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18. Der einsane Nen
R
sind, Frohsinn und wilde Lust uns umjauchzen, es hilft uns
zwar kein Drama, aber doch ein Kunstwerk ist. Die knappen
nichts, auf diesem Weg sind wir dennoch allein. Und wenn
Dialoge sind Bekenntnisse und in jedem Satz werden Ge¬
und Liebe und Freundschaft, wenn uns Kinder und Enkel¬
danken und Empfindungen aus Licht gehoben, die schon
kinder umgehen, auf diesem Pfad bitterer Ergebung sind wir
mancher gedacht und gefühlt haben mag, doch nicht auszu¬
einsam.
sprechen wußte. Sie haben Gültigkeit über den Einzelfall
Was wissen denn schließlich die Kinder von den Eltern,
hinaus, geben Aufschluß über den wahren Inhalt des Lebens
die Eltern vor den Kindern! Sie mögen zwei Jahrzehnte
und seine inneren Gesetze. Das Werk ist gesättigt mit
lang unter dem Einfluß gütigsten Menschentums gestanden
Stimmung, alles hat tiefere Bedeutung, bei jedem Ton
haben, es kann der Tag kommen, an dem sich zeigt, daß sie
schwingt ein Unterton mit und dem Zuschauer öffnet sich der
wie Fremde im Vaterhaus gelebt haben.
Blick in weite Fernen und — ins eigene Herz. Die Menschen
Andererseits, nicht die Blutsverwandtschaft ist das
in ihrer Seelenangst und Gleichgültigkeit dem Leben und
Wesentliche, nicht sie bindet aneinander, sondern das Zu¬
ihren menschlichen Beziehungen gegenüber sind psychologisch
sammenleben und =leiden. Man hat noch wenig für einen
mit meisterhafter Feinheit und scharfer Individualisierung
gezeichnet.
Menschen getan, wenn man#chts tat, als ihn in die Welt
zu setzen.
Wenn uns Schnitzler auch einen tiefen Einblick in die
Diese drei tiefen Menschheitsprobleme behandelt Schnitzler
Zusammenhänge unseres Daseins gibt, so hat er doch nicht
mit der Klarheii des Dichters, der die verborgenen Zu¬
vermocht, eine dramatische Handlung von zwiligen¬
sammenhängge des Lebens schaut und deuten muß, er behan¬
der über=eugungskraft zu schaffen, er bleibt von Anfang bis
Abr ohne Oewütr
delt sie mit de Weichheit des Menschenfreundes, der tief be¬
zu Ende episch=lyrisch. Das dichterisch Gehaltvolle Forantiert
troffen ist übee die enträselten Geheimnisse unseres Daseins,
esbadner Tagblatt
eben noch keine Wirkungsfähigkeit auf der Bühne, die ibre
und mit der schmerzlichen Resignation des Arztes, der er¬
ganz besonderen Leben bedingungen hat. Ein Erfolg war
Wiesbaden
kannt hat, aber nicht zu helfen vermag. Wie ein Tränenflor
hiernec von vernberem unwahrscheinlich, was noch an
liegt es über den Personen, und aus den Worten klingt es
Wirkung zu retten gewesen wäre, verschlang unbarmherzig
R. 1974
Moft wie verhaltenes Schluchzen über all die schmerzlichen Mög¬
das große Haus. „Der einsame Weg“, ist ein Werk für
lichkeiten, mit dem uns ein unbeeinflußbares Geschehen ver¬
Kammerspiele in kleinem, intimem Raum und für vorbe¬
wunden und vernichten kann. Die Bühne scheint grau ver¬
Schauspiele.
reitste Menschen, die auf die künstlerische Eigenart eines
hängt und wir frösteln, es ist Herbst geworden und die Blätter
Abends eingestellt sind. So erfreulich die Initiative des
il: „Der einsame Weg.“ Schau
fallen, wir sind auf der Schattenseite des Lebens.
Hoftheaters ist, so war die Wahl gerade dieses Schnitzlers doch
eSchnitzler. — Regie: Her
Die drei Motive werden von dem Dichter gleichzeitig an¬
verfehlt. Die Regie hatte sich redlich bemüht, Stil und
WR
S
geschlagen. Wie feine Fäden verschlingen sie sich, laufen neben¬
Stimmung des Werkes zu treffen, mußte aber erleben, daß
des Alterns, des Absterbens —
einander, werden fallen gelassen und wieder ausgenommen,
das Publikum in einer Szene voll weltentrückter Stimmung
is Ruhm und Reichtum geschentfI und so entsteht ein eigenartiges, wunderbares Gespinst, das 1 „lauter“ rief — wir haben es schaudernd miterlebt. Unter
7
den Einzelleistungen zeichnete sich Herr Legal durch
innerlichung aus, Herr Schwab als kühler Lebenspk
blieb flach, Herr Everth wirkte als heruntergekom
Genie etwes pastorel Frisch und sympathisch gab sich
Schneemeiß. Die theatralische Gestaltungsweise von
Frau Bayrhammer machte den an sich schon schwer ver¬
stauhsichen Ckaraste ihrer Ralls nicht klarer.
Das Publikum war über die ernsten Dinge, di ihm #a
#ngemutet wurden, sichtlich beleidigt, es glaubt halt zum
großen Teil immer noch, das Theater sei zum Vergnügen##
das ist natürlich Aberglaube.
K
18. Der einsane Nen
R
sind, Frohsinn und wilde Lust uns umjauchzen, es hilft uns
zwar kein Drama, aber doch ein Kunstwerk ist. Die knappen
nichts, auf diesem Weg sind wir dennoch allein. Und wenn
Dialoge sind Bekenntnisse und in jedem Satz werden Ge¬
und Liebe und Freundschaft, wenn uns Kinder und Enkel¬
danken und Empfindungen aus Licht gehoben, die schon
kinder umgehen, auf diesem Pfad bitterer Ergebung sind wir
mancher gedacht und gefühlt haben mag, doch nicht auszu¬
einsam.
sprechen wußte. Sie haben Gültigkeit über den Einzelfall
Was wissen denn schließlich die Kinder von den Eltern,
hinaus, geben Aufschluß über den wahren Inhalt des Lebens
die Eltern vor den Kindern! Sie mögen zwei Jahrzehnte
und seine inneren Gesetze. Das Werk ist gesättigt mit
lang unter dem Einfluß gütigsten Menschentums gestanden
Stimmung, alles hat tiefere Bedeutung, bei jedem Ton
haben, es kann der Tag kommen, an dem sich zeigt, daß sie
schwingt ein Unterton mit und dem Zuschauer öffnet sich der
wie Fremde im Vaterhaus gelebt haben.
Blick in weite Fernen und — ins eigene Herz. Die Menschen
Andererseits, nicht die Blutsverwandtschaft ist das
in ihrer Seelenangst und Gleichgültigkeit dem Leben und
Wesentliche, nicht sie bindet aneinander, sondern das Zu¬
ihren menschlichen Beziehungen gegenüber sind psychologisch
sammenleben und =leiden. Man hat noch wenig für einen
mit meisterhafter Feinheit und scharfer Individualisierung
gezeichnet.
Menschen getan, wenn man#chts tat, als ihn in die Welt
zu setzen.
Wenn uns Schnitzler auch einen tiefen Einblick in die
Diese drei tiefen Menschheitsprobleme behandelt Schnitzler
Zusammenhänge unseres Daseins gibt, so hat er doch nicht
mit der Klarheii des Dichters, der die verborgenen Zu¬
vermocht, eine dramatische Handlung von zwiligen¬
sammenhängge des Lebens schaut und deuten muß, er behan¬
der über=eugungskraft zu schaffen, er bleibt von Anfang bis
Abr ohne Oewütr
delt sie mit de Weichheit des Menschenfreundes, der tief be¬
zu Ende episch=lyrisch. Das dichterisch Gehaltvolle Forantiert
troffen ist übee die enträselten Geheimnisse unseres Daseins,
esbadner Tagblatt
eben noch keine Wirkungsfähigkeit auf der Bühne, die ibre
und mit der schmerzlichen Resignation des Arztes, der er¬
ganz besonderen Leben bedingungen hat. Ein Erfolg war
Wiesbaden
kannt hat, aber nicht zu helfen vermag. Wie ein Tränenflor
hiernec von vernberem unwahrscheinlich, was noch an
liegt es über den Personen, und aus den Worten klingt es
Wirkung zu retten gewesen wäre, verschlang unbarmherzig
R. 1974
Moft wie verhaltenes Schluchzen über all die schmerzlichen Mög¬
das große Haus. „Der einsame Weg“, ist ein Werk für
lichkeiten, mit dem uns ein unbeeinflußbares Geschehen ver¬
Kammerspiele in kleinem, intimem Raum und für vorbe¬
wunden und vernichten kann. Die Bühne scheint grau ver¬
Schauspiele.
reitste Menschen, die auf die künstlerische Eigenart eines
hängt und wir frösteln, es ist Herbst geworden und die Blätter
Abends eingestellt sind. So erfreulich die Initiative des
il: „Der einsame Weg.“ Schau
fallen, wir sind auf der Schattenseite des Lebens.
Hoftheaters ist, so war die Wahl gerade dieses Schnitzlers doch
eSchnitzler. — Regie: Her
Die drei Motive werden von dem Dichter gleichzeitig an¬
verfehlt. Die Regie hatte sich redlich bemüht, Stil und
WR
S
geschlagen. Wie feine Fäden verschlingen sie sich, laufen neben¬
Stimmung des Werkes zu treffen, mußte aber erleben, daß
des Alterns, des Absterbens —
einander, werden fallen gelassen und wieder ausgenommen,
das Publikum in einer Szene voll weltentrückter Stimmung
is Ruhm und Reichtum geschentfI und so entsteht ein eigenartiges, wunderbares Gespinst, das 1 „lauter“ rief — wir haben es schaudernd miterlebt. Unter
7
den Einzelleistungen zeichnete sich Herr Legal durch
innerlichung aus, Herr Schwab als kühler Lebenspk
blieb flach, Herr Everth wirkte als heruntergekom
Genie etwes pastorel Frisch und sympathisch gab sich
Schneemeiß. Die theatralische Gestaltungsweise von
Frau Bayrhammer machte den an sich schon schwer ver¬
stauhsichen Ckaraste ihrer Ralls nicht klarer.
Das Publikum war über die ernsten Dinge, di ihm #a
#ngemutet wurden, sichtlich beleidigt, es glaubt halt zum
großen Teil immer noch, das Theater sei zum Vergnügen##
das ist natürlich Aberglaube.
K