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13. Der einsane Neg
22. Februar 1914
Fremden-Blatt.
Wien, Sonntag
Seite 16
Ofsalen. Es nar wie das Wiedeschen mit einen alten Frei. de.
—
Wissen Sie, ich habe ein Buch zu Hause, da steht jedes Wort Ihrer
gegen ihre eigene Mutter. Der Maler Fichtner, der seine „Freiheit“
Predigt drin.“ „Unmöglich,“ erklärte der Prediger etwas ärgerlich.
retten wollte, die Schauspielerin Irene ... alle.
„Doch, doch!“ wiederholte Mark Twain, worauf der Prediger kopf¬
Dieses Stück spielt im Herbst. Die Welt leuchtet noch einmal
schüttelnd bat, ihm doch dieses Buch einmal zur Ansicht zu schicken,
feuriger, farbiger, lockender auf, ehe sich die weiße Starrheit des
die Sache sei ihm rätselhaft. „Sie sollen es haben, versprach Mark
Winters auf sie herabsenkt. Und alle Menschen dieses Stückes stehen
Twain und schickte am nächsten Morgen feinem geistlichtn Freunde
im Herbst ihres Daseins. Ihre Erinnerungen leuchten auf. Der Sinn
und die Frucht ihres Lebens erfüllt sich, ehe alles zu Ende geht.
einen stattlichen Band — ein Lexikon. ..
Cinst, in ihrem Frühling, haben sie alle sich sehr wichtig genommen,
R
S
haben das Wunder ihrer Persönlichkeit inbrünstig verehrt und sich
gescheut, dies Wunder mit anderen Menschen zu teilen, mit anderen
zu verknüpfen. Der Herr v. Sala hat nie die Kraft gehabt, anderes,
fremdes Leben an seiner Seite zu nähren. So starb ihm Frau und
KAUTMAUSET
A. HEREMANSKT
Kind. So stirbt ihm jetzt Johanna, die ihn krank und dem nahen Tod
Wien, VII., Mariahilferstraße 26 u. Stiftgasse 1, 3, 5, 7. 40371
verfallen weiß. Der Maler Fichtner, der ein junges Mädchen, das sich
In allen Abteilungen
ihm hingab, fluchtartig verließ, um seine Persönlichkeit zu bewahren,
Inventur-Okkasionsverkauf!
um sich nicht zu „binden“, hätte sich auch des höchsten Preises für
Anläblich der staltgehabten Inventur Undet lien Ableilungen der Verkauf ganz bedeutend
wert gehalten, wenn dieses Mädchen den höchsten Preis für ihr Unglück
im Preise herabgesotzter Waren nur gutel bis bester Qualität und Ausführung statt.
gezahlt und sich getötet hätte. Welchen Preises hätten sich diese Menschen
Trreenere
S
auch nicht für wert gehalten? Einst, in ihrer Jugend. Aber nun sie
100
altern, stehen sie ganz allein, sind allesamt Bankrotteure ihres hoch¬
mütigen Lebensdranges, ihres versnobten Glaubens an die Einsamkeit,
Reiche der Frau.
die eben ganz anders aussieht, wenn man fünfundzwanzig und wenn
Aus dem
man fünfzig Jahre alt ist.
(Die hungrige Maske.) Als der Dauphin, Vater
Dieses Stück wird bleiben. Denn der Inhalt einer bedeutsamen
Ludwig XVI., im Jahre 1747 mit der sächsischen Prinzessir Maria
Zeit ist darin aufbewahrt. Es wird bleiben, denn es enthält das Ver¬
Josefa, Tochter Friedrich August III., vermählt wurde, fand, so
mächtnis einer Generation, die der Literatur viele große und wichtige
erzählt man uns, neben vielen anderen Festlichkeiten auch ein Maskenball
Schönheitswerte gegeben hat. Es wird Zeugnis dafür ablegen, daß es
bei Hofe statt. Man durfte nur eine Eintrittskarte vorweisen, um zu¬
zwar herrlich gewesen ist, wie immer, in dieser Welt zu leben, daß es
gekassen zu werden; jedes Zeremoniell war aufgehoben. Beäugstigend
aber auch ganz und gar nicht leicht war, in einer Zeit zu existieren,
war der Andrang zu den Büffetts, die man in einem eigenen Soale
in der die Gefühle der Freundschaft und der Liebe verschüchtert und
aufgestellt und auf das reichlichste mit Speisen und Getränken aus¬
dürftig und knauserig gewesen und voll ängstlicher Sparsamkeit und
gestattet hatte. Bald begann eine große Maske in gelbem Domino
ganz ohne die Noblesse unbekümmert froher Geberlaune. In einer Zeit,
aufzufallen, die alle Augenblicke kam und unter den Schüsseln eine
in der die Empfindung von rechnerischer Bedenklichkeit, von Scham
wahre Verheerung anrichtete. Pasteten und Zuckerwerk verschwanden
und Selbstüberschätzung so eng umschnürt war, daß einem manchmal
wie durch Zauber, und die ausgesuchten Weine, die teuren Liköre
der Atem verging. Es war eine Zeit, die sehr viel, vielleicht zu viel
strömten ihnen nach. Die Bedienten konnten nicht schuell genug herbei¬
vom Tod sprach. Aber sie hatte das Wort vergessen, das, sonderbar
schaffen, um die Breschen wieder auszufüllen. Man begriff nicht, wie
genug, von Oskar Wilde stammt, obwohl gerade er bei dieser Zeit
eine einzige Person nach kurzer Abwesenheit mit gesteigerter Eßlust
zu Gevatter gestanden: „Das Geheimnis der Liebe ist größer als das
zurückkehren mochte. Man redete von nichts anderem, und sogar der
Geheimnis des Todes.“
König erfuhr von der merkwürdigen Erscheinung. Längere Zeit belustigte
er sich, dem unstillbaren Hunger der großen Maske zuzusehen. Endlich
Allerlei.
gab er Befehl, ihr beim Abgehen zu folgen. Nun stellte es sich heraus.
daß es die hundert Schweizergarden waren, von denen einer eine Karte
(Eine kleine Revolution in der Herrenmode?) Man
besaß, die er nebst seinem gelben Domino der Reihe nach den
schreibt der „Frkft. Ztg.“: Die abenteuerlichsten Gerüchte dringen aus
Kameraden borgte, damit sie sich am Büffett stärkten.
Amerika zu uns herüber, und wenn es nicht große Schneider wären,
die es uns versichern, so würden wir vielleicht nicht glauben, daß das
(Von einer sonderbaren Karnevalsfeier) erzählt der
Beinkleid des Herrn im nächsten Sommer schon bis zur Mitte der
„Piccolo". „Das 16. Jahrhundert, liest man da, „bedeuteke für
Wade geschlitzt sein soll. Diese Aenderung wäre an und für sich
Italien, vor allem für Rom, eine Periode des raffiniertesten Luxus
garnicht so bedeutungsvoll und sonderbar, wenn wir nicht durch die
und der größten Seltsamkeiten. Während des Karnevals von 1519
lange Tradition daran gewöhnt wären, daß sich an der Herrentracht
lub einmal Lorenzo Strozzi die Kardinäle Rossi, Ridolfi, Cybo und
garnichts, absolut garnichts, ändert. Denn, ob die Ecke der Jacke
Salviati zum Essen ein. An der Tür des Palastes wurden die vier
rund oder spitz ist, ob sie zwei oder drei Knöpfe besitzt, ob die
Kirchenfürsten von dem Gastgeber selbst erwartet; in der Hand hielt
Rückennähte etwas weiter oder enger gehalten sind, ob das Beinkleid
er ein Lichtstümpfchen, mit dem er ihnen voranleuchtete, als er sie
ein wenig enger oder weiter ist — das sind doch schließlich Dinge,
über eine gefährliche Wendeltreppe mit ausgetretenen, seuchten Treppen¬
die man nicht ernstlich als Aenderungen bezeichnen kann. Und auch
stufen zum Feste führte. Nachdem man diese Treppe mühsam erklommen
die kleinen Abstufungen der Farbe sind höchst schwächlich und eintönig.
hatte, hob Strozzi einen schwarzen Vorhang, auf den ein großes
Das geschlitzte Beinkleid wäre wenigstens eine kleine Neuigkeit,
weißes Sargkreuz gezeichnet war, weg und führte die Kardinäle in
obgleich wir wohl mit Recht daran zweifeln, daß diese Mode
einen kleinen, schwarz ausgeschlagenen Saal, in dessen vier Ecken je
Für die
ein Skelett stand; brennende Lichtstümpfchen bildeten die Augen der
die deutschen Männerherzen in Begeisterung versetzt.
versammelten Männertracht¬
vier Gerippe. In der Mitte des Saales stand ein kleiner Tisch mit
in verschiedenen Vereinigungen
reformer bedeutet die neue Meldung insofern entschieden
einer schwarzen Decke; auf dem Tisch stand eine Holzschüssel mit
Schenkelknochen, Schienbeinen, Schädelknochen und anderen angenehmen
einen Vorteil, daß ihre Bestrebungen in erster Linie darauf hinaus¬
Dingen; neben dieser Schüssel sah man fünf Holztassen mit Wein.
laufen, das lange Beinkleid in ein kurzes umzuwandeln. Um zu einer
vernünftigen und schönen Männertracht zu kommen, wäre es wirklich
Strozzi wies auf die unheimliche Schüssel und sprach: „Meine Herren,
nicht nötig, auf sonderbare Moden amerikanischen Geistes zu warten.
bedienen sie sich, dann wollen wir speisen gehen.“ Keiner von den
Obgleich es allerdings beinahe so ausfieht, als ob die deutschen
Kardinälen rührte sich vom Platze und es trat eine peinliche Stille
ein. Nun öffnete der Gastgeber die Totenköpfe und zerbrach die Schien¬
Schneider vollständig auf einem toten Punkt angelangt sind und nur
dann schüchterne Neuerungen annehmen, wenn ausländische Köpfe sie
beine und die Schenkelknochen: alles war mit ausgezeichnet zubereitetem
sich ausgedacht haben ... Der alte schöne freie Schillerkragen, den
Geflügel gefüllt. Nun wurde ein zweiter Vorbang zurückgeschlagen und
wir im vorigen Jahre tragen durften. hat sein Auferstehen auch dem
es zeigte sich ein herrlich beleuchteter, prächtiger Salon. Die Decke
stellte das Himmelsgewölbe mit Tausenden von Sternen dar. Wunderbare
Auslande zu verdanken, deshalb heißt er auch so schön französisch
Düfte erfüllten die Luft und aus der Ferne kam eine leise, liebliche
„Robespierre=Kragen“. In Wirklichkeit haben ihn früher ebensogut
Deutsche und Franzosen getragen. Ohne eine Revolution auf dem
Musik. Man ging zu Tisch, und es wurden auf großen ziselierten
Gebiete der Herrenmode würde eine praktische und schöne Tracht mög¬
Goldplatten köstliche Gerichte aufgetragen. Während des Essens wurden
Fen und das
zu einer etwas weniger steifen
K
13. Der einsane Neg
22. Februar 1914
Fremden-Blatt.
Wien, Sonntag
Seite 16
Ofsalen. Es nar wie das Wiedeschen mit einen alten Frei. de.
—
Wissen Sie, ich habe ein Buch zu Hause, da steht jedes Wort Ihrer
gegen ihre eigene Mutter. Der Maler Fichtner, der seine „Freiheit“
Predigt drin.“ „Unmöglich,“ erklärte der Prediger etwas ärgerlich.
retten wollte, die Schauspielerin Irene ... alle.
„Doch, doch!“ wiederholte Mark Twain, worauf der Prediger kopf¬
Dieses Stück spielt im Herbst. Die Welt leuchtet noch einmal
schüttelnd bat, ihm doch dieses Buch einmal zur Ansicht zu schicken,
feuriger, farbiger, lockender auf, ehe sich die weiße Starrheit des
die Sache sei ihm rätselhaft. „Sie sollen es haben, versprach Mark
Winters auf sie herabsenkt. Und alle Menschen dieses Stückes stehen
Twain und schickte am nächsten Morgen feinem geistlichtn Freunde
im Herbst ihres Daseins. Ihre Erinnerungen leuchten auf. Der Sinn
und die Frucht ihres Lebens erfüllt sich, ehe alles zu Ende geht.
einen stattlichen Band — ein Lexikon. ..
Cinst, in ihrem Frühling, haben sie alle sich sehr wichtig genommen,
R
S
haben das Wunder ihrer Persönlichkeit inbrünstig verehrt und sich
gescheut, dies Wunder mit anderen Menschen zu teilen, mit anderen
zu verknüpfen. Der Herr v. Sala hat nie die Kraft gehabt, anderes,
fremdes Leben an seiner Seite zu nähren. So starb ihm Frau und
KAUTMAUSET
A. HEREMANSKT
Kind. So stirbt ihm jetzt Johanna, die ihn krank und dem nahen Tod
Wien, VII., Mariahilferstraße 26 u. Stiftgasse 1, 3, 5, 7. 40371
verfallen weiß. Der Maler Fichtner, der ein junges Mädchen, das sich
In allen Abteilungen
ihm hingab, fluchtartig verließ, um seine Persönlichkeit zu bewahren,
Inventur-Okkasionsverkauf!
um sich nicht zu „binden“, hätte sich auch des höchsten Preises für
Anläblich der staltgehabten Inventur Undet lien Ableilungen der Verkauf ganz bedeutend
wert gehalten, wenn dieses Mädchen den höchsten Preis für ihr Unglück
im Preise herabgesotzter Waren nur gutel bis bester Qualität und Ausführung statt.
gezahlt und sich getötet hätte. Welchen Preises hätten sich diese Menschen
Trreenere
S
auch nicht für wert gehalten? Einst, in ihrer Jugend. Aber nun sie
100
altern, stehen sie ganz allein, sind allesamt Bankrotteure ihres hoch¬
mütigen Lebensdranges, ihres versnobten Glaubens an die Einsamkeit,
Reiche der Frau.
die eben ganz anders aussieht, wenn man fünfundzwanzig und wenn
Aus dem
man fünfzig Jahre alt ist.
(Die hungrige Maske.) Als der Dauphin, Vater
Dieses Stück wird bleiben. Denn der Inhalt einer bedeutsamen
Ludwig XVI., im Jahre 1747 mit der sächsischen Prinzessir Maria
Zeit ist darin aufbewahrt. Es wird bleiben, denn es enthält das Ver¬
Josefa, Tochter Friedrich August III., vermählt wurde, fand, so
mächtnis einer Generation, die der Literatur viele große und wichtige
erzählt man uns, neben vielen anderen Festlichkeiten auch ein Maskenball
Schönheitswerte gegeben hat. Es wird Zeugnis dafür ablegen, daß es
bei Hofe statt. Man durfte nur eine Eintrittskarte vorweisen, um zu¬
zwar herrlich gewesen ist, wie immer, in dieser Welt zu leben, daß es
gekassen zu werden; jedes Zeremoniell war aufgehoben. Beäugstigend
aber auch ganz und gar nicht leicht war, in einer Zeit zu existieren,
war der Andrang zu den Büffetts, die man in einem eigenen Soale
in der die Gefühle der Freundschaft und der Liebe verschüchtert und
aufgestellt und auf das reichlichste mit Speisen und Getränken aus¬
dürftig und knauserig gewesen und voll ängstlicher Sparsamkeit und
gestattet hatte. Bald begann eine große Maske in gelbem Domino
ganz ohne die Noblesse unbekümmert froher Geberlaune. In einer Zeit,
aufzufallen, die alle Augenblicke kam und unter den Schüsseln eine
in der die Empfindung von rechnerischer Bedenklichkeit, von Scham
wahre Verheerung anrichtete. Pasteten und Zuckerwerk verschwanden
und Selbstüberschätzung so eng umschnürt war, daß einem manchmal
wie durch Zauber, und die ausgesuchten Weine, die teuren Liköre
der Atem verging. Es war eine Zeit, die sehr viel, vielleicht zu viel
strömten ihnen nach. Die Bedienten konnten nicht schuell genug herbei¬
vom Tod sprach. Aber sie hatte das Wort vergessen, das, sonderbar
schaffen, um die Breschen wieder auszufüllen. Man begriff nicht, wie
genug, von Oskar Wilde stammt, obwohl gerade er bei dieser Zeit
eine einzige Person nach kurzer Abwesenheit mit gesteigerter Eßlust
zu Gevatter gestanden: „Das Geheimnis der Liebe ist größer als das
zurückkehren mochte. Man redete von nichts anderem, und sogar der
Geheimnis des Todes.“
König erfuhr von der merkwürdigen Erscheinung. Längere Zeit belustigte
er sich, dem unstillbaren Hunger der großen Maske zuzusehen. Endlich
Allerlei.
gab er Befehl, ihr beim Abgehen zu folgen. Nun stellte es sich heraus.
daß es die hundert Schweizergarden waren, von denen einer eine Karte
(Eine kleine Revolution in der Herrenmode?) Man
besaß, die er nebst seinem gelben Domino der Reihe nach den
schreibt der „Frkft. Ztg.“: Die abenteuerlichsten Gerüchte dringen aus
Kameraden borgte, damit sie sich am Büffett stärkten.
Amerika zu uns herüber, und wenn es nicht große Schneider wären,
die es uns versichern, so würden wir vielleicht nicht glauben, daß das
(Von einer sonderbaren Karnevalsfeier) erzählt der
Beinkleid des Herrn im nächsten Sommer schon bis zur Mitte der
„Piccolo". „Das 16. Jahrhundert, liest man da, „bedeuteke für
Wade geschlitzt sein soll. Diese Aenderung wäre an und für sich
Italien, vor allem für Rom, eine Periode des raffiniertesten Luxus
garnicht so bedeutungsvoll und sonderbar, wenn wir nicht durch die
und der größten Seltsamkeiten. Während des Karnevals von 1519
lange Tradition daran gewöhnt wären, daß sich an der Herrentracht
lub einmal Lorenzo Strozzi die Kardinäle Rossi, Ridolfi, Cybo und
garnichts, absolut garnichts, ändert. Denn, ob die Ecke der Jacke
Salviati zum Essen ein. An der Tür des Palastes wurden die vier
rund oder spitz ist, ob sie zwei oder drei Knöpfe besitzt, ob die
Kirchenfürsten von dem Gastgeber selbst erwartet; in der Hand hielt
Rückennähte etwas weiter oder enger gehalten sind, ob das Beinkleid
er ein Lichtstümpfchen, mit dem er ihnen voranleuchtete, als er sie
ein wenig enger oder weiter ist — das sind doch schließlich Dinge,
über eine gefährliche Wendeltreppe mit ausgetretenen, seuchten Treppen¬
die man nicht ernstlich als Aenderungen bezeichnen kann. Und auch
stufen zum Feste führte. Nachdem man diese Treppe mühsam erklommen
die kleinen Abstufungen der Farbe sind höchst schwächlich und eintönig.
hatte, hob Strozzi einen schwarzen Vorhang, auf den ein großes
Das geschlitzte Beinkleid wäre wenigstens eine kleine Neuigkeit,
weißes Sargkreuz gezeichnet war, weg und führte die Kardinäle in
obgleich wir wohl mit Recht daran zweifeln, daß diese Mode
einen kleinen, schwarz ausgeschlagenen Saal, in dessen vier Ecken je
Für die
ein Skelett stand; brennende Lichtstümpfchen bildeten die Augen der
die deutschen Männerherzen in Begeisterung versetzt.
versammelten Männertracht¬
vier Gerippe. In der Mitte des Saales stand ein kleiner Tisch mit
in verschiedenen Vereinigungen
reformer bedeutet die neue Meldung insofern entschieden
einer schwarzen Decke; auf dem Tisch stand eine Holzschüssel mit
Schenkelknochen, Schienbeinen, Schädelknochen und anderen angenehmen
einen Vorteil, daß ihre Bestrebungen in erster Linie darauf hinaus¬
Dingen; neben dieser Schüssel sah man fünf Holztassen mit Wein.
laufen, das lange Beinkleid in ein kurzes umzuwandeln. Um zu einer
vernünftigen und schönen Männertracht zu kommen, wäre es wirklich
Strozzi wies auf die unheimliche Schüssel und sprach: „Meine Herren,
nicht nötig, auf sonderbare Moden amerikanischen Geistes zu warten.
bedienen sie sich, dann wollen wir speisen gehen.“ Keiner von den
Obgleich es allerdings beinahe so ausfieht, als ob die deutschen
Kardinälen rührte sich vom Platze und es trat eine peinliche Stille
ein. Nun öffnete der Gastgeber die Totenköpfe und zerbrach die Schien¬
Schneider vollständig auf einem toten Punkt angelangt sind und nur
dann schüchterne Neuerungen annehmen, wenn ausländische Köpfe sie
beine und die Schenkelknochen: alles war mit ausgezeichnet zubereitetem
sich ausgedacht haben ... Der alte schöne freie Schillerkragen, den
Geflügel gefüllt. Nun wurde ein zweiter Vorbang zurückgeschlagen und
wir im vorigen Jahre tragen durften. hat sein Auferstehen auch dem
es zeigte sich ein herrlich beleuchteter, prächtiger Salon. Die Decke
stellte das Himmelsgewölbe mit Tausenden von Sternen dar. Wunderbare
Auslande zu verdanken, deshalb heißt er auch so schön französisch
Düfte erfüllten die Luft und aus der Ferne kam eine leise, liebliche
„Robespierre=Kragen“. In Wirklichkeit haben ihn früher ebensogut
Deutsche und Franzosen getragen. Ohne eine Revolution auf dem
Musik. Man ging zu Tisch, und es wurden auf großen ziselierten
Gebiete der Herrenmode würde eine praktische und schöne Tracht mög¬
Goldplatten köstliche Gerichte aufgetragen. Während des Essens wurden
Fen und das
zu einer etwas weniger steifen
K