II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 467

— e Gr
us Mähren und Schlesien
Brünn.
Abendblatt
kum aufgenommen worden. Auch diese Tragödie ist die
Tragödie des epikuräischen Egoisten, der immer nur dem
Genusse der Stunde lebt und der dann, wie „Jedermann“,
#ter vom Dezember
in der Stunde des Todes und in der Stunde vor dem
Tode einsam und allein dasteht. Man kennt die zwei
m März.
egoistischen Helden dieses nachdenklichsten Dramas von
G 4
n v. Wymetal.
Schnitzler, den Maler Fichtner, der zuerst die Schauspiele¬
rin Irene und dann die schöne Gabriele im Stich läßt,
BBurgthegter.
nur um seine Freiheit als Unterpfand von zahllosen Ge¬
iTheaterbriefen die Bühnen¬
nußmöglichkeiten nicht einzubüßen, und den Dichter Sala,
Stadt Wien von zwei bis
der eine Gattin zu Tode gequält hat und ein ihm zärt¬
Eine solche, von außen her
lich entgegenblickendes Mädchen nicht zur rechten Zeit als
der kritischen Analyse zeigt
Lebensgefährtin an sich zieht, aus dem Buche, das schon
bergänglich und vergünglich die
1904 im Verlage von S. Fischer erschienen ist, und von
nisse ist, über die man sonst
einem Ensemblegastspiel Otto Brahms (im Mai 1906)
lich und pflichtgemäß zu be¬
her. Die Grundstimmung des mittelalterlichen Mysteriums
Adas mit dem Lärm einer gan¬
und des modernen Schauspiels ist merkwürdig verwandt.
Sensation auftauchte, ist nach
Der einsame Weg ist ein Irrweg. Nur sieht der mittel¬
eder schon ganz verklungen oder
alterliche Dichter die Erlösung vor allem in den guten
geworden!
Werken und im Glauben, der moderne Dichter findet sie
kt sich der Vierteljahrsrückblick
aber ausschließlich in der Liebe und in den Opfern der
die ganze Zeit hindurch dar¬
Liebe ... Der Vergleich der Darstellung des „Einsamen
lche Dichtungen neu oder neu
Weges“ fällt nicht so sehr zuungunsten des Burgtheaters
en Wirksamkeit in Wien ent¬
aus. Den einen Lebensartisten Sala spielte hier Herr
ker selbst oder aber an anderer
Walden, mehr mondän und mehr kühl, aber gleichwohl
wurden als Novitäten „Das
nicht weniger wirksam als seinerzeit Bassermann.
Ermann“ von Hugo v. Hof¬
Den andern, scheinbaren Lebenskünstler Fichtner gab
einsame Weg“ von Artur
[Devrient um ein Beträchtliches weniger schwerfällig
e Auswahl von Neuheiten ist
als damals Emanuel Reichar, aber auch noch immer
lgend und fesselnd wärc es ge¬
nicht leicht und beweglich genug. Unendlich zurück stand
kater zum Beispiel von Hof¬
leider das schöne, aber offenbar doch keiner schauspieleri¬
tete Venedig" und von
schen Entwicklung fähige Fräulein Wohlgemuth gegen
nen „Schleier der Bea¬
ihre Vorgängerin Triesch; die Rolle der problematischen
eides Schauspiele voller Eigen¬
Hysterikerin Johanna, die den Anschauungen ihrer Familie
eides Stücke, die den Wienern
zum Trotz Salas Geliebte wird und sich dann in einem
ich auch Stücke, bei denen man
Teich in Salas Garten ertränkt, weil ein Herzleiden dem
herausgefordert worden wäre,
geliebten Mann kein langes Leben mehr gestattet, bedarf
ner die Berliner Uraufführun¬
eines ganz ungewöhnlichen Darstellungstalentes, um
„Jedermann, das Spiel vom
glaubhaft zu wirken. Fräulein Wohlgemuth, die Heroine
nes“, hat erst im März und
des Burgtheaters, die erst vor kurzem die edlen Verse von
dem zur Kirche umgestalteten
„Tassos“ Prinzessin so klingend vorgetragen hat, sprach
hardts wirkungssicherer Regie
diesmal auch auffallend schlecht, ein Mangel, der zur
bt. Die Aufführung des Burg¬
vollendeten Redekunst ihres Partners Walden in ärger¬
hrem Gesamteindrucke mit der
lichem Gegensatze stand und der in den feinsten Szenen
fn. Der Grundgedanke der In¬
des Schauspiels Unruhe und Husten im Zuschauerraum
iers, der Reinhardtschen Fülle
hervorrief. Besser am Platz und wahrscheinlicher, als die
klangeffekten eine große Spar¬
Realistin Frau Lehmann, war Frau Bleibtreu
enüberzustellen, war gut. Allein
als einstige Theaterdiva und ehemalige Geliebte Ficht¬
icht ganz vermieden werden, daß
ners, die im Frieden des Landlebens Zuflucht gefunden
rblose Moralität gar zu ein¬
hat. Frau Bleibtreu war auch die einzige, die den leisen
e. Im wesentlichen hat auch
wienerischen Ton traf, den alle Personen dieses wieneri¬
stöckige Mysterienbühne beibe¬
schen Schauspiels, wenn auch nur ganz schwach, festhalten
knappere Raum nach einer
sollen und der sonderbarerweise im Wiener Burgtheater
Begrenzung. Überlegen war
sonst völlig fehlte. Schnitzlers Stück selbst ist in dem Jahr¬
allein Treßlers Satanas,
zehnt seines Daseins schmerzlich schnell nachgedunkelt; seine
enden Humor und seinem ellen¬
Schönheiten glänzen matter, seine seither vom Verfasser
Stünde etwas gekürzten Teu¬
selbst und von anderen noch oft abgewandelten Gedanken
e Kapriolen verübte. Dagegen
wirken weniger tief, als sie ehemals scheinen mochten.
zenierung, so auch die Einzel¬
hrsteller schwächer, als die der
Ein bißchen verblaßt schien auch Schnitzlers „Lite¬
die neuestens wieder mehr in
ratur", als sie, als Schlußstück eines Novitäten=Ein¬
Frau Kallina als „Buhl¬
akter=Abends zwischen den vorbeschriebenen zwei abend¬
Straßni als „dünner Vet¬
füllenden Neuheiten, ebenfalls nicht zum erstenmal in
kaulsen mit seinem biederen
Wien, wohl abor als Premiere des Burgtheaters vor uns
ochfahrenden, hochmütigen „Je¬
hintrat. Für diesen Einakterabend gilt, was über die Ein¬
des Todes noch nicht berührt
führung der „einsamen Wegs" und „Jedermanns“ ins
chten, demütigen, reuigen Sün¬
Burgtheater gesagt wurde. Als Mittelstück des Abends
spern, wie das der hysterische,
wurde Courtelines „Boubouroche“, als Einleitung
je brachte. Ebensowenig konnte
Wedekinds „Kammersänger“ aufgeführt. Gewiß ist
gelle Kunst die urweltliche Alb¬
es ein Verdienst, daß Direktor Thimig einem so re¬
rs grauenvollem „Mammon“
präsentativen Zeitgenossen, wie es Wedekind ist,die bis¬
r Frau Medelsky als Ver¬
her verschlossenen Tore des Burgtheaters endlich öffnet. Aber
ten Werke“ Jedermanns schlicht
für diesen Zweck wäre unbedingt ein anderes Werk zu
doch die kleine Lia Rosen in
wählen gewesen: für das in Wien noch nicht gegebene
stigkeit weitaus rührender und
Versdrama „So ist das Leben“ hat hier nur das
e Fehlbesetzung war es, Jeder¬
Burgtheater die geeigneten Darsteller, und zweifellos
Frau Senders spielen zu
it. die in dieser Rolle mit ihr hätte Wedekind auch seine neueste Schöpfung, den „Sim¬
15esBurgtheaters gern gutr

hätte, so mußte er und durfte kein anderer den
„Kammersänger“ spielen! Eine Meisterleistung darstellen¬
der Kunst war der „Boubouroche“ Treßlers, der dick¬
bäuchige, klassische Spießer, dessen Verhängnis es ist, in
seiner Gutmütigkeit von den Frauen an der Nase her¬
umgeführt zu werden. Bloß ein ganz klein wenig zuviel
Kunstmäßigkeit war in der Figur, und mit Wehmut mußte
man des ersten Wiener Boubouroche, Balajthys, geden¬
ken, der dieselbe Rolle vor Jahren im Raimund=Theater
noch zu Herzen gehender getroffen hat der dann unter
Berger ans Burgtheater kam und der nun, gleich Stella
Hohenfels, infolge einer seltsamen psychischen Hem¬
mung die Bühne überhaupt nicht mehr betritt. Frau
Retty als lieblich lächelndes, niederträchtig betrügeri¬
sches Weibsstück ist genau so graziös und anmutig, wie
es einstens Lili Petri war. — Die „Literatur“ war
in früheren Jahren bedeutend lustiger, oder aber, sie ist
viel munterer gespielt worden. Wenigstens hat man in an¬
deren Theatern über diese fröhlichste von den „Lebendigen
Stunden“ ungleich mehr gelacht als im Burgtheater. Ein¬
zeln betrachtet, war Treßler ein tadellos näselnder
Klemens, Heine der richtige ruppige Literaturzigeuner
und Fräulein Marberg eine entzückend-modern anger
zogene, mit einem hohen Altwiener Gesteck und anmutigen
Ringellöckchen sehr apart frisierte, graziös=schnippische
Margarete. Allein die drei guten Einzelleistungen schlossen
sich nicht zu einem ebenso guten Ganzen zusammen. Das
hochedle Burgtheater hat bereits zu Beginn den „Kam¬
mersänger“ und nachher „Boubouroche“ und erst recht zum
Schluß „Literatur“ viel zu feierlich und gewichtig genom¬
men. Just bei der Komödie Wodekinds und Schnitzlers ist
aber ein sausendes Tempo schon die halbe Bürgschaft des
Erfolges! Die Unkenntnis des Wiener Dialektes störte in
„Literatur“ bei Fräulein Marberg, die bisweilen, statt
zu wienern, jüdelte, und auch bei Treßler ziemlich arg.
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Diese Nicheveyerrschung des wienerischn Jargons
oder wenigstens des österreichisch=bajuvarischen Dialektes
war es auch, die Herrn Treßler in dem am Silvester¬
tage neu inszenierten „Verschwender“ als Valentin:
nicht den Gipfel erreichen ließ, den er sonst erreicht hätte
und den Girardi in dieser Rolle erklimmt. Immer¬
hin ist es erstaunlich, wie tief sich der norddeutsche Künst¬
ler in diese durch und durch süddeutsche Figur eingelebt
hat! Ganz unvergleichlich ist seine Gegenspielerin Fraus
Medelsky als Rosl. Man staunt, welchen Reichtum von
urwüchsigem Humor und bodenständigem Wienertum die
Künstlerin vor uns ausbreitet, und man bedauert es leb¬
haft, daß ihr der Burgtheaterspielplan, der traurigermaßen
von Raimund und Anzengruber nur an Aus¬
nahmstagen etwas weiß, zum Entfalten dieser Seite ihren
Begabung so gar keine Gelegenheit gibt. Als Dritter in
Bunde ist Devrient zu nennen, der mit der Episodes
des Chevaliers Dumont das bietet, was man mit einen
abgegriffenen Ausdruck Kabinettstück nennt. Auch soni
bringt der neu inszenierte „Verschwender“ Nettes und An
genehmes: Reimers ist ein eleganter Flottwell, Fräu
lein Wohlgemuth eine hoheitsvolle Fee Cheristane
Heine ein genügend verschlagener Wolf, Baun
gortner ein ergötzlicher Schwindelbaumeister Socken
Frau Senders ein drolliges altes Weib, und Zeske
benutzt als dienstbarer Geist Azur die Gelegenheit, seines
angenehmen Bariton erklingen zu lassen. Eine Schand
sind aber die Dekorationen, deren unehrwürdiges Alte¬
der stolzen Ankündigung: „Neu inszeniert" Hohn spricht
In der neuen Inszenierung von Hardts „Tantris
der Narr“, die als vorletzte Gabe der Berichtszeit zu
erwähnen ist, sind die dekorotiven Rahmen noch unver¬
blichen, und leuchtend und groß sind auch die erhaben
Königin Isot der Frau Bleibtreu und der ehern
Herzog Denovalin des Herrn Devrient geblieben. Da¬
gegen vermag Heine als König Marke mit all seiner
Geistigkeit und Persönlichkeit nicht die strahlende Güte
Sonnenthals und Treßler bei all seiner Viel
seitigkeit als Tristan von Lonnois nicht Kainzensge
heimnisvollen Nimbus zu ersetzen. Und ist es die Minde
rung der Kraft zweier Hauptdarsteller oder die nagende
Gewalt der Jahre — auch „Tantris der Narr“ hat vor
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