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18. Der einsese eß
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—12
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S 2.
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4
Von den Berliner Theatern 1903/04.
IX.
Arthur Schnitzler, „Der einsame Weg“. — „Stella und Antonie.“ — „Der Schlachtenlenker.“
— Maeterlinck, „Schwester Beatrix“. — Molière und Fulda.
In seinem Schauspiel in fünf Akten „Der einsame Weg“, das am 13. Februar im
S Deutschen Theater seine Uraufführung erlebte, hat Arthur Schnitzler die feinste
—
? pfrchologische Filigrauarbeit, die einem unserer jüngeren Dramatiker bisher gelungen, vor
uns ausgebreitet. Es ist, ohne daß man irgendwie von Nachahmung sprechen könnte, der bislang
wohl bedeutsamste Versuch, nach Ibsers mikrokosmischer Methode Menschen und Menschenschicksale
miteinander in Beziehungen zu setzen, die feinen und leisen Uebergänge und Zusammenhänge
aufzudecken und, von dem Zufälligen des Einzelfalles abstrahierend, ein Lebensbild vor uns auf¬
zurollen, das wie bei Ibsen nur der fünfte Akt einer langen und komplizierten Vorgeschichte ist.
Den einsamen Weg gehen alle die Menschen, mit denen Schnitzler im Rahmen dieses Schauspiels
uns bekannt macht, gehen vor allem die beiden Egoisten, die sich einst große Lebenskünstler däuchten
und mit dem Glück und Schicksal der Nebenmenschen zu spielen unterfingen, um irgend eine
ihnen gerade zusagende Glücksmöglichkeit zu erhaschen. Herbstliche Stimmung in der Natur,
müde Resignation in den Menschenherzen. Schleier auf Schleier senkt sich auf sie herab, und an
der Pforte glaubt man die Hand des Todes pochen zu hören. Scenen voll gesättigter Stimmung,
voll subtiler Pfpchologie weiß der Wiener Dichter uns zu malen, aber seine dramatische Ge¬
staltungskraft hält nicht entfernt damit Schritt. Nicht wie der große Norweger weiß er zu der
höheren Sruthese von Handlung und Charakteristik zu gelangen, und wenn er schen, mit vor¬
nehmer Zurückhaltung jedem Versuch zur Theatralik aus dem Wege geht und es verschmäht, in
irgend einer „scène a taire“ unsere Gefühle zu überrumpeln und an unsern Nerven zu rütteln,
so stellt er dafür unsere Geduld durch gar zu lange vom Ziel abweichende Dialoge und retar¬
dierende Zwischenspiele auf die Drobe, macht es dem Gros der Theaterbesucher schwer, oft un¬
nötig schwer, ihm zu folgen und den Vorgängen auf der Bühne die Teilnahme zu bewahren.
Dornehmlich trägt der sehr fein gedachte, aber dramatisch unzulängliche Parallelismus der Lebens¬
gänge und Scenen der Menschen, die Schnitzler uns vorführt, dazu bei. Langsam und zögernd
setzt das Stück ein, erst ganz am Schluß des ersten Aktes erhalten wir den wichtigsten Schlüssel
zum Verständnis der Dorgeschichte dieser Familienkatastrophe im Hause des Professors Wegrath.
Der jetzige Direktor der Akademie der bildenden Künste hat als junger Maler vor 25 Jahren
auf einer Studienreise zusammen mit seinem genialeren Freunde Julian Fichtner in irgend einem
anmutigen Gebirgsdorfe seine spätere Gattin Gabriele, ein Nind einfacher, biederer Leute, kennen
und lieben gelernt. Gabriele hat seine Werbung nicht verschmäht, aber Julian, der leichtlebige
Egoist, das brausende Künstlertemperament, hat mehr Eindruck auf das junge Mädchen gemacht,
und während Wegrath bedächtig Zurüstungen zur Hochzeit traf, gab sie sich in elementarem Aus¬
bruch der Gefühle dem Freunde hin, der unter dem Eindruck dieser Stunde von gemein¬
samer Flucht und ewigem Zusammenbleiben sprach. Aber bei ruhiger Ueberlegung sah Fichtner
ein, daß eine Frau ihm auf seiner freien Künstlerlaufbahn nur eine Augel am Fuß bedeuten
würde, und so floh er allein. Gabriele nahm sich in der ersten Verzweiflung über solchen Treu¬
bruch nicht wie so viele ihrer Geschlechtsgenossinnen das Leben, sondern folgte wenige Tage
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Von den Berliner Theatern 1903/04.
IX.
Arthur Schnitzler, „Der einsame Weg“. — „Stella und Antonie.“ — „Der Schlachtenlenker.“
— Maeterlinck, „Schwester Beatrix“. — Molière und Fulda.
In seinem Schauspiel in fünf Akten „Der einsame Weg“, das am 13. Februar im
S Deutschen Theater seine Uraufführung erlebte, hat Arthur Schnitzler die feinste
—
? pfrchologische Filigrauarbeit, die einem unserer jüngeren Dramatiker bisher gelungen, vor
uns ausgebreitet. Es ist, ohne daß man irgendwie von Nachahmung sprechen könnte, der bislang
wohl bedeutsamste Versuch, nach Ibsers mikrokosmischer Methode Menschen und Menschenschicksale
miteinander in Beziehungen zu setzen, die feinen und leisen Uebergänge und Zusammenhänge
aufzudecken und, von dem Zufälligen des Einzelfalles abstrahierend, ein Lebensbild vor uns auf¬
zurollen, das wie bei Ibsen nur der fünfte Akt einer langen und komplizierten Vorgeschichte ist.
Den einsamen Weg gehen alle die Menschen, mit denen Schnitzler im Rahmen dieses Schauspiels
uns bekannt macht, gehen vor allem die beiden Egoisten, die sich einst große Lebenskünstler däuchten
und mit dem Glück und Schicksal der Nebenmenschen zu spielen unterfingen, um irgend eine
ihnen gerade zusagende Glücksmöglichkeit zu erhaschen. Herbstliche Stimmung in der Natur,
müde Resignation in den Menschenherzen. Schleier auf Schleier senkt sich auf sie herab, und an
der Pforte glaubt man die Hand des Todes pochen zu hören. Scenen voll gesättigter Stimmung,
voll subtiler Pfpchologie weiß der Wiener Dichter uns zu malen, aber seine dramatische Ge¬
staltungskraft hält nicht entfernt damit Schritt. Nicht wie der große Norweger weiß er zu der
höheren Sruthese von Handlung und Charakteristik zu gelangen, und wenn er schen, mit vor¬
nehmer Zurückhaltung jedem Versuch zur Theatralik aus dem Wege geht und es verschmäht, in
irgend einer „scène a taire“ unsere Gefühle zu überrumpeln und an unsern Nerven zu rütteln,
so stellt er dafür unsere Geduld durch gar zu lange vom Ziel abweichende Dialoge und retar¬
dierende Zwischenspiele auf die Drobe, macht es dem Gros der Theaterbesucher schwer, oft un¬
nötig schwer, ihm zu folgen und den Vorgängen auf der Bühne die Teilnahme zu bewahren.
Dornehmlich trägt der sehr fein gedachte, aber dramatisch unzulängliche Parallelismus der Lebens¬
gänge und Scenen der Menschen, die Schnitzler uns vorführt, dazu bei. Langsam und zögernd
setzt das Stück ein, erst ganz am Schluß des ersten Aktes erhalten wir den wichtigsten Schlüssel
zum Verständnis der Dorgeschichte dieser Familienkatastrophe im Hause des Professors Wegrath.
Der jetzige Direktor der Akademie der bildenden Künste hat als junger Maler vor 25 Jahren
auf einer Studienreise zusammen mit seinem genialeren Freunde Julian Fichtner in irgend einem
anmutigen Gebirgsdorfe seine spätere Gattin Gabriele, ein Nind einfacher, biederer Leute, kennen
und lieben gelernt. Gabriele hat seine Werbung nicht verschmäht, aber Julian, der leichtlebige
Egoist, das brausende Künstlertemperament, hat mehr Eindruck auf das junge Mädchen gemacht,
und während Wegrath bedächtig Zurüstungen zur Hochzeit traf, gab sie sich in elementarem Aus¬
bruch der Gefühle dem Freunde hin, der unter dem Eindruck dieser Stunde von gemein¬
samer Flucht und ewigem Zusammenbleiben sprach. Aber bei ruhiger Ueberlegung sah Fichtner
ein, daß eine Frau ihm auf seiner freien Künstlerlaufbahn nur eine Augel am Fuß bedeuten
würde, und so floh er allein. Gabriele nahm sich in der ersten Verzweiflung über solchen Treu¬
bruch nicht wie so viele ihrer Geschlechtsgenossinnen das Leben, sondern folgte wenige Tage