II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 464

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18. Der einsane Neg
#Wermetsareswic ngnannn:
elektrotechnisch verschmockten Nervenarztes in dem dänischen Lustspiel ihr diesen elektrischen Kurzschluß gespendet hat. Walden spielt hier den
alten, räsonierenden Lustspielonkel, der immer mit dem geistvollsten
nicht an sein schauspielerisches Niveau heranreicht. Dieser Anatol, der
Lächeln und der überrage dsten Ueberlegenheit die stumpfsten Banali¬
in der Stunde, da ihn der Arzt aufgegeben hat, in derselben Einsam¬
täten zu sprechen hat.
keit zu versinken fürchtet, die Herrn v. Sala die Schauer der Ewigkeit
Das Deutsche Volkstheater hat an schauspielerischen
vorherfühlen läßt, muß den tragikomischen Witz seines Schicksals vor
Individualitäten zuerst Frau Roland und jetzt Herrn Olno in den
unseren Augen erleben; erleben als ein etwas wehleidig gewordener
Vordergrund geschoben. Ueber die Suggestion, die von Frau Roland
Mensch, den die vermeintliche Nähe des Todes nur um so inniger auf
ausgeht, haben wir das letztemal gesprochen. Herr Onno stellt der
das Leben angewiesen hat, der nun merkt, daß nicht der Tod, sondern
Kritik eines der schwierigsten Probleme, das übrigens in mancherlei
das Weiterleben nach der Ordnung seiner Verhältnisse ihn mit der
Weise an den Fall Moissi in Berlin erinnert. Reinhardt und seine
Einsamkeit bedroht, der er entfliehen wollte. Er sieht, wie rasch dieses
Dramaturgen glaubten felsenfest an die Genialität Moissis, während
Leben ohne und über uns weitergeht, obgleich wir uns in ihm so
ihn Kritik wie Publikum jahrelang in jeder Rolle ablehnten. Auch
wichtig fühlen; er erkennt die ungeheure Vitalität, mit der wir im
dort, bei Moissi, war etwas von einer fliegenden Hitze die Onno zeigt,
Augenblicke unseres Ab= oder Ausscheidens sofort ersetzt werden, die
aber sie war doch nicht so trocken, sondern gewissermaßen weicher, süd¬
Brutalität, die unsere Umgebung zwingt, unser Nichtmehr=Dasein so¬
ländischer. Auch Moissi ließ immer eine genialische, die über dunklen
gleich als eine Tatsache zu empfinden, mit der gerechnet werden muß.
Abgründen schwebende Jünglinghaftigkeit empfinden und versagte im
Dies alles muß Konstantin Trübner erleben, nicht nur betrachten und
Gestalten, verirrte sich ins Tenorhafte, versank in einem Meer von
darüber räsonieren. Walden steht aber nicht über, sondern neben
süßen Traumhaftigkeiten. Ich erinnere mich wie heute an den Abend,
seinem Erlebnis, das ihn zwingt, sein Beinahe=gestorben=sein
da er zum erstenmal in den Kammerspielen als Oswald in den
so ernst zu nehmen. Bassermann hat gefühlt, daß diese Figur mit
Gespenstern“ alle entwaffnete. Er offenbarte hier eine Genialität der
den Einzelheiten ihres Schicksals im Wiener Boden wurzelt und hat
Wurmstichigkeit, eine Kr## in der Darstellung geistiger Gebrochenheit,
versucht, wienerisch zu sein. Herr Walden aber blieb norddeutsch und
die einfach überwältigte. Einen solchen Abend ist uns Onno noch
rückte dadurch von seiner Umgebung weiter weg, als ihm gestattet war.
schuldig: doppelt schuldig, denn ihn will kein protegierender Direktor
Sie muß ihm vor unseren Augen fremd werden, der Trübner Waldens
gegen Publikum und Kritik durchsetzen, im Gegenteil: Kritik, wie
Publikum glauben an ihn, obgleich er sie Rolle für Rolle enttäuscht.
gehörte vom Anfange an nicht zu ihr.
Ueber die „Vagabunden“ der Herren Bergström und Larsen, für
Sein Tasso war eine Verirrung, sein Fiesko entbehrte der Größe und
die das Burgtheater niemals hätte eine Verpflegsstation werden dürfen,
Einheitlichleit. Aber in all diesen Rollen, in denen er seine Anhänger
läßt sich ernsthaft nicht sprechen. Der Vergleich zwischen Elektrizität
zur Verzweiflung treibt, läßt er nicht ab, ihnen so nebenbei die Ver¬
und Erotik, der den Geist in diesem Lustspiel vertreten soll, ist läppisch
heißungen zu wiederholen, die sie bisher an ihn glauben ließen. Es
und zwingt außerdem die Autoren, ihre Heldin in zwei aufeinander¬
ist eine Flamme in ihm, die oft zu ersticken droht, auf der irgend
folgende nicht pikante, sondern nur schmierige Situationen zu bringen.
etwas lastet, die aber mit solcher Heftigkeit ins Freie stößt, daß man
Welche Ströme in die Leitung des Burgtheaters gefahren sein mögen,
immer wieder den schauerlich=schönen Augenblick erwartet, in dem sie,
um sie so zu perturbieren, daß sie diese „Vagabunden“ ihren Unsug
einmal befreit, kerzengerade gegen Himmel steigen muß. Am letzten
im Hause treiben ließ, entzieht sich unserer physikalischen Kenntnis.
Novitätenabend dieser Bühne hatte Onno zwei Kostümrollen zu spielen
Wir wollen nur zu Ehren der gegenwärtigen provisorischen Leitung
annehmen, daß es eine ebenso starke, wie hohe Kraftquelle war, die und Verse zweier lyrischer Dramatiker zu sprechen. In Paul Zifferers