II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 468

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lich entgegenblickendes Mädchen nicht zur rechten Zeit als
veruvergänglich und vergänglich die
Lebensgefährtin an sich zieht, aus dem Buche, das schon
nerlebnisse ist, über die man sonst
1904 im Verlage von S. Fischer erschienen ist, und von
sführlich und pflichtgemäß zu be¬
einem Ensemblegastspiel Otto Brahms (im Mai 1906)
eles, das mit dem Lärm einer gan¬
her. Die Grundstimmung des mittelalterlichen Mysteriums
en Sensation auftauchte, ist nach
und des modernen Schauspiels ist merkwürdig verwandt.
entweder schon ganz verklungen oder
Der einsame Weg ist ein Irrweg. Nur sieht der mittel¬
eit geworden!
alterliche Dichter die Erlösung vor allem in den guten
staltet sich der Vierteljahrsrückblick
Werken und im Glauben, der moderne Dichter findet sie
sich die ganze Zeit hindurch dar¬
aber ausschließlich in der Liebe und in den Opfern der
ur solche Dichtungen neu oder neu
Liebe ... Der Vergleich der Darstellung des „Einsamen
deren Wirksamkeit in Wien ent¬
Weges“ fällt nicht so sehr zuungunsten des Burgtheaters
theater selbst oder aber an anderer
aus. Den einen Lebensartisten Sala spielte hier Herr
So wurden als Novitäten „Das
Walden, mehr mondän und mehr kühl, aber gleichwohl
edermann“ von Hugo v. Hof¬
nicht weniger wirksam als seinerzeit Bassermann.
Der einsame Weg“ von Artur
Den andern, scheinbaren Lebenskünstler Fichtner gab
Diese Auswahl von Neuheiten ist
Devrient um ein Beträchtliches weniger schwerfällig
anregend und fesselnd wäre es ge¬
als damals Emanuel Reichar, aber auch noch immer
rgtheater zum Beispiel von Hof¬
nicht leicht und beweglich genug. Unendlich zurück stand
krettete Venedig" und von
leider das schöne, aber offenbar doch keiner schauspieleri¬
gtrittenen „Schleier der Bea¬
schen Entwicklung fähige Fräulein Wohlgemuth gegen
ie, beides Schauspiele voller Eigen¬
ihre Vorgängerin Triesch; die Rolle der problematischen
z, beides Stücke, die den Wienern
Hysterikerin Johanna, die den Anschauungen ihrer Familie
endlich auch Stücke, bei denen man
zum Trotz Salas Geliebte wird und sich dann in einem
lich herausgefordert worden wäre,
Teich in Salas Garten ertränkt, weil ein Herzleiden dem
Wiener die Berliner Uraufführun¬
geliebten Mann kein langes Leben mehr gestattet, bedarf
n! „Jedermann, das Spiel vom
eines ganz ungewöhnlichen Darstellungstalentes, um
Mannes“, hat erst im März und
glaubhaft zu wirken. Fräulein Wohlgemuth, die Heroine
in dem zur Kirche umgestalteten
des Burgtheaters, die erst vor kurzem die edlen Verse von
sinhardts wirkungssicherer Regie
„Tassos“ Prinzessin so klingend vorgetragen hat, sprach
ehabt. Die Aufführung des Burg¬
diesmal auch auffallend schlecht, ein Mangel, der zur
ihrem Gesamteindrucke mit der
vollendeten Redekunst ihres Partners Walden in ärger¬
ichen. Der Grundgedanke der In¬
lichem Gegensatze stand und der in den feinsten Szenen
eaters, der Reinhardtschen Fülle
des Schauspiels Unruhe und Husten im Zuschauerraum
bKlangeffekten eine große Spar¬
hervorrief. Besser am Platz und wahrscheinlicher, als die
gegenüberzustellen, war gut. Allein
Realistin Frau Lehmann, war Frau Bleibtreu
nicht ganz vermieden werden, daß
als einstige Theaterdiva und ehemalige Geliebte Ficht¬
farblose Moralität gar zu ein¬
ners, die im Frieden des Landlebens Zuflucht gefunden
irkte. Im wesentlichen hat auch
hat. Frau Bleibtreu war auch die einzige, die den leisen
dreistöckige Mysterienbühne beibe¬
wienerischen Ton traf, den alle Personen dieses wieneri¬
der knappere Raum nach einer
schen Schauspiels, wenn auch nur ganz schwach, festhalten
und Begrenzung. überlegen war
sollen und der sonderbarerweise im Wiener Burgtheater
und allein Treßlers Satanas,
sonst völlig fehlte. Schnitzlers Stück selbst ist in dem Jahr¬
kellenden Humor und seinem ellen¬
zehnt seines Daseins schmerzlich schnell nachgedunkelt; seine
r Stünde etwas gekürzten Teu¬
Schönheiten glänzen matter, seine seither vom Verfasser
lige Kapriolen verübte. Dagegen
selbst und von anderen noch oft abgewandelten Gedanken
Enszenierung, so auch die Einzel¬
wirken weniger tief, als sie ehemals scheinen mochten.
Darsteller schwächer, als die der
Ein bißchen verblaßt schien auch Schnitzlers „Lite¬
och die neuestens wieder mehr in
ratur“, als sie, als Schlußstück eines Novitäten=Ein¬
De Frau Kallina als „Buhl¬
akter=Abends zwischen den vorbeschriebenen zwei abend¬
ich Straßni als „dünner Vet¬
füllenden Neuheiten, ebenfalls nicht zum erstenmal in
Paulsen mit seinem biederen
Wien, wohl aber als Premiere des Burgtheaters vor uns
hochjahrenden, hochmütigen „Je¬
hintrat Für diesen Einakterabend gilt, was über die Ein¬
d des Todes noch nicht berührt
führung der „einsamen Wegs“ und „Jedermanns“ ins
ärschten, demütigen, reuigen Sün¬
Burgtheater gesagt wurde. Als Mittelstück des Abends
körpern, wie das der hysterische,
wurde Courtelines „Boubouroche", als Einleitung
ege brachte. Ebensowenig konnte
Wedekinds „Kammersänger“ aufgeführt. Gewiß ist
tuelle Kunst die urweltliche Alb¬
es ein Verdienst, daß Direktor Thimig einem so re¬
ers grauenvollem „Mammon“
präsentativen Zeitgenossen, wie es Wedekind ist,die bis¬
par Frau Medelsky als Ver¬
her verschlossenen Tore des Burgtheaters endlich öffnet. Aber
uten Werke“ Jedermanns schlicht
für diesen Zweck wäre unbedingt ein anderes Werk zu
doch die kleine Lia Rosen in
wählen gewesen: für das in Wien noch nicht gegebene
ftigkeit weitaus rührender und
Versdrama „So ist das Leben“ hat hier nur das
zme Fehlbesetzung war es, Jeder¬
Burgtheater die geeigneten Darsteller, und zweifellos
Frau Senders spielen zu
hätte Wedekind auch seine neueste Schöpfung, den „Sim¬
dt, die in dieser Rolle mit ihr
son“, einer Bühne vom Rang des Burgtheaters gern zur
hr den volkstümlichen Ton des
Uraufführung anvertraut. Konnte Thimig den Dichter
ft. Ein Fehler war es endlich
aber nur so ins Burgtheater hineinschmuggeln, daß er
abten Herrn Straßni zwei
seine meistgespielte Komödie vom Kammersänger als Neu¬
„armen Nachbars“ und die des
heit brachte, so hätte er lieber ganz darauf verzichten
nen Vetters“. Das Burgtheater
sollen! Noch dazu hat Wien in Herrn Christians, in
kinem Ensemble Darsteller genug,
Jarno, in Wedekind selbst und auch noch in ande¬
n grob störende Doppelbeschäfti¬
ren Darstellern lauter bessere Kammersänger gesehen, als
— wie vortrefflich hätte der
der gutmütig=biedermännische, nach dem Kern seines We¬
* Herr Arndt den Nachbar ge¬
können. Der Erfolg des Myste- sens der Rolle durchaus widerstrebende Reimers war.
Es ist ganz selbstverständlich, daß das Burgtheater jetzt,
n der Stimmung der Weihnacht
wo es Herrn Walden hat, nicht diesem einen Schau¬
lebhaft, und „Jedermann“ hält
spieler in jeder Neuheit die Hauptrolle geben kann. Wenn
man jedoch Herrn Walden als „Jedermann“ oder als
auch noch sehr freundlich, ist
er einsame Weg“ vom Publi. „Tantris“ nur des Experimentes wegen gerne gesehen!

Hohenfels, infolge einer seltsamen psychischen Hem¬
mung die Bühne überhaupt nicht mehr betritt. Frau¬
Retty als lieblich lächelndes, niederträchtig betrügeri¬
sches Weibsstück ist genau so graziös und anmutig, wie
es einstens Lili Petri war. — Die „Literatur“ war
in früheren Jahren bedeutend lustiger, oder aber, sie ist,
viel munterer gespielt worden. Wenigstens hat man in an¬
deren Theatern über diese fröhlichste von den „Lebendigen
Stunden“ ungleich mehr gelacht als im Burgtheater. Ein¬
zeln betrachtet, war Treßler ein tadellos näselnder
Klemens, Heine der richtige ruppige Literaturzigeuner
und Fräulein Marberg eine entzückend=modern angen
zogene, mit einem hohen Altwiener Gesteck und anmutigen
Ringellöckchen sehr apart frisierte, graziös=schnippische
Margarete. Allein die drei guten Einzelleistungen schlossen
sich nicht zu einem ebenso guten Ganzen zusammen. Das
hochedle Burgtheater hat bereits zu Beginn den „Kam¬
mersänger“ und nachher „Boubouroche“ und erst recht zum
Schluß „Literatur“ viel zu feierlich und gewichtig genom¬
men. Just bei der Komödie Wedekinds und Schnitzlers ist
aber ein sausendes Tempo schon die halbe Bürgschäft des
Erfolges! Die Unkenntnis des Wiener Dialektes störte in
„Literatur“ bei Fräulein Marberg, die bisweilen, statt
zu wienern, jüdelte, und auch bei Treßler ziemlich arg.
Diese Nichtbeherrschung des wienerischen Jargons
oder wenigstens des österreichisch=bajuvarischen Dialektes
war es auch, die Herrn Treßler in dem am Silvester¬
tage neu inszenierten „Verschwender“ als Valentin
nicht den Gipfel erreichen ließ, den er sonst erreicht hätte
und den Girardi in dieser Rolle erklimmt. Immer¬
hin ist es erstaunlich, wie tief sich der norddeutsche Künst¬
ler in diese durch und durch süddeutsche Figur eingelebt
hat! Ganz unvergleichlich ist seine Gegenspielerin Frau¬
Medelsky als Rosl. Man staunt, welchen Reichtum von
urwüchsigem Humor und bodenständigem Wienertum die
Künstlerin vor uns ausbreitet, und man bedauert es leb¬
haft, daß ihr der Burgtheaterspielplan, der traurigermaßen
von Raimund und Anzengruber nur an Aus¬
nahmstagen etwas weiß, zum Entfalten dieser Seite ihrer
Begabung so gar keine Gelegenheit gibt. Als Dritter in
Bunde ist Devrient zu nennen, der mit der Episode
des Chevaliers Dumont das bietet, was man mit einen
abgegriffenen Ausdruck Kabinettstück nennt. Auch sonst
bringt der neu inszenierte „Verschwender“ Nettes und An¬
genehmes: Reimers ist ein eleganter Flottwell, Fräu
lein Wohlgemuth eine hoheitsvolle Fee Cheristaue
Heine ein genügend verschlagener Wolf, Baum
gartner ein ergötzlicher Schwindelbaumeister Socken
Frau Senders ein drolliges altes Weib, und Zeste
benutzt als dienstbarer Geist Azur die Gelegenheit, seinen
angenehmen Bariton erklingen zu lassen. Eine Schand
sind aber die Dekoratio, en, deren unehrwürdiges Alten
der stolzen Ankündigung: „Neu inszeniert" Hohn spricht¬
In der neuen Inszenierung von Hardts „Tantris¬
der Narr“, die als vorletzte Gabe der Berichtszeit zu
erwähnen ist, sind die dekorativen Rahmen noch unver
blichen, und leuchtend und groß sind auch die erhabens
Königin Isot der Frau Bleibtreu und der ehern
Herzog Denovalin des Herrn Devrient geblieben. Das
gegen vermag Heine als König Marke mit all seinen.
Geistigkeit und Persönlichkeit nicht die strahlende Güt#
Sonnenthals und Treßler bei all seiner Viel¬
seitigkeit als Tristan von Lonnois nicht Kainzensgge
heimnisvollen Nimbus zu ersetzen. Und ist es die Minder
rung der Kraft zweier Hauptdarsteller oder die nagende
Gewalt der Jahre — auch „Tantris der Narr“ hat vom
seiner Eindrucksmacht manches eingebüßt!
Glücklicher denn als Tantris, war Treßler als
Mercutio in einer neuen Einstudierung von „Rome#
und Julia“: voller Laune, burschikos und übermütig
Die neue Julia, Frau Medelsky, ist innig und liebens¬
wert, im Klassischen ebenso wie im Wienerischen: Köstlich
ist noch immer die uralte Frau Kratz als Amme Jus
liens. Dahingegen hätte das Burgtheater heute —.Gott
helfe mir, ich kann nicht anders! Herr Gerasch,ist gräß
lich! — nur einen einzigen Romeo: Harry Walden. —
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