II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 485

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18. Der einsane Reg
on Deutsches Pagblatt
Ausschnitbstgeutuche Rundschan
Wien
vom: 29. FEBRUhR
e gastieren.
— Die „Reichspost“ schreibt in ihrer Sonntags¬
nummer: Eine feine Burgtheaterwoche! Montag: Schön¬
derrs „Weibsteufel“: Dienstag: Schnitzlers „Der einsame
Weg“: Freitag: Rößlers „Die fünf Frankfurter“; Sonn¬
abend: Schnitzlers „Komödie der Worte“.,.. Nämlich:
Wir haben ein kaiserlich königliches Hofburgtheater. Wir
haben die „beste deutsche Bühne“, ein Haus voll großer
Vergangenheit. Auch ein teures Haus. Aber das macht
nichts. Der Kaiser bezahlt alles. Dafür haben wir
aber auch in unserem Hofburgtheater einen wahr¬
haftigen Kunsttempel. Täglich kann die arme, durch
die Kriegsnöte bedrückte Bevölkerung der Kaiserstadt
im Burgtheater Erhebung, edle Anregung finden, täglich
kann sie aus der rauhen Wirklichkeit flüchten in das Reich
des Erhabenen. Urlauber, die viele Monate im Feuer
gestanden sind, verbringen einen der wenigen, köstlichen
Abende der Heimat im Burgtheater. Wirklich, man kann
seine helle Freude an dieser Bühne haben. Sie erfüllt
ihren hohen Daseinszweck mit edler Beharrlichkeit. Montag:
Große sexuelle Auseinandersetzung zwischen einem geilen
Weib, einem impotenten Mann und einem augenscheinlich
potenten Grenzjäger. Dienstag: Klagelied eines Gealterten,
der die Familien seiner Freunde verseucht hat, dafür aber,
recht geschieht ihm, einsam geblieben ist. Freitag: Die
Geldaeschäfte der Bankiers Rothschild. Zu wie viel Prozent
leihen sie ihre Gelder den Kaisern und Königen? Sonn¬
abend: Nur nicht g'schamig sein! Ob der Freund dem
Freunde die Braut verführt, oder ob ein anderer Freund
einem anderen Freunde das Weib wegnimmt oder ob ein
Weib ihren Mann mit einem Freund betrügt ... nein.
wir sind nicht mehr so g'schamig, uns etwas daraus zu
machen. Und überhaupt: die Kunst stellen wir über alles.
Vollends über das Hofburgtheater lassen wir nichts kom¬
men. Gerade das, was dort jetzt gespielt wird, gerade
das brauchen wir jetzt wie einen Bissen Brot. Wie könnte
denn sonst unser Volk geistig durchhalten? Vielleicht gar
mit den Klassikern? Das ist zum Lachen. Das geschwol¬
lene Zeug von Schiller und Grillparzer, das kann uns
gestohlen werden. Wie weltfremd, wie unlebendig! Da
loben wir uns unseren Schönherr und unseren Schnitzler.
Die stehen im Leben. Die kennen die Not'und das Be¬
dürfnis unserer Zeit. Die fallen nicht hinein auf den
dummen, im Gehirne des Toren erzeugten Wahn, paß
der Mensch zu was Besserem geboren sei. Lächerliche
Gesühle, die sich im Herzen ankündigen. Die Regungen

mnseantien

es Unterleibes allein bestimmen unser Tun. — Ja, wi
aben ein kaiserlich königliches Hofburgtheater! Ein
hönes, großes, teures Haus!
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