II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 415

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18. Der einsane Neg
Twuchenangaee oaue ewahr.)
Wien
Die Wage.
Husschnitt aus:
2L FEBRURE 1917
vom.
Theater, Kunst und Musik.
Buygtheater. 19. Februar. Zum ersten Male: „Der einsame Weg.“ Schau¬
spiel in fünf Akten von Arthur Schnitzler.
Einsam werden sie alle, die der Ruf des Lebens in weite Fernen gelockt
hatf Nichts hält sie, nichts kann sie halten, das eigene und die fremden
Menschenschicksale zertreten und vernichten sie, und stehen sie dann und bli## en
zurück, so sehen sie schaudernd, was hinter ihnen liegt, was sie verabsäumt,
verfehlt haben. Und trotz des fröstelnden Gefühls der Vereinsamung könnten
sie, kämen sie noch einmal zur Welt, wieder nicht anders. Einsame Wege gehen
alle in diesem feinen, seltsamen Stück voll zarter Stimmungen. Einsam ist
Julian Fichtner sein ganzes Leben gewesen, dieser gottbegnadete Künstler, der
zu feige war, die Konsequenzen zu ziehen und Gabriele an dem Tage ver¬
lassen hat, wo sie zusammen für immer ins Leben hinans wollten. Sie trat
mit einer Lüge auf den Lippen mit dem braven Malprofessor Wegrath vor den
Altar und is ihr ganzes Leben einsam geblieben. Felix, ihr Erstgeborener, ist
Julians Sohn. Einsam ist auch ihre Tochter Johanna, in der der Ruf des
Lebens besonders stark ertönt. Drum rückt sie von der sterbenskranken Mutter
umsomehr ab, je mehr sich diese dem Tode nähert. Der Einsamste vielleicht ist
Stephan v. Sala, der Asthet und Lebenskünstler, dieser Egoist des Gefühls
und des Genusses. Er will mit einer Expedition nach Asien, das alte Baktrien
auszugraben. Aber sein krankes Herz macht ihm einen Strich durch die Rechnung.
Er wird diese Expedition nicht antreten. Johannas Selbstmord drückt ihm
die Pistole in die Hand. Sie fühlt, sie war ihm nur ein Erlebnis, vielleicht
ein starkes, schönes Erlebnis, aber nicht mehr. Und das treibt sie in den Tod.
Julian Fichtner hat Felix alles eröffnet und will ihn an sich ziehen. Aber er
muß seinen Weg allein weitergehen, da Felix nur den einsam gewordenen
Wegrath als Vater betrachtet. Ein wundervoller Stimmungsgehalt liegt über
dem Stück, der durch die Regie Max Devrients gefördert wurde, den aber
leider das jede Stimmung ertötende Haus stark beeinträchtigte. Von der Dar¬
stellung ragte Frau Bleibtren als alternde Schauspielerin durch ihre warme,
lebendige Menschlichkeit weitaus hervor. Sie traf prachtvoll den Ton, halb
Resignation, halb Humor, mit der sie ihr einsames Schicksal trägt, auch sie
eine, die Fichtner einst auf seinem Wege zurückgelassen hat. Herr Devrient als
Fichtner, war wohl zu wenig der geniale Herrenmensch und vor allem zu
norddeutsch. Dasselbe läßt sich wider Harry Waldens famosen Sala einwenden,
der oft zu preußisch=schneidig wirkte. Dieser Mann darf nicht kaustischen Witz,
sondern nur leisen, müden Humor haben. Sympathisch wirkte Paulsens
schlichte Vornehmheit in der Rolle des Wegrath und Gerasch als Felix kam
sein lyrisches Naturell diesmal sehr zustatten. Frl. Wohlgemuth als Johanna
war, wie immer in modernen Stücken, zu heroinenhaft, ihre Marmorkälte ließ
den menschlichen Gehalt der Rolle nicht zur Entfaltung kommen, wogegen
Frau Häberle als Gabriele rührend und ergreifend wirkte. Recht farblos war
E. Kr.
Herr Herterich in der kleinen Partie des Arztes.
Husschnitt aus:
Tene Wiener Jonrnal Wien
vom:
rihi
Theater und Kunst.
e

Hinter den Kulissen.
(Die Premieren=Verstimmung.Die Rolle Harry Waldens. — Die
Die grauen
Der (schlägfertige Treßler.
Aufteilung der Agenden.
Haare. — Ein Operetsenfrieg. — Nichts zum Einnehmen.)
Im Burgtheuley (werden jedes Jahr durchschnittlich etwa
sechs bis acht Noyitäten aufgeführt, und ungefähr sechs= bis
achtmal im Jahre gibt es Verstimmungen wegen der Rollen¬
besetzung. Eine Premiere und eine kleine Unzufriedenheit, das
sind Ereignisse, die stets nebeneinander einhergehen. Daher ist
man nicht weiter erstaunt, wenn man vernimmt, daß auch
Schnitzlers „Einsamer Weg“ zu einer Verstimmung führte, bei
der diesmal die Herren Devrient und Treßler beteiligt sind.
Beide hatten ihr Augenmerk auf eine Rolle gerichtet, die Herr
Walden spielte, sowohl Devrient, dem eine andere tragende
Rolle in dem Stücke zugewiesen wurde, als auch Herr
Treßler, der diesmal leer ausging. Sie ließen es an
allerlei Winken und Andeutungen nicht fehlen, aber Schnitzler
sowie Thimig entschieden sich schließlich für Walden und dabei
blieb es, trotz der mißmutigen Mienen der zwei schmollenden An¬
wärter. So spielte denn Herr Devrient die ihm ursprünglich
übertragene Rolle und Herr Treßler — vertrat den Dichter. Das
Schicksal hatte nämlich ein Einsehen und fügte es, daß Herr
Treßler gerade am Abend der Premiere die Aufgabe des dienst¬
habenden Regisseurs zu erfüllen hatte: er mußte für den Dichter
vor den Vorhang treten und in dessen Namen die stereotypen
Worte sprechen:
„Ich habe die Ehre, im Namen des Herrn Artur Schnitzler
den Dank auszusprechen.“
Diese Rolle erscheint auf den ersten Blick kinderleicht, aber
wenn man die Umstände erwägt, unter denen der erwähnte lapi¬
dare Satz gesprochen wird, dürfte man es begreiflich finden, daß
mancher Regisseur von Lampenfieber geschüttelt wird und bereit
ist, Tieber die schwerste Rolle zu spielen, als die traditionelle
Dankformel aufzusagen. Der Regisseur, dem die Rolle des Autorsk
zufällt, muß vom Beginn der Vorstellung an im Frack, mits
weißer Krawatte und weißen Handschuhen hinter den Kulissen.
lauern, die Stimmung des Publikums prüfen, den Beifall nach
Stärke und Dauer einschätzen und im geeigneten Augenblick un¬
geschminkt vor der Rampe erscheinen, um den Dank des Dichters
abzustatten. Man darf es daher Herrn Treßler aufs Wort glauben,
wenn er nach Schluß der Vorstellung erklärte, er hätte lieber die
Rolle Harry Waldens als die des Danksagers gespielt.
Ebenso recht hatte Herr Treßler, als er jüngst eine Kollegin,
abfertigte, die ihn wegen seiner Haarfarbe interpellierte. Herrn
Treßlers Haupthaar hat nämlich im Laufe der Zeiten eine
Wandlung durchgemacht, über die der Künstler nicht unmutig zu
sein braucht. Seine blonden Loken sind allmählich ganz grauf
geworden, stehen ihm aber zumindest so gut zu Gesicht wie der
Haarschmuck der Jugendzeit. Ver Herrn Treßler schon längere
Zeit nicht gesehen hat, mag freilich verwundert sein, und eine
nicht mehr ganz jugendliche Künstlerin, die ihn auf dem
Concordiaball traf, konnte dem auch ihre Verwunderung nicht
unterdrücken und rief:
Aber Treüler Sie h#b## i# aaur au##. Gaann gokriegtss