose Strecken. Darin liegt eine
Frau Rat; da ist sie. Sehr schön bleibt
nicht zusammengedrängt. Erst jedes dreihundertste
Schuld des Dichters, zugleich eine Unfähigkeit der
Die schönste des Werks. (Wenn auch
Wort sagt etwas, erst jedes sechstausendste bringt die
Regie. Die Regie des Deutschen Theaters besitzt inz
eßlich Stephan von Sala ist.) Die
Handlung vorwärts. Breite; Zwecklosigkeit. Die Fehler
sehr geringem Maße die Kraft der Gliederung, die
hätte ein Kind von dem weicheren
des Stückes sind erstens: daß es so zerfließt; zweitens:
Fähigkeit, Akzente zu verteilen; zusammenzudrängen;
können; sie hat es nicht zur Welt
daß es die Dinge aus dritter Hand gibt. Schnitzler
verschiedene Tempi zu machen; für das Atemholen
pricht dann von dem, was ihr „im
kennt meine Quellen vielleicht gar nicht; er hat das
der Seele zu sorgen.
ssiert“ ist. Es wird ihr oft... und
erlebt, empfunden. Aber ich kenne sie doch. (Es wird
.Sie müßte hier von den jüngeren Kräften, die sie
gement passiert sein. (Und sie würde
immerhin das Beste dieser Art in deutscher Sprache sein.)
weit überholt haben, lernen. Sonst zittre ich für
och im Angesicht des Todes es ab¬
Am Ende weiß der Betrachter nicht: ob er sich mehr
den Florian Geyer.
Alfred Kerr.
unter der Hand.) Sie bleibt ein
freuen soll, daß ein so unbeholfenes Werk doch innerlich
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so wertvoll ist; oder mehr ärgern, daß ein innerlich
III.
wertvolles Werk so unbeholfen ist.
ck gegen die Junggesellen.
„Waterkant“.
plötzlich wird es ein anderes Stück.
IV.
Schauspiel in 3 Aufzügen von Richard Skowronnek.
enießer sind unglücklich? auch die Ver¬
Die Darstellung ist mit einem Wort nicht zu kenn¬
Aufführung im Berliner Theater.
n den Katzenjammer! Ein Aschen!
zeichnen. Was auf der Bühne völlig herauskam, war
ser sind die Idealmenschen, die korrekten
der Autor an den Aktschlüssen ... Rittner gab den
in Huhn und ein Hahn, die Predigt geht an ...
d zwei Simpel. Ein Nichtskönner (der
Weicheren. Er ist für solche Rollen zu positiv; zu
C. Draußen tollt Prinz Karneval, die Peitsche
Pater) und ein Temperamentloser, der
gedrungen. Er war nicht ein irrender Mann der
klatscht, die Radauflöte gellt, Pierrot umtanzt Ko¬
r eine wird von allen Seiten betrogen;
einsamen Trauer; sondern ein muskulöser Bösewicht
lombine, geschminkte Narren kreischen und jodeln. Der
st geliebt und kriegt einen Korb. Plötzlich
im grauen Haar. Die Lehmann (prachtvoll, wenn sie
Narr aller Narren aber bin ich, der Kritikus, der da
wenn die Junggesellen sich verheiratet
überhaupt auftritt) war mehr rechtlich und grad als
hofft, die Welt mit guten Lehren umzukrempeln.
sie einsam ... Es liegt also nicht an der
mit dem Schuß österreichischen Humortemperaments,
Und dieserhalb, geliebte Zuhörer, wollen wir in
und am kategorischen Imperativ; es
den sie haben muß. Die Schauspielerin, das Zigeuner¬
unsrer heutigen Predigt zunächst den tröstlichen Satz
schentum. An der allgemeinen Lage der
hafte a. D., brachte sie nicht. Die Triesch als ver¬
behandeln, daß alles Predigen nichts hilft. Denn
er Welt.
schwärmtes, tänzerisches, hellseherisches Geschöpf ver¬
es ist alles eitel, spricht der Prediger Salomo,
lung macht dem Menschengeist, dem Er¬
sagte diesmal. Bassermann ...
„alles was Gott tut, das besteht immer, man
Schnitzlers alle Ehre — dem dramatischen
Bassermann sang in mannheimischer Sprache wie
kann nichts dazu tun, noch abtun“... Und „was
einen Strich durch die Rechnung. Das
ein Vogel, wie ein heiserer... doch er wuchs, ge¬
richtet ein Weiser mehr aus als ein Narr“! Und
taumelt, es ist plötzlich das meiste un¬
staltend, gradenwegs zu einer Mythe; zu einem
wundersam denkmalhaften Gefäß des geistig Feinsten, „viel Predigen macht den Leib müde“. Geliebte Zu¬
orden. Und man fragt sich: Warum
deses Stück gleich geschrieben? Sondern