II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 142

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18. Der eingane heg box 23/1
Frauen spricht und den Schnitzler so gut zu treffen weiß. aber, die nicht im Stande sind, die kapriziösen Sprünge etwas grob. Im Deutschen Th
Dem Publikum gefiel diese Szene sehr; wäre das ganze
dieser Stimmungen vorauszuberechnen, erleben, wenn sie
mit Andacht angehört wird,
Stück in derselben heiteren Art geschrieben gewesen, so hätte es
dieses Liebespaar auf der Bühne sehen, fortwährend
des Wiener Dichters auslachen
dem Autor statt eines Mißerfolges ohne Zweifel einen
Ueberraschungen. Johanna scheint von einem tiefen Gefühle
Gehalt so hoch über Haupt#
vollen Erfolg gebracht. Das Publikum hat gegenwärtig
für Stephan beherrscht. Was wird sie tun? Sie wird sich
drama steht. Aber die Mißb
vor allem das Bedürfnis, zu lachen. Auch an
an ihn klammern, jede Möglichkeit benützen, um mit ihm
nur einen allzu scharfen Aus
jenem Theaterabend konnte man beobachten, wie es
zusammen zu sein? Keineswegs. Eines Abends kommt sie
Das Publikum hat ein Rech
auf lustige Pointen förmlich wartete und jedes
zu ihm und sagt ihm Lebewohl. Sie hat sich entschlossen,
Autor nicht gar so willkürlich
Wort, das einer solchen auch nur nahekam, mit Freuden
in die weite Welt zu gehen. „Lebewohl!“ erwidert Stephan.
wenn er einen krassen Effekt,
begrüßte. Seit langem ist keine Zeit so günstig für das
Er liebt Johanna, will aber in nächster Zeit an einer
Bühne verwendet, sich wenig
Lustspiel gewesen wie die jetzige — für das deutsche Lust¬
wissenschaftlichen Expedition nach Asien teilnehmen. Fünf genügend zu motivieren, und
spiel, von dem an dieser Stelle vor kurzem auch Hugo
Minuten später fällt ihm ein, daß er schließlich ebenso
wird, wie unmöglich es ist, in
Wittmann gesprochen hat, indem er sein Wesen liebevoll
gut auch nicht an der Expedition teilnehmen kann.
Notwendigkeit durch die Laune
schilderte und seine Wiedergeburt herbeiwünschte. Zu den
— „Nichts hindert mich, zu Hause zu bleiben,“
Nicht nur in der Nebenh
wenigen Bühnendichtern, die vielleicht berufen wären, das
meint er, „wenn ich nicht gelaunt bin, fortzugehen“. —
und Johanna vor sich gehl —
deutsche Lustspiel der Gegenwart zu schreiben, gehört,
und er fragt Johanna, ob sie nicht lieber seine Frau
Stück die Laune eine große R
wie immer wieder gesagt werden muß, auch Arthur
werden möchte? Johanna ist sehr bewegt, scheint durchaus
der Helden dieses Schauspiels;
Schnitzler. Fast alle seine Werke enthalten Stellen, in
geneigt, auf diesen Vorschlag einzugehen — und wirst
das sie anerkennen. In einem
denen ein liebenswürdiger Humor aufleuchtet. Und diesen
sich am Ende des Aktes ins Wasser. Wenn man das
Fichtner fragt Sala: „Haben
Dichter, dem möglicherweise ein Lustspiel gelingen könnte,
Stück liest, findet man einen Schlüssel zu diesen Rätseln.
unser Leben aufs Spiel gesetzt
weil er Humor besitzt, sehen wir in den letzten Jahren
Sala leidet an einer schweren Herzkrankheit, und Johanna
Leichtsinn — nein, um das
eifrig bemüht, Trauerspiele zu verfassen, die ihm mißlingen
bringt sich offenbar um, aus Kummer über die Krankheit
zu fördern, das sich uns gegeb
müssen, weil ihm die Tragik mangelt.
des Geliebten. Das ist aber so leise angedeutet, daß man
lautet die Antwort, die nicht au
Solch ein mißratenes Trauerspiel ist die zweite
schon sehr aufmerksam lesen muß, um es herauszube¬
Nein. Warum hat Fichtner #
Nebenhandlung in dem Schauspiel „Der einsame Weg“,
kommen. Auf der Bühne geht die leise Andeutung natürlich
nachdem er sie verführt hatte?
das Drama vom verführten Mädchen. Stephan v. Sala,
vollkommen verloren, und es bleibt nur ein widerspruchs¬
ein, daß er seine Freiheit
ein Lebemann von 45 Jahren, macht Johanna, die
volles Hin und Her übrig, wie es geschildert wurde.
er an diese Frau sich bände;
Tochter des Professors Wegrath, zu seiner Geliebten;
Was geschieht, ist also teils überhaupt nicht, teils so
ab, ohne sich weiter darum
und die Liebesgeschichte endet damit, daß Johanna sich in
ungenügend motiviert, daß der Zuschauer nichts von dem
seiner Geliebten werden wür
dem Teich vor der Villa des Herrn v. Sala ertränkt.
Vorhandensein einer Motivierung merkt. Alles scheint, wie
der Zwang der materiellen Ver
Ein trauriges Ende, das aber ganz und gar nicht tragisch
gesagt, nur Laune, unbegreifliche Laune. Am Tage nach
Angst vor Not und Sorge —
wirkt, weil für den Selbstmord anscheinend jede tragische
dem Selbstmord Johannas bringt es Sala fertig, ihrem
wachte Liebe zur Freiheit, alsch
Notwendigkeit fehlt. Ueberhaupt scheint es
für
Brudec zu sagen: „Gestern bat ich Johanna, meine Frau
Laune. Dem jungen Felix Weg
diese beiden Menschen, für Stephan und für
zu werden. Aber in meiner Bitte lag nicht die Absicht,
er ganz ruhig, wie er dessen M
Johanna, keine Notwendigkeit zu geben. Sie tun, was
irgend ein Unrecht gutzumachen, sondern es war wahrschein¬
wenn sie sich getötet hätte?“
ihnen gerade einfällt; und wenn man sieht, daß sie im
lich nur eine Laune — wie mancherlei anderes.“ So scheint
widert: „Ich glaube, ich hätt#
nächsten Augenblick bereit sind, das Gegenteil von dem zu
es auch eine Laune Johannas zu sein, daß sie sich um¬
halten — in dieser Zeit!“
tun, was sie im vorhergehenden tun wollten, so muß man
bringt. Am Schluß des vierten Aktes erblickt man ein
Felix ganz in der Ordnung, der
eben annehmen, daß ihnen ein anderer Einfall gekommen
junges Mädchen, das sich auf einem Brunnenrand nieder¬
waren Sie es damals wirklich“
ist. Entscheidend für ihr Handeln ist lediglich die Stim¬
läßt, um sich zu ertränken, und das sich anscheinend durch¬
Bühne der Sohn sich nicht darüb
mung. Sie lieben sich, wenn sie gerade danach gestimmt
aus nicht darüber im klaren ist, weshalb es sich ertränken
Liebhaber seiner Mutter so
sind und wenn die Stimmung es mit sich bringt, er¬
wird. Einige Zuschauer nahmen am Abend der Première
Sohne spricht — der Zuschaue
ränken sie sich wohl auch einwal im Teich. Die Zuschauer diesen Aktschluß mit Gelächter auf. Das Gelächter war unmöglich billigen. Und hier wir