II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 222

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Da huben andre Zeiten für uns an,
Als Suitbert predigte, der Gottesmann.
Damit sie fürder immer bei uns bliebe,
Verkündet er die Botschaft ew'ger Liebe.
Und:
Wer zwang die Stadt, nahm Gut und Geld?
Der Arnold war's von Elverfeldt.
Den warf Graf Adolf in den Sand
Und machte frei dann Stadt und Land.
Während der erste Vers noch der illustrierenden Künstler¬
hand harrt, ist Roeber der Interpret des zweiten geworden.
Ein Reiterkampf. Graf Adolf von Berg hat den wilden
Arnold vor den Toren seiner Burg, wo er sich dem Landes¬
herrn widersetzen wollte, niedergeworfen. Wie ein Unge¬
witter ist der Graf mit seinen Rittern in den Feind
gefahren. Im ersten Ansturm ist sein Sieg entschieden:
Arnold am Boden, seine Spießgesellen ein verschüchtert
Häuflein Menschen, die des Unterganges harren.
Die Episode hat Roeber meisterhaft in das Halbrund
gebracht. Er hat sich der antiken Giebelgruppe erinnert,
die sich ähnlichen räumlichen Verhältnissen anpassen mußten.
In der Mitte die volle hohe Wölbung erwartete den Haupt¬
moment mit der herrschenden Figur, während die spitz zu¬
laufenden Seiten für geduckte oder gefallene Kämpfer geeignet
waren. Aehnlich wie die Aeginetengruppe ist demnach hier
das Ganze gestaltet worden.
Doch darauf achtet man nicht, wenn man das Bild zum
ersten Male sieht. Die Rosse fesseln zunächst den Blick.
Hier hat ein Reiter, ein Pferdefreund den Pinsel geführt.
Wie sie aus der linken Ecke herausstürmen, gespenstisch in
den wallenden Decken, die auch den Kopf verhüllen,
gleichen sie den apokalyntischen Tieren eines Dürer, Cor¬
nelius oder Böcklin. Trotz der Vermummung, die nur die
Augen aus großen Löchern hervorblitzen läßt, sind die Tiere
als Einzelwesen charakterisiert.
In wuchtigem Galopp saust Adolf in die Mitte hinein,
die Lanze gesenkt, die eben den Gegner zu Boden gerannt.
Ritter Arnold liegt im Vordergrunde, den Lanzenstumpf in
der Faust; sein Pferd neben ihm niedergeworfen, reißt
entsetzt den Kopf zurück, und ebenso entsetzt schaut
über den auf den Boden gestemmten Schilden die
Schar seiner Getreuen dem Feind entgegen. Ihre
Spieße heben sich wie Tangenten von der runden
Türumrahmung, die hier ebenso wie bei manch anderem
Wandgemälde störend wirken konnte. Roeber hat die
Störung aber geschickt abgelenkt. Seinen Humor, der die
Unterhaltung so gern würzt, hat er in dem Kopf neben
Dieses von Schrecken erfüllte
Arnold walten lassen.
Galgengesicht wirkt unwiderstehlich komisch.
Ueber den Gefallenen weg erblicken wir die Burg im
Hintergrunde und eine kämpfende Reitergruppe davor. Der
Himmel ist bewölkt, Roeber hat dem bekannten Wuppertaler
Wetter nebenher ein Denkmal setzen wollen.
Immer wieder bewundert man die sichere Zeichnung,
die jedes Ding, jede Bewegung scharf und treu wiedergibt.
Dazu kommt die Kraft der Plastik. Scheint nicht der derbe
Brabanter Gaul vorn in der heranstürmenden Ritterschar
mit seinen breiten Hufen aus demGemälde herauszuspringen? —
Helle Farbenfreude spricht aus dem mit stumpfen Caséin¬
farben gemalten Bilde. Die Siegergestalt des Grafen
leuchtet samt dem Roß in Rot, das damit der herrschende
Akzent geworden. Blau und Gelb bringen wirksamen, wenn
auch schwachen Kontrast zu der Hauptfarbe. Das feine
Empfinden Roebers hat ihn davor bewahrt, das Grausige
zu sehr zü betonen. In der Charakteristik jeder einzelnen
Gestalt wetteifert er mit Meister Janssen.
Hoffentlich wird das Suitbertusbild ein würdiges Ge¬
Fr. K.
genstück.
Stadttheater.
„Der einsame Weg“.
Schauspiel von fünf Akten von Arthur Schnitzler.
* Elberfeld, 13. Sept. 1904.
Was von diesem Schauspiel dem Besucher im Gedächtnis
haften bleibt, ist nicht etwa die Handlung, das Geschehen,
sondern es sind die Sentenzen, die ernsten Wahrheiten, die
und ihre großen Augen scheinen ständig enträtselte Geheim¬
nisse zu sehen. Daneben läßt sie ein ganz natürlicher
Trieb aufjauchzen, als ihr die Gelegenheit zu einer
weiten Reise geboten wird. Aber auch in ihr steckt¬
etwas von jener Kraft, deren Wirken im Menschen
von Schnitzler in diesem Schauspiel gezeigt wird.
Die Helden des Stückes stehen im Banne des Egoismus,
nicht der Selbstsucht schlechthin, sondern der mehrgestaltigen.
Da ist Stephan von Sala, ein hochbegabter, begüterter
Mensch, der echten und falschen Lebensgenuß wohl zuünter¬
scheiden weiß, aber keinen Freund besitzt, sondern die
Menschen nur soweit schätzt, als er sie benützen kann.
Zwischen ihm und dem fast gleichwertigen, nur aus härterem
Holz geschnitzten Julian Fichtner, dem ruhelosen Maler, der
ihm von allen am nächsten steht, besteht doch im Grunde
die Basis gegenseitigen Verstehens nur darin, daß sie sich
„zur rechten Zeit die richtigen Stichwörter zu geben wissen“.
Aber am Lebensschluß, wenn alle Bronnen ausgeschöpft
sind, müssen sie sich bankrott erklären: ihr Egoismus, der
sie einsam gemacht hat, hält nicht vorz sie sehnen sich
nach einem geliebten Wesen, dem sie alles sein möchten.
Jedoch Fichtners natürlicher Sohn wendet sich von ihm, der
einst egoistisch die Mutter verlassen, ab und dem Pflege¬
vater zu, der auf dem Punkte stand, einsam zu werden.
Er, der mit treuem liebevollen Herzen als alltäglicher¬
Mensch und als ein Betrogener durch die Welt geschritten!
ist nun unverhofft der Reiche. Und Sala hat unverdienter
maßen kurz vor dem Fallen seines Lebensvorhangs
weibliches Herz gefunden, jene rätselhafte Johanna, die #'
den Tod sucht und ihn einsam macht, so daß er verzwe
(freilich als unheilbar Kranker) ihr ins dunkle Reich
Schatten folgt.
Vom Inhalt erwähnen wir noch soviel, daß Fich¬
in dem angedeuteten Verhältnis, dem er seinen Sohn ver
dankt, seinen Freund Wegrath, den erwähnten Pflegvater,
betrog, und daß dessen Tochter jene Johanna ist. Die
Handlung tritt in dem Stück sehr zurück, dafür die Stimmungs¬
malerei hervor, um das Wesen der Menschen und ihrer
Gespräche deutlicher zu machen.Mit Interesse folgt man
der eingehenden und vielseitigen psychologischen Zeichnung,
die ganz eigenartige Menschen schafft. Für die Darsteller
waren es schwierige, aber auch dankbare Rollen. Herr
Brahm gab den Sala sehr glaubwürdig mit wohl¬
berechneter Verwertung aller Nebensächlichkeiten, die schlie߬
lich der Figur das eigentliche Leben gaben. Das Schau¬
spiel hat an ihm eine vielseitige gute Kraft gewonnen. Auch
der Fichtner des Herrn Ruhbeck war voll echten Lebens;
der Uebergang vom Egoisten zum Liebespender gelang ihm
so gut, wie der Ausdruck seines seelischen Schmerzes, als
er sich zurückgestoßen fühlt. Bewundernswert war Frl.
Gertrud Jacobi als Johanna, deren Rätselwesen sie
in Spiel und Sprache (gleich gerecht wurde. Mit dem
Leutnant Felix (Fichtners natürlichem Sohne), verkörpert.
durch Herrn Althauser, konnte man sehr wohl zufrieden
sein. Er und sein Pflegevater Wegrath (Herr Max
Büttner) sind die einfachen gesunden Menschen im Gegen¬
satz zu den übrigen mit dem überfeinen Empfinden.
Frau Gabriele,
Beide Darsteller trafen das Richtige.
die schuldbewußte, todkranke Gattin Wegraths, fand
in Frl. Klara Geldner eine verständige Interpretin.
Ebenfalls war Herr Grunwald in der Darstellung des
schweigsamen, auch auf seine Art einsamen Arztes Neumann
glücklich. Besondere Anerkennung verdient Frl. Fanny
Wolff, die Allverwertbare, die für die plötzlich vor Beginn
absagende Darstellerin der interessanten Irene Herms mit
dem Buch in der Hand einsprang, aber so im Geist ihrer
Rolle spielte; daß jeder peinliche Eindruck vermieden wurde.
Die Regie Herrn Büttners verdient ebenso Anerkennung.
Das Stück wurde verschieden aufgenommen. Der effekt¬
lose Schluß des ersten Aktes verwirrte fast. Abersein tiefer
Eindruck mancher Stellen, wo Schnitzler in schöner Sprache
Bedeutungsvolles sprechen läßt, war unverkennbat. Daß
gewisse Dinge unverhüllt beim wahren Namen genannt
werden, ist bei einem modernen Stück nicht verwunderlich.
Vielleicht wäre es besser für eine Matinee geeignet gewesen.
Vermischtes.