II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 381

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* Artur Schnitzlers Schauspiel „Der ein¬
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efstenmal Mitte Februar in Szene. Ende des
kömmenden Monats findet auf dieser Hofbühne die
ärste Aufführung des dreigtligen Lustspiels
„Vagabundierende Stöme“ von Berg¬
ström und Larsen statt.
Werstätenhrogromm Des Develcen
(Gselimang- Frertiuthblatt, Wien
Husscmitt aus:
-BFER1974
vom
DIx
Ehenter und Bunst.
Aus der Theaterwelt.
(Zur bevorstehenden Erstaufführung von Schnitzlers Schauspiel „Der
f des Stückts in
einsame Weg“ im Burgtheater. —
Bern¬
Berlin und Wien. — Beziehungen zu „Profes
bardi“. — Von den Schnitzler=Förderern unter der Theaterdirektion:
Otto Brahm und Max Eugen Burckhard. — Hermann Bahrs
jüngste Gabe. — Von Stücken mit künstlichen Füßen.]
Die nächste Neuheit des Burgtheaters, Artur Schnitzlers
Schauspiel „Der einsame Weg“ ist wieder einmal ein Wiener Stück.
Nicht etwa, weil es in unserer Stadt spielt, ungefähr in der Gegend,
in der sich der Dichter nunmehr angekauft hat, im ver#estlicher
Villenviertel Wiens. Das ist Zufall; auch daß die Personen Kinder
des Donaustrandes sind, daß sie unter uns leben könnten, macht des
Wienertum der Dichtung nicht aus. Schließlich hebt sie ihr starts
Menschentum über Stadt= und Landesgrenzen weit hinweg. Aber daß
das Schauspiel hier zum ersten Male ein Publikum ins Herz
troffen, daß es in den Mauern dieser Stadt den Widerhall seiner
Idee gesunden und somit seine Bestimmung, seinen Beruf ent¬
deckt hat, das macht Wien zur Heimat des Stückes. Man wird
sich vielleicht noch der merkwürdigen Schicksale dieses Gemihler¬
Dramas erinnern. In Berlin 1904, auf der Bühne Otto Brahms,
erblickte es das Rampenlicht. Der Abend gestaltete sich sehr bewegt.
Am Schlusse des vierten Aktes, bei einer siummen Szene, schauerlich
und nervenrüttelnd — ein unglückliches junges Mädchen sieht vor
dem unheimlichen Teich, in dem es sein Grab findet — lächelten die
Berliner. Nein, sie wollten justament nicht mit ins Wasser springen,
sie wollten sich überhaupt die Souperstimmung nicht verderben lassen.
Der letzte Akt konnte nach diesem Effekt an dem Schicksal des Schau¬
spiels nicht mehr viel ändern. Allerdings gab's am Tag nach der
Premiere — es war ein Sonntag — eine Ueberraschung: Um die
Mittagsstunde erschien nämlich Dr. Brahm bei dem Wiener Dichter
im Hotel, um ihm einen Zettel zu übergeben. Es war der Kassen¬
ropport.
„Was sagen Sie dazu, lieber Freund,“ rief der Direktor aus,
„wir sind fur heute abends ausverkauft! Im Stück muß does irgend
etwas besonderes stecken, das die Leute mächtig anzieht und — das
wir noch nicht kennen!"
Der Dichter freute sich dieser Eröffnung. Aber als ständiges
Repertoirestück konnte sich das Schauspiel in Berlin nicht behäupten.
Anders, wie gesagt, war seine Aufnahme in Wien. Natürlich nicht im
Burgtheater. Denn der damalige Direktor Dr. Paul Schlenther „flog“
nicht auf den „Einsamen Weg“. Er hatte das Werk nicht annehmen
wollen. Dafür aber kam Brahm damit nach Wien. Während eines
Gastspieles seiner Truppe im Theater an der Wien feierte
es seine hiesige Premiere. Und der Erfolg war einer der stärksten, der
jemals einer Dichtung Schnitzlers beschieden war. Das Publikum, von
allem Anfang warm und willig, wurde zum Schluß begeistert. Und
diese Darstellung! Rittner hatte sich seit der Berliner Premiere aller¬
dings von der Bühne zurückgezogen und gab nicht mehr den Julian
Fichtner — aber die übrige Besetzung war geblieben: Bassermann
gab den Sala, Sauer den Professor Wegrath, die Pauly

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gabe der Entwicklung wurde zu weit führen. Es genüge der Hinweis,
daß Schnitzler den „Einsamen Weg“ im ersten Entwurfe in Aerzte¬
kreisen ha##e spielen lassen. Von den Medizinern, die das Stück früher
beherrschten, ist allerdings nur eine einzige Figur geblieben, der Doktor
Feumann, und auch der ist nahezu zu einer Episodenerscheinung ge¬
worden. Besonders kennzeichnend für den Ideenkreis, dem das Schauspie!
entsprungen ist, mag die Tatsache sein, daß Schnitzler dieses und die
Spitalskomödie „Letzte Masken“ an ein= und demselben Nachmittag
entworfen hat. Es war während einer Fahrt auf einem italienischen
See, bei Le Prese nämlich. Der Dichter selbst hat erst kürzlich von
diesem eigentümlichen Zusammentreffen erzählt.
Direktor Brahm war Zeit seines Lebens siolz darauf, jenes
Schauspiel Schnitzlers — das seither in Deutschland als eines seiner
kraft= und gehaltvollsten gilt, wenn ihm auch bis nun keine besondere
Theaterkarriere beschieden war — aus Bühnenlicht gebracht zu haben.
Seinerzeit leitete Regisseur Lessing in Berlin die Inszenierung von
„Der einsame Weg“. Aber so eigentlich war doch Dr. Brahm der
spiritus rector des Ganzen. Viele Autoren, nicht nur Schnitzler,
haben sich jetzt und in früherer Zeit mit der Frage beschäftigt, auf
welche Art eigentlich dieser Direktor seinen starken Willen,
seine Verstandesüberzeugung, seine Empfindung — und zwar bis in
die feinsten Ausläufer — seinen Herz= und Pulsschlag auf sein
Ensemble übertragen hat. Von äußerlichen Mitteln, die er hiezu ange¬
wendet hätte, nahm man sonst nichts wahr, Dr. Brahm saß
während der Proben stumm im Parkett — daß er mitten in einem
Akte den Dialog unterbrochen hätte, kam fast nie vor. Nur wenn ein
Aufzug beendet war, eilte er auf die Bühne, zon ein paar Zettel mit
Bleistiftnotizen aus der Tasche, nahm die einzelnen Darsteller zur
Seite und sprach mit ihnen ein paar Worte, doch so leise, daß sie
gerade nur immer der hören konnte, den sie angingen. Das war
aber auch alles. Dann lief er wieder ins Parkett und er wurde
stummer Zuschauer. Und wenn dann alles fertig war, trug es doch
nur das Antlitz Otto Brahms. Seine geistige Gegenwart hatte die
Darsteller bei ihrem Schaffen beherrscht. Das war mehr als seine
Worte vermochten. Sie kannten seine Gedanken und suchten sie aus¬
zuleben und seine körperliche Gegenwart war nur geeignet, die Kräfte
der Darsteller nach diesem Ziele hin zu konzentrieren.
Ob das Problem der Willensübertragung auf dem Gebiete des
Theaters, sei es Bühne, sei es Zuschauerraum, jemals sich wird er¬
schöpfen lassen? Jede stärkere Natur, zum Dirigieren geboren, glaubt
sich in dem Besitze jener geheimnisvollen Macht, die Massen indirekt
oder gar direkt zu bezwingen. Max Burckhard, der ehemalige
Direktor unseres Burgtheaters zum Beispiel, war von der Ueberzeugung
durchdrungen, bei Premieren durch eine Art Fluidum, das von seiner
Person aus auf das Parkettpublikum übergeht, den Leuten seinen
Willen aufzwingen zu können. So erzählt ein klassischer Zeuge,
nämlich Hermann Bahr, in einem der entzückendsten öster¬
reichischen Bücher, die in den letzten Jahren geschrieben worden
sind. Es nennt sich: „Erinnerungen an Burckhard“. Ein Büchlein,
indiskret bis zur Naivität und keck, aber so geistreich, daß man sich
alles gefallen läßt. So erklärt uns Bahr u. a., warum Burckhard
niemals die Direktionsloge benützt hat, sondern immer mitten unterm
Publikum, im Parkett des Burgtheaters gesessen ist. Namentlich bei
Premieren. Vergeblich hatten ihn der Intendant Baron Bezecny
gebeten, traditionsgemäß so wie Wilbrandt und alle Vorgänger in der