II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 360

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Brahms — einst hieß es Deutsches, jetzt heißt es Lessing¬
wenig wie dem sch
liebe; eine grausige Probe und ein ungeheurer Bühnen¬
theater — zu einem längeren Gastspiele im Theater an der
effekt
mann Fichtner. Trotz
Wien eingezogen. Es war auch gar nicht anders möglich:
Von der heimlichen Sehnsucht, die Kerr einmal als stürmischen Demonst#
nach der überschwenglichen Begeisterung, die voriges Jahr
den Grundzug aller Dramen seines Lieblingspoeten be=s Werke und seinen T
dem kleinen und neuen Theater aus Berlin und die vor
Man hatte den Eindr
zeichnet hat, ist in „Elga“ nichts zu verspüren. Es ist eine
wenigen Wochen den Moskauer Schauspielern entgegen¬
Entladung eine lan
recht gute Dramatisierung, die sich von ähnlichen Arbeiten
gebracht worden war, konnte man nicht gleich wieder die
kundgeben und den
kanderer Nutzdramatiker nur durch eine edlere Sprache,
Fackeln des Enthusiasmus anzünden und in die Fanfaren
der „Einsame Weg“,
durch gelegentlich aufleuchtende schönere Bilder und durch
des lautesten Lobes stoßen. Ein Augenblick der Erschöpfung
„Der Ruf des Leben
Ansätze zu psychologischer Vertiefung unterscheidet. Der
und Abspannung mußte naturnotwendig dem übertriebenen
waren.
Schluß bei Grillpaczer (Oginski entspringt, Starschenski
Jubel folgen, eine Ruhepause unvermeidlich eintreten. Be¬
töket Elgan) scheint mir abschließender und stilgemäßer
Den stärksten, sc
dauerlich wäre es gewesen, wenn das Lessingtheater unter
als Hauptmanns Lösung, in der Elga mit einem: „Ich
und zur Verdrängung
dieser Reaktion zu leiden gehabt hätte. Denn das zugunsten
die hier bekannte und
hasse dich! Ich speie dich an!“ das letzte Wort behält.
Reinhardts so oft totgesagte Theater Brahms zeigt dies¬
Elga war Irene Triesch: klug und fesseind, wie hol m=Aufführung d
mal von neuem alle die Vorzüge, die ihm einst seinen
immer, aber nicht so einheitlich, wie sonst. Den Grafen gab
Fortschritt Otto Brah
Weltruf eingetragen haben. Ihm gehören große Schau¬
[Rittner mit seinem ziemlich unverändert durch die Jahre
mus hinaus, daß er
spielerindividualitäten, wie Bassermann, Sauer, Rittner,
fürs nächste Jahr stat
gehenden Naturburschentum, dessen urwüchsige Naivität bei
Irene Triesch und Else Lehmann, an, was man bei Rein¬
dem leichtgläubigen polnischen Edelmanne gut am Platze
einen ganzen Ibsenzh
##rdt so sehr vermißt; seine Regie ist der Reinhardts ziem¬
war. Auch Reichers trockene Art paßte trefflich zu dem wort¬
1886 geschrieben, heu
lich gleichwertig; nur in der Ausstattung bleibt Brahm
kann, ergreift mit
kargen, treuen Hausverwalter. Wenn der starke Erfolg der
hinter seinem jüngeren Rivalen zurück, da ihm, wie er
ersten Aufführung gleichwohl nicht anhielt, so lag das zu¬
freiem Individualisn
kürzlich wieder erklärt hat, das Wort des Dichters und das
tum die Gemüter wie
meist an den langen Pausen, die sich, des Dekorations¬
Wort des Schauspielers wichtiger seien. Nochmals: es wäre
wechsels halber, zwischen die kurzen, heißatmigen Szenen
Bassermann oder Ire
schade gewesen, wenn Brahm und seine Künstler durch den
einschoben. Schlag=auf=Schlag=Stücke wie Elga kann man
geweihten Ton leid
ratzenjammer der öffentlichen Meinung gelitten hätten.
höheren Dasein anzus
nur auf der Drehbühne spielen. Und den Dramaturgen der
Dem war aber nicht so. Die große Menge der Theater¬
Zukunft bleibt es überhaupt vorbehalten, als wichtigste
völlig unbegreiflich,
besucher läßt sich durch das Urteil der Presse viel weniger
Bedingung so manches Erfolges die möglichste Abkürzung
Rosmer wie den So
beeinflussen, als gemeiniglich augenommen wird. Während
der Pausen miltels Geschwindigkeit und Drehbühne durch¬
eines „fast voll befrie
die gefeierten Russen vor leeren Stühlen spielter, erziesen
zusetzen.
haupt „des eigentliche
die vernachlässigten Deutschen einen Tag wie den anderen
Zur Einleitung wurde vor Elga das erste der drei
Epoche“ erlangen kon
volle Häuser, so daß das Gastspiel bereits verlängert werden
Schnitzlerschen Marionettenspiele, der nachdenkliche „Pup¬
Sprachrohr Deutschla
konnte. Allerdings hat Brahm aus seinem letzten mißglück¬
spenspieler“ gegeben, ein Einakter, der für Wien fast umfangreichen Theate
ten Besuche (im Frühjahr 1904) die richtigen Lehren abge¬
als Novität in Betracht kommen konnte, da er nur ein
tästisch=bizarre Elemen
leitet. Damals hatte er nur drei Stücke mitgebracht, die bis
einzigesmal — vor zwei Jahren in einer Wohltätigkeits¬
dings leicht entflammt
zum Überdrusse gedrehorgelt wurden: die für Wien zu jener
vorstellung des Carltheaters — von Jarno gespielt, aber
„Lieber Meis
Zeit noch neuen „Weber“, bei denen er auf das sozialistische,
Gott mit un
Dreyers „Tal des Lebens“, bei dem er auf das sexuelle,
Puppenspieler“ ist die Geschichte eines Dichters, der nach
Ich geh' selt
und Bahrs „Meister“, bei dem er auf das Moment speku¬
seinem ersten Bühnenerfolge das Theater zu verachten und
doch seh dic
liert hatte, daß Bahr als vielumstrittener Autochthoner
mit wirklichen Menschen zu spielen beginnt. So führt er
laß ich alles
ficherlich starke Anziehungskraft ausüben würde. Er hatte
einen zaghaften jungen Freund und eine liebe junge
stülpe meinen
laufe schleun
Freundin bei einem fröhlichen Feste zusammen. Was er
Heute bietet er dagegen ein abwechslungsreiches Reper¬
spielend einleitet, führt jedoch das Leben zu fruchtbarem
und belege e
koire teils von Stücken, die für Wien neu sind oder, weil
Ernste und Ende. Es vereinigt die beiden „Puppen“ zu
Je ein einziges
lange nicht gespielt, wie neu anmuten, teils von solchen
einer glücklichen, mit einem Kinde gesegneten Ehe, während! maturalistischen Parad
Stücken, die ob ihres spezifisch norddeutschen Charakters von
es den Puppenspieler selber in Heimatlosigkeit, Armut und Hauptmanns „Weber“
einem Wiener Ensemble nie so vollkommen wiedergegeben
Einsamkeit stürzt. Erst nach vielen Jahren kreuzt die zu¬
Der „Biberpe
werden können als von Berlinern.
friedene Familie zufällig den einsamen Weg des Schöpfers
gegeben, damit sich
Neuheiten waren für Wien bisher Gerhart Haupt¬
ihres Glückes, der nun obendrein noch hören muß, daß die
Wallnertheaters, dere
manns „Elga“ und Schnitzlers „Einsamer Weg“,
junge Freunoin damals ihn geliebt habe und ihm so
sind (Regine, Hanne,
zwei Werke, die nach ihrer Berlistek kranfführung und bei
gern ein friedliches Heim bereitet hätte....
perament ziemlich kon
ihrem Erscheinen im Buchhandel (Verlag S. Fischer)
Albert Bassermann, nach wie vor seit Mitter¬
zeigen konnte. Gleiche
ausführlich (auch im Tagesboten) gewürdigt worden sind. wurzer der blutvollste und geistigste Schauspieler Deutsch¬
dessen Domäne die
Von „Elga“ könnte gelten, was seinerzeit von „Schluck
lands, vermochte aus diesem fragwürdigen Lebenskünstler
zieller Konvention“
und Jau“ gesagt wurde: man hätte es höchstens in Haupt¬
eine vom schmerzlichen Zauber entsagender Einsamkeit
schen Amtsvorsteher A
manns Nachlaß finden dürfen. Freilich wird Brahm das
wundersam umwehte, unvergeßliche Gestalt zu bilden.
zurufen.
Werk seinem Hausdichter wohl abgenötigt haben. Denn seit
Wie eine Fortsetzung dieser Figur erschien Bassermanns
Hingegen wurde
seinem Geburtsjahre (1894) war das deutsche Theater ge¬
Sala in der zweiten Novität des Lessingtheaters, im „Ein¬
listischen, überhumanen
wohnt, sein Saisonereignis von Hauptmann zu erhalten.
ssamen Weg“, sowie dieses Drama selbst eine weitere
nur für und von Ba
Nach „Rose Bernd“ aber stockte es plötzlich, und da werden
Ausführung des Grundgedankens im Puppenspieler sein
schließlich durch ihn
sie den Dichter so lange gequält haben, bis er aus seinem
mag. Dieser Grundgedanke besagt, daß der Mensch, der sein
Bassermann, mit ger
Schreibtisch diese, nach seiner eigenen Angabe 1896 geschrie¬ Leben lang niemandem aus ganzem Herzen angehört und
unser Kainz, stattet je
bene, ganz skizzenhaft rohe Dramatisierung der Grillparzer¬
mit dem Schicksal der andern immer nur gespielt hat, seinen
Geist auch mit einem
schen Novelle vom Kloster zu Sendomir hervorsuchte. (Daß
verkehrten Egoismus mit schrecklicher Verlassenheit im Alt¬
der kühlere Kainz —
die Veröffentlichung früher erfolgte als die Aufführung,
werden und Sterben büßen müsse, besagt, daß der einsame
imstande ist.
war gewiß literarischer Takt.) Es sind fünf mehr hinge¬
Weg ein Irrweg sei. Außer an Sala wird die These, daß
Schon bei „Trau
wischte als ausgeführte Szenen, die wie „Hannele“ in den
alle Lebensspieler bankrott werden, auch an dem zweiten
übrigen Mitwirkenden
Rahmen eines Traumes gesteckt sind.
Helden des Stückes, Julian Fichtner, bewiesen. Von der
Bös aber ist eine Vorst
Szene 1: In dem Grafen Starschenski wird durch
Schauspielerin Irene, die ihn geliebt hat, riß Julian sich
nur anspruchsloseren
seinen Hausverwalter Timoska der Verdacht erweckt, daß
einst los und verführte die Braut seines Freundes Wegrath.
Martersteig rügt in d
hn sein Weib Elga betrüge.
Weil er sich aber nicht binden wollte, ließ er auch dieses
verwerfliche Praxis B
Szene 2: Elga und ihr Geliebter, der Vetter Oginski,
Glück im Stich. So geschah es, daß der ahnungslose Weg¬
Stücke später mit Bes
werden vom betrogenen Gatten beinahe überrascht; doch
rath die Verführte heiratete und den Sohn Julians für
geschäftlich auszubeuter
entkommt Oginski unerkannt.
sein eigenes Kind hielt. Jetzt. da Julian alt geworden ist,
zu biet n, in denen der
Szene 3: Elga redet ihrem Mann ein, der nächtliche
möchte er seinen Lebensabend durch einen liebenden Sohn
eines rünstlerischen Ge
Besuch habe einem Kammermädchen gegolten. Gleich darauf
verschönern und enthüllt dem jungen Wegrath das Geheim¬
bart“, und nennt diese
findet Starschensl im Schmuckkästchen seiner Frau ein
nis seiner Geburt. Der aber weist ihm die Tür. Und ebenso
Ruhn des Theaters
Medaillonbild Oginskis, dem sein (des Grafen) zwei¬
rücksichtslos handelt der Jüngling, als ihm bekannt wird,
kums lugenscheinlich
jähriges Töchterchen verblüffend ähnlich sieht.
daß der andere Held, Sala, seine Schwester Johanna ver¬
guten genschaften
Szei; 4: Starschenski ladet den Vetter aufs Schloß
führt und so indirekt ihren Selbstwerd verursacht hat. Er
auch di
schon litera
ein, bewegt ihn zui Geständnis und läßt ihn erdrosseln.
entdeckt dem ahnungslosen Sala, daß er, Sala, schwer herz¬
seiner T hnik nicht ##
Szene 5, wohl Ursprung und Zeitpunkt der ganzen leidend sei und nur mehr wenige Wochen zu leben habe.
Weberaufführung hat
Dramatisierung: Elga, vom Grafen in das abgelegen: Auf dem Theater zerflattert dieses typische Lesedrama, Vorstellung beigebrachts