II, Theaterstücke 18, Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten (Junggeselle, Junggesellenstück, Die Egoisten, Einsame Wege, Wege ins Dunkle, Weg zum Licht), Seite 497

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18. Der

Ausschnitt aus: #
Breslauer Morgen Zeitung,

Thaliatheater.
Freitag, 1. Oktober: Schnitzlers „Der einsame Weg“.
Das Thema eines verheifflichten Fehltrittes, einer Lüge, auf
der ein Liebes=, ein Eheglück aufgebaut ist, hat Schnitzler immer
wieder angeschlagen, ja, man könnte meinen es sei sein Lieblings¬
motiv. Aber während er sonst das Verhältnis von Mann und
Weib beleuchtet, läßt er hier das Weib schon im ersten Alt ver¬
schwinden und zeigt nur die Stellung des Vaters zu dem natür¬
lichen Sohne. Der Maler Fichtner hat sein Leben durchstürmt, alles
Glück: Künstlerehren und Frauengunst hat er ausgekostet; nun, an
der Schwelle des Alters, sieht er sich vereinsamt. „Von all' dem
Da er¬
rauschenden Geleite, wer harrte liebend bei mir aus?!“
innert er sich eines Sohnes, der als der Sprößling eines anderen,
eines Freundes, gilt. Der Tod der Mutter hat ihn jeder Rücksicht
enthoben, er will den Jüngling an sich ziehen, als Genossen für den
nahen einsamen Weg; aber der Sohn, den er so lange verleugnet,
wendet sich von ihm. Das ist im Grunde die ganze Handlung des
Schnitzlerschen Werkes. Gewiß: auch eine verlassene Geliebte des
Malers, eine Schauspielerin taucht noch auf; aber auch ihr Er¬
scheinen klingt aus in dem Schrei nach einem verscherzten Kinde.
Und noch eine Liebesgeschichte läuft nebenher: die zarte Neigung

eines schwermütigen Mädchens zu einem Schriftsteller. Sie endet
das Schönste ist. Hier weist er deutend hinein in die Grund alles was er zu
mit einem Serbstmord, den man nicht recht zu fassen vermag; man
#verschlungenen Wege des Schauspiels, bellt, ein tiefes vor, und Rudolf Lenoi###
hat das Gefühl. daß er mehr pathologisch als seelisch motiviert sei
wortlich zeichnete, war als
Symbol, Dunkles auf und steht matt aufleuchtend über
daß ihn mehr der Arzt, als der Dichter Schnitzler diktiert habe. Se
liger gänzlich verferlter
dem Ende, ein Wegweiser zu schmerzlichem Verzicht. Der
entbehrt das Ganze des wes# tlichsten Reizmittels: der dramatischer
Johaung entbehrte nicht e
einsame Weg, der „Weg hinab“, den alle allein geben
; aber ihr
Spannung; es ist mehr eine dialogisierte Novelle als ein Schau
I#n
müssen. Menschen leben ihr Leben, in Reichtum, Ruhm,
von geipen Sehnsüchten bed¬
spiel. Aber es liegt darüber jene weiche, traumselige Stimmung
Liebz, Genuß, Enttäuschung, Schmerz und Verzweiflung
Weib wurde bei ihr e
jene Poesie des Wiener Waldes, die nur der voll zu würdige
und einmal kommt der Tag, an dem ihnen alles unter
[Barna und Elise Ecker
vermag, der längere Zeit den Zauber Wiens empfunden hat
den Händen zerrinnt. Finer nach dem andern geht von
ibrem Platze.
Dieser Stimmung wurde die Darstellung nur zum Teil gerecht
ihnen; sie haben imme. nur genommen, und nicht ge¬
freilich sollen sie auch nur einzelne Gestalten geben. Vor allem da
geben; haben niemandem gebört, wieviele sie auch be¬
lief.rt
Frl. Parlow
visionäre Mädchen.
melancholische,
sessen haben, und nie ihr Innerstes verschwendet. Und
damit den Beweis, daß sie künstlerisch um ein Beträchtliches ge,
stehen am Ende da, fröstelnd in der Kälte ihrer Einsam¬
keit. Was Schnitzler über all' das und noch manches
machsen ist. Das war nicht mehr das verschüchterte, leise Fräulein.
andere zu sagen hat, klingt aus der Tiefe eigener, schmerz¬
(das ich im vorigen Jahre auf der gleichen Bühne sah, das war eine
licher Erkenntnis. Und was er nicht sagt, was er ver¬
gestaltende Darstellerin. Würdig stand ihr Herr Halpern zur
schweigt, schwingt mit in heimlichen Unter= und Ober¬
Seite; aus seinen Reden, aus seinem Wesen klang die müde und
stönen von verborgener Musik, und erschüttert den, der
doch nach neuen Eindrücken dürstende Wehmut des Dichterherzens.
das Ohr hat für diese Musik. Alles ist von zartester
Herr Hart traf wohl recht glücklich den Ton der Verbitterung, den
Geschliffenheit, wie seine Menschen von zartester Ge¬
die Furcht vor dem frendlosen Alter weckt; aber es fehlte ihm der
schliffenheit sind. Kein lauter Ton dringt nach außen,
Glanz der faszinierenden Persönlichkeit, man begriff nicht recht, daß
iman muß hindurchsehen bis in die verborgensten Unter¬
diese Künstlerseele einst alle Frauenherzen gewonnen haben solle.
gründe, um unter aller gedämpften Ruhe und artstokra¬
Eine reife, abgerundete, dem Leben abgelauschte Leistung bot Fräu¬
tischen Verschlossenheit noch ein Chaos zu erblicken. Ein
lein Holm als die schmerzvoll und doch tapfer resignierende Schau¬
Drama? Vielleicht. Nur daß das dramatische Geschebenst
spielerin Irene. Aus der allerdings wenig ergiebigen Figur des
nach außen kaum fühlbar wird. Daß Seelenvorgänge sich
zwischen zwei Vätern schwankenden Felix wußte Herr Sanden
gegen einander steilen und Kämpfe ausgekämpft werden,
nichts Rechtes zu machen; immerhin spürte man die Wärme eines
sohne sich geräuschvoll zu entzünden und zu entladen. Aber

wahren, stellenweise ergreifenden Gefühls. Die kleineren Rollen
eine Dichtung, in der ein leises Wort, ein wehmütiges
au¬
waren durch Frl. Eckert und die Herren Barna und Lenoir,
Lächeln tiefer erschüttert, als Krach und Donnerschlag
mancher schweren dramatischen Geschütze es je vermögen.
dem auch die Spielleitung oblag, angemessen besetzt. Das Haus war.
Ob das Publikum des Thaliatheaters den Sinn (und
mit Ausnahme der höchsten Nänge, dicht gefüllt; ein Beweis, daß

die Sinne) für die Tiefe und Schönheit dieser Dichtung
sich für echte Dichtungen immer ein Publikum findet, selbst wenn sie
hat? Es scheint mir zum mindesten zweifelhaft. Be¬
des Reizes der Neuheit und — der dramatischen Wirkung er¬
ssonders gestern, wo nicht für, sondern gegen Schnitzler
mangeln.
###espielt zu werden schien. Statt daß uns die verborgene
Musik und der ganze. verschwebende Stimmungszauber 1 K
der Dichtung aufgedeckt worden wäre, bnachte man teilsir
nüchtern und kalt, teils volternd und schnaubend Worte,
Ausschnitt aus:
Worte ohne Glanz und Tiefe. Von Schnitzlerscher Grazie
hatte allein Frl. Holm einen Hauch, und mehr, verspürt.
—2 10. 1975 SiSSiälE: GäfeTA Anzeige
Nur glaubte man ihr die 43 Jahre nicht, die Irene Herms!
vom:
alt sein soll. Die wundervollen Lorismen Stephan von
Salas, der ein Dichter ist, klangen bei Herrn
Halpern gequält und quälend; ihm fehlte die feine
Geistigkeit dieses Lebenskümrstlers, dessen innerste Natur
er obendrein auf den Kopf stellte, als er seine tigsen,
Theater und Musik.
wehmütig schmerzvollen Worte des Venzichts gegen Schluß
des vierten Aktes nach Art eines leidenschaftlichen Aus=#
Thaliatheater.
„Der einsame Weg.“ Alle perbe Bitternis und übruchs brachte. Herr Hart stellte mit seinem Julian
alle traug#e Verlassenheit, die am Schluß dieser schönen, Fichtner ein großes Theater an, machte aus dem müden|I
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en, #en Dichtung aus dunklen Augen ins Leere Künstler ein heruntergekommenes Subjekt und hatte kei¬
starrt, liest sihon im Tieel. Der bei Schnitler oftlnen eineigen echten Ton: Hans Sanden sprudelte obne!
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