W
18. Der einsane—
box 23/4
zitt ang: New Yorker Staets Sn
K
umn Jud.
„Das Burgtheater gab Arthux
Schniklers „Der einsame Weg“ ein vön
Deutschland aus schon bekanntes Schau¬
spiel: Düster und grau wie ein Spät¬
herbstabend, wann einem ein kalter Reif¬
wind fröstelnd macht und gleichfarbiger
Nebel wesenlos an uns herabzugleiten
scheint. Das Stück, das kein rechtes Thea¬
tertemperament hat, wird ziemlich stim¬
mungslos gespielt. Herr Walden und
Frau Bleibtreu verdienen an erster Stelle
genannt zu werden“
Ausschnitt aus: Armechlaft. Wien
5- MAEnZ Lo14
vom:
Wiener Bühnen.
K. k. Hofburgtheater, Am 19. Februar erwies unsere erste
Bühne dem einheimischen, sicherlich nicht verdienstlosen, aber
keineswegs anspruchslosen Jungwiener Dichter Schnitz
die Ehre, eines seiner schwächsten, bereits vielfach aufgeführten
und meist abgelehnten Stücke, nämlich „Dereinsame Weg“
in trefflicher Darstellung in den Spielplan aufzunehmen, War das
notwendig? Es ist eine verlogene, kitschige Vaterschaftsgeschichte
mit falscher Sentimentalität, die zum Beispiel in Berlin einfach
verhöhnt und verlacht wurde. Ein Sohn erfährt am Sterbebette
seiner Mutter, dass ein anderer sein Erzeuger gewesen. Dieser
alternde Lebemann fühlt sich nun vereinsamt und wirbt um Sohnes¬
liebe — ohne Erfolg. Er muss sein bisher wahrlich weder einsames noch
liebeleeres Leben weiter leben Daneben spielt noch eine zweite, aber
herzlich uninteressante Verführungsgeschichte, drittens eine weitere
Liaison des angeblich „Einsamen“, die ihm durch ihren herzlosen
Ausgang die wohlverdiente Beschimptung „Schuft“ einträgt. Inter¬
essant war nur die schauspielerische Leistung Paulsens, der nebst
Gerasch, Harry Walden und Frau Bleibtreu wenigstens
einigermassen noch einen positiven Gewinn an diesem halb ver¬
lorenen Abend ermöglichte. Herr Devrient tat sein Möglichstes
als verlassener Roué, er war aber fehl am Ort, weil dies nicht
seine Eigenart war. Fräulein Wohlgemut kämpfte heroisch
mit den Unmöglichkeiten ihrer Rolle. Die zunftmässige Kritik hat
das Stück über alle Massen gelobt; wir scheuen uns aber nicht,
dies als bewusste Irreführung der Oeffentlichkeit zu bezeichnen,
denn wir wollen die Wahrheit schreiben, auch wenn es sich um
einen bodenständigen Modernisten der literarischen Allianz handelt.
A. L.
18. Der einsane—
box 23/4
zitt ang: New Yorker Staets Sn
K
umn Jud.
„Das Burgtheater gab Arthux
Schniklers „Der einsame Weg“ ein vön
Deutschland aus schon bekanntes Schau¬
spiel: Düster und grau wie ein Spät¬
herbstabend, wann einem ein kalter Reif¬
wind fröstelnd macht und gleichfarbiger
Nebel wesenlos an uns herabzugleiten
scheint. Das Stück, das kein rechtes Thea¬
tertemperament hat, wird ziemlich stim¬
mungslos gespielt. Herr Walden und
Frau Bleibtreu verdienen an erster Stelle
genannt zu werden“
Ausschnitt aus: Armechlaft. Wien
5- MAEnZ Lo14
vom:
Wiener Bühnen.
K. k. Hofburgtheater, Am 19. Februar erwies unsere erste
Bühne dem einheimischen, sicherlich nicht verdienstlosen, aber
keineswegs anspruchslosen Jungwiener Dichter Schnitz
die Ehre, eines seiner schwächsten, bereits vielfach aufgeführten
und meist abgelehnten Stücke, nämlich „Dereinsame Weg“
in trefflicher Darstellung in den Spielplan aufzunehmen, War das
notwendig? Es ist eine verlogene, kitschige Vaterschaftsgeschichte
mit falscher Sentimentalität, die zum Beispiel in Berlin einfach
verhöhnt und verlacht wurde. Ein Sohn erfährt am Sterbebette
seiner Mutter, dass ein anderer sein Erzeuger gewesen. Dieser
alternde Lebemann fühlt sich nun vereinsamt und wirbt um Sohnes¬
liebe — ohne Erfolg. Er muss sein bisher wahrlich weder einsames noch
liebeleeres Leben weiter leben Daneben spielt noch eine zweite, aber
herzlich uninteressante Verführungsgeschichte, drittens eine weitere
Liaison des angeblich „Einsamen“, die ihm durch ihren herzlosen
Ausgang die wohlverdiente Beschimptung „Schuft“ einträgt. Inter¬
essant war nur die schauspielerische Leistung Paulsens, der nebst
Gerasch, Harry Walden und Frau Bleibtreu wenigstens
einigermassen noch einen positiven Gewinn an diesem halb ver¬
lorenen Abend ermöglichte. Herr Devrient tat sein Möglichstes
als verlassener Roué, er war aber fehl am Ort, weil dies nicht
seine Eigenart war. Fräulein Wohlgemut kämpfte heroisch
mit den Unmöglichkeiten ihrer Rolle. Die zunftmässige Kritik hat
das Stück über alle Massen gelobt; wir scheuen uns aber nicht,
dies als bewusste Irreführung der Oeffentlichkeit zu bezeichnen,
denn wir wollen die Wahrheit schreiben, auch wenn es sich um
einen bodenständigen Modernisten der literarischen Allianz handelt.
A. L.