II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 463

box 23/4

1Sam
13. Der
## Aus den Wiener Theatern.)
Die Not der Zeit drängt die Direktoren jetzt zu allerlei Ver¬
suchen, einzelne Schauspieler dem Publikum als besonders interessant
zu präsentieren. Im Burgtheater haben die unablässigen Versuche,
Kainz zu ersetzen, dazu geführt, daß man bald Walden, bald Treßler
in den Vordergrund schiebt. Walden gefällt ja insbesondere den Frauen,
aber die Rollen, die man in der letzten Zeit für ihn gesucht und ge¬
funden hat, zeigen ihn fast immer von derselben Seite. Es sind fast
durchwegs Varianten seines Lord Goring aus dem „Idealen Gatten“.
Als eleganten, geistreichen, auch ein wenig zynischen Raisonneur kennen
wir ihn nun schon gründlich. Er hat eine angenehme Art liebens¬
würdiger Bosheit, ein wenig forcierter Ueberlegenheit; man hat das
Gefühl, daß er sich ein bißchen auf die Fußspitzen stellt, um das Maß
zu erreichen, das ihm zum Beispiel als Herr v. Sala in Schnitzlets
„Der einsame Weg“ vorgeschrieben ist. Bassermann schien-in dieser
Rolle, die er in Berlin kreiert hat, eine geistige Ueberlegenheit gewisser¬
maßen zu dämpfen, die Distanz, die er mit seiner Umgebung innerlich
hält, äußerlich zu überbrücken. Bei Walden hatte ich das umgekehrte
Gefühl, wodurch der Figur eiwas wie Pose, etwas von gespielter
Ueberlegenheit auflog. Das Verhältnis Satas zu Johanna litt darunter,
aber im letzten Alt brach doch eine innere Wärme durch, die zwar die
äußere Starrheit nicht ganz zu lösen, aber doch zu mildern vermochte.
Sonst war der Abend, an dem das Burgtheater Schnitzler durch die
Aufführung eines alten Stückes dafür zu entschädigen suchte, daß man
ihm sein neues Stück in Wien verboten hatte, kein besonders glücklicher.
Herr Devrient ist nicht der richtige Regisseur für Schnitzler, der

offenbar selbst bei der Inszenierung eines seiner Stücke nicht hilfreic¬
zuzugreifen versteht. So blieb Fräulein Wohlgemuth ohne die
Führung, deren sie dringend bedurft hätte, und Herr Devrient fande
auch als Darsteller des Julian Fichtner niemanden, der ihm gesags
hätte, daß er ihr nichts zu geben hat. Diese fast überzarte Dichtung
bedarf einer besonderen Feinfühligkeit in der Herausarbeitung aller
Stimmungselemente, der Abtonung aller Farben und der Tempogebung#
Am vollendetsten wurde der Künstler dem Dichter gerecht, der die
Dekoration des Parkes in der Villa Salas geschaffen hatte.
Auch am nächsten Novitätenabend sollte sich die Anziehungskrafts
Harry Waldens bewähren, das Publikum angelockt werden, das
Theater um eines Schauspielers willen aufzusuchen. Saltens Komödie##
„Auferstehung“, die bei Brahm im Berliner Lessing=Theater, im
Deutschen Volkstheater und auf den Gastspielen Bassermanns bereits
alle Feuerproben bestanden hat, kann auch im Burgtheater mit allen!
Ehren bestehen. Ja, man muß sagen, daß ihr ein Unrecht angetand
wurde, indem man sie an einem Abend in die Hofbühne einließ, an
dem auch eine der ödesten und geschmacklosesten Komödien, aus der#
bänischen Talentlosigkeit in die deutsche übersetzt, derselben Auszeichnung
teilhaft wurde. Daß man die Komödie Saltens gerade jetzt ins
Haus gerufen hat, hat aber, trotz der Ungleichheit der Voraussetzungen,
wahrscheinlich denselben Grund, der uns das sonderbare Lustspiel
„Vagabunden“ der Herren Bergström und Larsen bescherte:
zwei Rollen für Herrn Walden. Doch es geschah das Unerwartete,
daß sich beide Versuche in diesem Sinne nicht bewährten. Zur Rolle
des Konstantin Trübner in Saltens „Auferstehung“ reichte Herr Harry
Walden überraschenderweise nicht empor, während die Rolle des