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18. Der ei ane feg
verklang mir die Erinnerung ihrer Stimme, war sie ein Schatten gleich
andern, die weit hinter mir zurück im Vergangenen schwebten.
Felix: Nein, es ist nicht wahr! So rasch war sie nicht vergessen,
so reuelos zogen Sie nicht in die Welt. Dies soll eine Art von Buße
sein. Sie stellen sich anders dar, als Sie sind.
Julian: Nicht, um mich zu beschuldigen, und nicht, um mich zu
verteidigen, sprech' ich zu dir. Ich sage dir einfach die Wahrheit. Du
sollst sie hören. Es war deine Mutter, und ich bin es, der sie verlassen
hat. Und ich sage dir noch mehr. Gerade an die Zeit, die dieser Flucht
gefolgt ist, denk' ich zurück wie an die hellste und reichste, die ich jemals
erlebt habe. Niemals, nicht früher und nicht später, hab' ich in einem so
herrlichen Bewußtsein von Jugend und Unbeschränktheit geschwelgt, niemals
war ich so völlig Herr meiner Gaben, meines Lebens, ... nie ein so
glücklicher Mensch, als gerade damals.
Felix (ruhig): Und wenn sie sich getötet hätte?
Julian: Ich glaube, ich hätte mich dessen für wert gehalten — in
dieser Zeit.
Felix: Und vielleicht waren Sie es damals wirklich. — Und sie
wollte es tun, des bin ich gewiß. Der Lüge und Qual wollte sie ein Ende
machen, wie es hunderttausend Mädchen vor ihr getan. Aber Millionen
tun es nicht, und es sind die klügern. Und sicher dachte sie auch daran,
dem, der sie zur Gattin nahm, die Wahrheit zu gestehen. Aber freilich,
es schreitet sich leichter durchs Leben, wenn man nicht die Last eines Vor¬
wurfs oder gar die einer Verzeihung zu tragen hat.
Julian: Und wenn sie gesprochen hätte —?
Felix: O, ich begreife, daß sie es nicht getan hat. Sie hätte nie¬
mandem damit genützt. So hat sie geschwiegen. Geschwiegen, als sie von
der Trauung heimkam, — geschwiegen, als das Kind geboren wurde, —
geschwiegen, als der Geliebte das Haus ihres Gatten nach zehn Jahren
wieder betrat, — geschwiegen bis zum letzten Tag . .. Solche Schicksale
gibt es allerorten, und man muß nicht einmal ... verworfen sein, um
sie zu erleben oder um sie zu verschulden.
Julian: Und es gibt wenige, denen es zusteht, zu richten — oder
zu verurteilen.
Felix: Ich maße es mir nicht an. Es will mir nicht einmal ein,
daß ich nun Betrüger und Betrogene vor mir sehen soll, wo mir bis vor
einer Stunde Menschen, die mir wert sind, in so reinen Beziehungen zuein¬
ander erschienen. Und völlig unmöglich ist es mir, mich selbst als einen
andern zu empfinden als den, für den ich mich bis heute gehalten habe.
Es ist eine Wahrheit ohne Kraft ... Ein lebhafter Traum wäre zwin¬
gender als diese Geschichte aus verflossenen Tagen, die Sie mir erzählt
haben. Es hat sich nichts verändert
... nichts. Das Andenken meiner
Mutter ist mir so heilig als zuvor. Und der Mann, in dessen Haus ich
geboren und auferzogen bin, der meine Kindheit und meine Jugend mit
Sorgfalt und Zärtlichkeit umgeben hat und der meine Mutter — geliebt
hat, gilt mir geredesoviel, als er mir bisher gegolten — und beinahe mehr.
Julian: Und doch, Felix, so kraftlos dir diese Wahrheit scheint, —
eines weißt du schon in diesem Augenblick des Zweifels: als meinen Sohn
hat deine Mutter dich geboren ...
Felix: In einer Zeit, da sie Sie verfluchte.
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