II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 458


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W
18. Der einsane-zeg
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Ne
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Ne 22.—
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rreich=Angarns.
Ausschnitt aus:
XXII. Jahrgang
1915
Zucisgoer. wien
vom:
deutscher Edelmann der Kreuzzugszeit wird durch die
Tochter des türkischen Fürsten, die ihn lieb gewonnen,
Das Burgtheater in der
befreit. Dafür wird die Tochter die zweite Gattin
des Ritters. Die deutsche Frau in der Heimt
Kriegszeit.
nimmt türkische Auffassungen so gerne hin, daß sie sich
Wien, 27. Jänner.
in der Folge in einem gemeinsamen Intrigenspiel mit
Läßt der Krieg Interesse für das Theater auf¬
der Türkin gegen den Ehegemahl gefällt, so daß dieser,
kommen? Hat das Kulissenspiel noch ein Recht, einen
der Frozzeleien müde, seine Liebe einer Dritten zuwendet.
Zweck und Sinn neben dem ungeheuren Geschehen auf
Die Pointe des Stückes ist: Es ist das Unglück des
der großen Weltenbühne, neben diesem Kampf der
Mannes, wenn seine Frauen sich zu gut vertragen. Da
Menschen und Kulturen, neben diesem Seelenenthusias¬
kann es vorkommen, daß der, welcher die Freuden einer
mus und Zerstörungswerk, neben diesem Verbluten und
Verröcheln Ungezählter? Haben die Musen Thalia und Doppel=, beziehungsweise dreifachen Ehe wollte, schließlich
Melpomene etwas zu sagen in einer Zeit, wo Völker als gesoppter Mann ohne Frau endet. — In Artur
Schnitzlers „Einsamem Weg“ sind die Hauptpersonen
um Sein und Nichtsein ringen, wo die Wirk¬
ein Professor und Vater, der nicht der eigentliche Vater
lichkeit Helden gebiert, wo an alle unterschiedslos der
seiner Tochter ist; eine Tochter, die sich aus
Appell zum Opfern und Entsagen geht, wo hundert¬
tausend Mütter ihre Söhne, wo tausend Bräute ihren Liebesgram im Teich vor dem Hause des Freundes
ertränkt; ein Maler, der die Frau des Professors ver¬
Liebsten opfern müssen?
auch im Krieg behält die Kunst des fführte und sein Kind in den Tod trieb; eine Schau¬
O ja
spielerin mit allerlei Verbindungen, die ihrem früheren
Theaters ihr Recht und ihren Sinn. Die Kunst als
Freund, dem Maler das Wort Schuft“ ins Gesicht
Prophetin und Trösterin. Die Kunst, welche uns die
schleudert! Schnitzlers „Einsamer Weg“ umschließt eine
Ideale des Wahre, Schönen und Guten im Bilde
zeint; die Kunst, welche uns Helden der Ehre und des Welt, in der die Worte Vater, Mutter, Kind, Ehe,
Liebe aufs schlimmste mißbraucht werden; eine Welt,
V.erlandes vorstellt; die Kunst, welche uns die
Heroenzeit der Heimat vergegenwärtigt und die Pflichten Iin der Laster und Gemeinheit triumphieren; eine Welt, #
der Gegenwart klar macht; die Kunst, welche uns aus in der alle jene Ueberzeugungen, Werte, Gefühle mit
Eigensucht und Eigendünkel emporhebt zu Gemeingefühl Füßen getreten werden, welche die geistig=sittliche
und Nächstenliebe; die Kunst die dem Volk im Kriege Grundlage gesunden Volkstums bilden; eine Welt, von der
sagt: „Nichtswürdig ist die ation, die nicht ihr alles Miasmen der Verführung, des Verderbens ausströmen. —
setzt an ihre Ehre"; die angesichts der Heldengräber (Lessings „Nathan der Weise“ ist bekanntlich eine ins Drama¬
tische übersetzte theologische Streitschrift, eine Fortsetzung
predigt: „Das Leben ist der Güter höchstes nicht; der
beziehungsweise Illustration der „Anti=Goeze“=Aufsätze;
Uebel größtes aber ist die Schuld“.
nach des Dichters eigenem Geständnis ein „närrischer
Lebt diese Kunst in unsern Theatern? Da ist das
Einfall“. So groß Lessing als Kritiker war, so klein
k. k. Hof= und Burgtheater; das erste Schauhaus dieses
ist er als positiver Theologe. Befangen von einem ein¬
Reiches; wie viele sagen: das erste Theater des deutschen
seitigen Rationalismus rennt er gegen den Begriff der
Sprachgebietes. Welche Kunst bietet es? Wie erhebt,
göttlichen Offenbarung an. Sein Kampfruf heißt: Hinaus
wie begeistert, wie tröstet es das Publikum zur
über die Bibel, los von der Tradition! Jeder Mensch
Kriegszeit ?
soll sich seinen eigenen Glauben zimmern, jeder Mensch
Der Spielplan der laufenden Woche — es wird
nach eigener Fasson selig werden. Nach dem Zeugnis
nur jeden zweiten Tag eine Vorstellung gegeben — weist
des Literarhistorikers Scherr ist die Hauptidee in „Nathan
folgende drei Stücke auf: „Schirin und Gertraude",
der Weise“ die: das Rein=Menschliche muß über alle
„Der einsame Meg“, „Nathan der Weise“.
Satzungen und Fesseln des religiösen Vorurteils
Das erste Stück ist eine Bearbeitung der Graf
Gleichen=Fabel. Ein in türkische Gefangenschaft geratener triumphieren!