ece en ens enenecheen
hindurch. Sein Sohn wendet sich von ihm. Jetzt ist er
auch als Mensch bankerott. Und nun erst ist es auf seinem
Lebenswege still und einsam für immer.
Das Stück ist eigentlich aus. Schnitzler schien jedoch
seine Grundidee durch dieses eine Beispiel nicht eindringlich
genug illustriert. Er variierte daher sein Hauptmotiv in
zwei anderen Gestalten des Schauspieles. Ebenso wie dem
Maler Fichtner, ist auch dem Dichter Sala Leben und
Kunst zerronnen. In beiden Fällen die gleiche seelische
Struktur. Nur daß Sala überdies mit einem Todeskeime
behaftet ist. Der merlwürdigste Kasus ist aber Johanna,
die Tochter, die wirkliche Tochter Wegeraths, der, nebenbei
bemerkt, Direktor der Akademie der bildenden Künste ist.
Johanna ist Sala und Fichtner ins Weibliche trans¬
poniert. Eine Hysterikerin, die alles Schöne und alles Ge¬
meine im Leben auskosten will. Ein Weib ohne Herz, ohne
Gemüt, aber mit einer glühenden, krankhaft erregten
Phantasie. Darum erscheint ihr Sala als Ideal eines
Mannes. Das ist ja ein schönheitssüchtiger Aesthet, der
auch alle Perversitäten des Lebens aus dem Grunde kennt.
Diesem Manne gibt sie sich willenlos hin. Dann geht sie
ins Wasser. Das Motiv, das sie zum Selbstmorde drängt,
ist nicht recht klar. Man muß, um es zu ergründen,
Zeichendeuterei treiben. Johanna weiß, daß Sala dem
Tode geweiht ist. Sie hat mit ihm in einem flüchtigen
Rausche die Schönheit des Lebens ausgeschlürft. Was kann
ihr das Dasein noch bieten? Sie wirft es von sich.
Was ist der Sinn des Ganzen? Will Schnitzler den
gealierten Don Juan zeigen? Ihn vorführen, wie er aus¬
schaut, wenn seine Lust ausgetobt, wenn er vergebens um
einen Funken echter, ehrlicher Liebe bettelt, und die trost¬
lose Erkenntnis in ihm aufdämmert, daß seine Lebens¬
weisheit zu Schanden geworden? Man darf diese Frage
. Gahspiel des Tefsing=Theaters.
bejahen und dabei dem Stücke noch eine andere Deutung
CTheater an der Wien.)
geben. Dr. Reumann, eine Figur im Schauspiel, sagt:
Zum erster Mal: „Der ei
ame Weg.“ Schauspiel in fünf
Aklen von Arthur Kanill
„Eine Lüge, die sich so stark erwiesen hat, daß sie den
Der Maler Julian Fichtner wandert einsam auf
Frieden eines Hauses tragen kann, ist mindestens so ver¬
seinem Lehenswege dahin. Aber diese Einsamkeit ist mit
ehrungswürdig wie eine Wahrheit, die nichis anderes ver¬
reizenden Liebesepisoden reich durchwoben. Fichtner ist ein
möchte, als das Bild der Vergangenheit zu zerstören, das
feinsinniger, schönheitssüchtiger und gemütsloser Lebens¬
Gefühl der Gegenwart zu trüben und die Betrachtung der
künstler, also kein taumelnder Genußling, der blind¬
Zukunft zu verwirren“. Was hier ausgesprochen wird, is
lings der Lehre des Epikuräers Horaz folgt: Carpe diem!
die Grundidee in Ibsens „Wildente“ und diese Idee leuchtet
Pflücke, was dir der Tag bringt! Er genießt aus dem
auch aus dem „Einsamen Weg“ hervor. Nirgends steht
Vollen, aber mit Bedacht und kluger Auswahl und hält
nämlich Schnitzler so unter dem Banne des nordischen
dabei beide Augen offen, um sich ja nicht zu verlieren. Sich
Dramatikers wie hier. Das ist der Unsegen dieses Werkes.
verlieren — das heißt durch ein Weib für immer
So reich auch dieses Schauspiel an poetischen Schön¬
sich fesseln lassen. Das heißt
heiraten. Davor
heiten ist, so schimmert uns doch eindringlich die fremde
graut es ihm, Wozu heiraten,
so lange es
Ibsensche Rüstung entgegen, die der Dichter trägt. Zunächst
Frauen und Bräute anderer gibt? Die lockt man
in der technischen Struktur. Die Vorgeschichte lastet wuchtig
an sich. Man belügt und betrügt. Dutzendmenschen lassen
auf dem Stücke, erdrückt es und läßt es nicht aus sich selbst
sich hiebei durch moralische Skrupel beirren. Fichtner lacht
heraus frei aufatmen. In jeder bedeutenden Szene springen
über die landläufige Moral. Als vollendeter Individualist
Erinnerungen auf, erwacht Totes, wird Vergangenes und
mordet er Frauenseelen mit der gleichen Unschuld, mit der
Vergessenes aufgerollt. Am tiefsten offenbart die Ibsensche
ein Raubiier das Blut seines Opfers schlürft. Also
Prägung die Gestalt der Johanna, die auch dem
eigentlich ein Don Juan, der in seinen Mußestunden den
Publikum völlig unklar blien. Man muß allerhand mystische
Pinsel führt und Nietzsche liest.
Schleier lüften, bis man den Kern dieses seltsamen
In dieser Weise sind seine besten Mannesjahre dahin¬
Mädchens aufstöbert.
gerauscht. Nun tritt das Alter allgemach an ihn heran,
Den stärksten Einwand weckt aber die große Schlu߬
entfärbt die Haare an seinen Schläfen und stimmt ihn
szene des dritten Artes, in der sich Vater und Sohn
nachdenklich. Was war der Ertrag seines Lebens? Als
gegenüberstehen. Man vergegenwärtige sich die Situation:
Künstler ist er bankerott. Seine vielversprechenden Anlagen
Fichtner will das Herz seines Sohnes erringen. Dieser Sohn
sind nicht aufgegangen. Ebenso wie in der Liebe, fehlte
ist der einzige Halt in seinem lieheleeren Dasein. Und
ihm in der Kunst jene aufopfernde Hingebung, die
gleichwohl diese raffinierte Grausamkeit, mit der er jedes
Großes, Bleibendes schafft. Aber er hat auch als Mensch
kindliche Gefühl in seinem Sohne zerstört! „Ich habe deine
keinen Halt. Die Lust am Weibe ist allmählich verglüht,
Mutter betrogen, verraten; ich habe keine Reue empfunden,
und was sie ihm einstmals bot, das sind jetzt tote Er¬
ich fühlte mich niemals so glücklich in meinem Leben als in
innerungen, welke Blumen. In dieser schmerzlichen
jenem Moment, da ich mich von dem armen Mädchen los¬
Erkenntnis beginnt es ihn in seiner Einsamkeit zu
löste!“ Das ruft er Felix zu! Und er staunt, daß sein Sohn
frösteln und eine seltsame Sehnsucht taucht in ihm auf.] sich von ihm abwendet, daß diesem das Wort Vater ein
Die ängstliche Sehnsucht nach seinem Sohne. Denn er leerer Schall ist!... Wir hätten diesen Wahrheits¬
hat einen Sohn.
fanatismus begriffen, wenn Fichtner nach einer tiefen, sitt¬
lichen Läuterung diese Seelenbeichte als Sühne einer
Wie er zu dieser Vaterschaft gekommen? Ja, das
Schuld vollzogen hätte. Aber diesee Egoist fühlt sich frei
war eine böse Geschichte. Fichtner hatte vor Jahren ein
von jeder Schuld! Wie begreiflich wäre es gewesen, wenn
waldfrisches Mädchen, Gabriele, die Braut seines Freundes
Wegerath, kennen gelernt. Gabriele und der Maler, dessen er zu einer Lilge gegriffen hätte, um badurch das Tiefste
Haupt bereits junger Ruhm asonnte, fanden sich rasch, und Menschliche in ihm — das Vatergefühl — sich zu
gaben sich in leidenschaftlicher Selbstvergessenheit einander retten! So meisterhaft auch diese Szene geführt ist, man
hin und just acht Tage, bevor Wegerath seine Braut zum spürt instinktiv die tote Stelle in ihr. — Das Publikum
Altar führen sollte, wollten sie das Weite suchen. Im ist gleichwohl der Novität mit lebhaftestem Interesse
gefolgt und hat den Dichter nach allen Akten wiederholt
letzten Moment erwachte jedoch Fichtner aus seinem
gerufen. Nach dem zweiten und dritten Akt hatten die
Taumel, erwachte zum Bewußtsein der Dinge, die geschehen
waren und die bevorstanden. Sein ganzes Leben wegen Hervorrufe sogar einen stürmischen Charakter. — Die
einer Liebelei verpfuschen? Sich für immer hinden? Die Darstellung trat mit vollster Hingebung für das Werk ein.
Unbekümmertheit seiner Jugend, die Fülle seines Daseins] Frau Triesch als Johanna, Herr Sauer als Sola
hindurch. Sein Sohn wendet sich von ihm. Jetzt ist er
auch als Mensch bankerott. Und nun erst ist es auf seinem
Lebenswege still und einsam für immer.
Das Stück ist eigentlich aus. Schnitzler schien jedoch
seine Grundidee durch dieses eine Beispiel nicht eindringlich
genug illustriert. Er variierte daher sein Hauptmotiv in
zwei anderen Gestalten des Schauspieles. Ebenso wie dem
Maler Fichtner, ist auch dem Dichter Sala Leben und
Kunst zerronnen. In beiden Fällen die gleiche seelische
Struktur. Nur daß Sala überdies mit einem Todeskeime
behaftet ist. Der merlwürdigste Kasus ist aber Johanna,
die Tochter, die wirkliche Tochter Wegeraths, der, nebenbei
bemerkt, Direktor der Akademie der bildenden Künste ist.
Johanna ist Sala und Fichtner ins Weibliche trans¬
poniert. Eine Hysterikerin, die alles Schöne und alles Ge¬
meine im Leben auskosten will. Ein Weib ohne Herz, ohne
Gemüt, aber mit einer glühenden, krankhaft erregten
Phantasie. Darum erscheint ihr Sala als Ideal eines
Mannes. Das ist ja ein schönheitssüchtiger Aesthet, der
auch alle Perversitäten des Lebens aus dem Grunde kennt.
Diesem Manne gibt sie sich willenlos hin. Dann geht sie
ins Wasser. Das Motiv, das sie zum Selbstmorde drängt,
ist nicht recht klar. Man muß, um es zu ergründen,
Zeichendeuterei treiben. Johanna weiß, daß Sala dem
Tode geweiht ist. Sie hat mit ihm in einem flüchtigen
Rausche die Schönheit des Lebens ausgeschlürft. Was kann
ihr das Dasein noch bieten? Sie wirft es von sich.
Was ist der Sinn des Ganzen? Will Schnitzler den
gealierten Don Juan zeigen? Ihn vorführen, wie er aus¬
schaut, wenn seine Lust ausgetobt, wenn er vergebens um
einen Funken echter, ehrlicher Liebe bettelt, und die trost¬
lose Erkenntnis in ihm aufdämmert, daß seine Lebens¬
weisheit zu Schanden geworden? Man darf diese Frage
. Gahspiel des Tefsing=Theaters.
bejahen und dabei dem Stücke noch eine andere Deutung
CTheater an der Wien.)
geben. Dr. Reumann, eine Figur im Schauspiel, sagt:
Zum erster Mal: „Der ei
ame Weg.“ Schauspiel in fünf
Aklen von Arthur Kanill
„Eine Lüge, die sich so stark erwiesen hat, daß sie den
Der Maler Julian Fichtner wandert einsam auf
Frieden eines Hauses tragen kann, ist mindestens so ver¬
seinem Lehenswege dahin. Aber diese Einsamkeit ist mit
ehrungswürdig wie eine Wahrheit, die nichis anderes ver¬
reizenden Liebesepisoden reich durchwoben. Fichtner ist ein
möchte, als das Bild der Vergangenheit zu zerstören, das
feinsinniger, schönheitssüchtiger und gemütsloser Lebens¬
Gefühl der Gegenwart zu trüben und die Betrachtung der
künstler, also kein taumelnder Genußling, der blind¬
Zukunft zu verwirren“. Was hier ausgesprochen wird, is
lings der Lehre des Epikuräers Horaz folgt: Carpe diem!
die Grundidee in Ibsens „Wildente“ und diese Idee leuchtet
Pflücke, was dir der Tag bringt! Er genießt aus dem
auch aus dem „Einsamen Weg“ hervor. Nirgends steht
Vollen, aber mit Bedacht und kluger Auswahl und hält
nämlich Schnitzler so unter dem Banne des nordischen
dabei beide Augen offen, um sich ja nicht zu verlieren. Sich
Dramatikers wie hier. Das ist der Unsegen dieses Werkes.
verlieren — das heißt durch ein Weib für immer
So reich auch dieses Schauspiel an poetischen Schön¬
sich fesseln lassen. Das heißt
heiraten. Davor
heiten ist, so schimmert uns doch eindringlich die fremde
graut es ihm, Wozu heiraten,
so lange es
Ibsensche Rüstung entgegen, die der Dichter trägt. Zunächst
Frauen und Bräute anderer gibt? Die lockt man
in der technischen Struktur. Die Vorgeschichte lastet wuchtig
an sich. Man belügt und betrügt. Dutzendmenschen lassen
auf dem Stücke, erdrückt es und läßt es nicht aus sich selbst
sich hiebei durch moralische Skrupel beirren. Fichtner lacht
heraus frei aufatmen. In jeder bedeutenden Szene springen
über die landläufige Moral. Als vollendeter Individualist
Erinnerungen auf, erwacht Totes, wird Vergangenes und
mordet er Frauenseelen mit der gleichen Unschuld, mit der
Vergessenes aufgerollt. Am tiefsten offenbart die Ibsensche
ein Raubiier das Blut seines Opfers schlürft. Also
Prägung die Gestalt der Johanna, die auch dem
eigentlich ein Don Juan, der in seinen Mußestunden den
Publikum völlig unklar blien. Man muß allerhand mystische
Pinsel führt und Nietzsche liest.
Schleier lüften, bis man den Kern dieses seltsamen
In dieser Weise sind seine besten Mannesjahre dahin¬
Mädchens aufstöbert.
gerauscht. Nun tritt das Alter allgemach an ihn heran,
Den stärksten Einwand weckt aber die große Schlu߬
entfärbt die Haare an seinen Schläfen und stimmt ihn
szene des dritten Artes, in der sich Vater und Sohn
nachdenklich. Was war der Ertrag seines Lebens? Als
gegenüberstehen. Man vergegenwärtige sich die Situation:
Künstler ist er bankerott. Seine vielversprechenden Anlagen
Fichtner will das Herz seines Sohnes erringen. Dieser Sohn
sind nicht aufgegangen. Ebenso wie in der Liebe, fehlte
ist der einzige Halt in seinem lieheleeren Dasein. Und
ihm in der Kunst jene aufopfernde Hingebung, die
gleichwohl diese raffinierte Grausamkeit, mit der er jedes
Großes, Bleibendes schafft. Aber er hat auch als Mensch
kindliche Gefühl in seinem Sohne zerstört! „Ich habe deine
keinen Halt. Die Lust am Weibe ist allmählich verglüht,
Mutter betrogen, verraten; ich habe keine Reue empfunden,
und was sie ihm einstmals bot, das sind jetzt tote Er¬
ich fühlte mich niemals so glücklich in meinem Leben als in
innerungen, welke Blumen. In dieser schmerzlichen
jenem Moment, da ich mich von dem armen Mädchen los¬
Erkenntnis beginnt es ihn in seiner Einsamkeit zu
löste!“ Das ruft er Felix zu! Und er staunt, daß sein Sohn
frösteln und eine seltsame Sehnsucht taucht in ihm auf.] sich von ihm abwendet, daß diesem das Wort Vater ein
Die ängstliche Sehnsucht nach seinem Sohne. Denn er leerer Schall ist!... Wir hätten diesen Wahrheits¬
hat einen Sohn.
fanatismus begriffen, wenn Fichtner nach einer tiefen, sitt¬
lichen Läuterung diese Seelenbeichte als Sühne einer
Wie er zu dieser Vaterschaft gekommen? Ja, das
Schuld vollzogen hätte. Aber diesee Egoist fühlt sich frei
war eine böse Geschichte. Fichtner hatte vor Jahren ein
von jeder Schuld! Wie begreiflich wäre es gewesen, wenn
waldfrisches Mädchen, Gabriele, die Braut seines Freundes
Wegerath, kennen gelernt. Gabriele und der Maler, dessen er zu einer Lilge gegriffen hätte, um badurch das Tiefste
Haupt bereits junger Ruhm asonnte, fanden sich rasch, und Menschliche in ihm — das Vatergefühl — sich zu
gaben sich in leidenschaftlicher Selbstvergessenheit einander retten! So meisterhaft auch diese Szene geführt ist, man
hin und just acht Tage, bevor Wegerath seine Braut zum spürt instinktiv die tote Stelle in ihr. — Das Publikum
Altar führen sollte, wollten sie das Weite suchen. Im ist gleichwohl der Novität mit lebhaftestem Interesse
gefolgt und hat den Dichter nach allen Akten wiederholt
letzten Moment erwachte jedoch Fichtner aus seinem
gerufen. Nach dem zweiten und dritten Akt hatten die
Taumel, erwachte zum Bewußtsein der Dinge, die geschehen
waren und die bevorstanden. Sein ganzes Leben wegen Hervorrufe sogar einen stürmischen Charakter. — Die
einer Liebelei verpfuschen? Sich für immer hinden? Die Darstellung trat mit vollster Hingebung für das Werk ein.
Unbekümmertheit seiner Jugend, die Fülle seines Daseins] Frau Triesch als Johanna, Herr Sauer als Sola