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tritt uns entgegen als ein gealterter Anatol, der Liebe und
so reden die Oesterreicher gerne. Aber deutsch ist das darum
des Haltes jetzt bedürftig, sehnsüchtig nach seinem Sohn: er
ebensowenig, wie wenn einer schreibt, daß ihm „über
ist und bleibt ihm ein Fremder. Eine alternde Schauspie¬
semen Wunsch“ ein Auto zur Verfügling gestellt wurde.
lerin, die ihn liebte fühlt sich um das Glück betrogen, weil
Denn gemeint ist dann nicht, daß dies über seinen Wunsch
sie von ihm kein Kind hat: sie sieht ein, daß er nicht der
hinausging, sondern gemeint ist auf seinen Wunsch. Denn
Mann war, um überhaupt glücklich zu machen. Ein junges
in Oesterreich gewähren, wie man oft lesen kann, Gasthöfe
Mädchen fliegt einem alternden Mann entgegen, mit der
„über Wunsch“ auch Pension Und enn ein Wiener sagt,
ganzen Hingabe, die bei solcher Verbindung so häufig ist,
seine Familie sei im Sommer „am Semmering oder gar
und einer Angst dennoch vor dem Leben, dessen Unzuverlässig¬
„am“ Land, so macht er sich nicht klar, daß dieses „am“
keit sie voraus fühlt; und sie endet in dem Teich, der einige
gar nichts mit unserem Wörtchen „an“ zu tun hat, son¬
Stunden vorher ihr Bild festhielt — das Bild ebenso flüchtig
dern nichts weiter ist als eine aus dem flüchtigen Sprech¬
im Wandel der Erscheinungen, wie ihr eigenes Dasein. Und
deutsch entstandene Verirrung aus „auf dem“ (auf'm —af'm
dieser Mann, einer von den gehaltenen Schnitzlerhelden, die
a'm). Dafür hängt in Oesterreich denn auch ein Glas¬
—
Leid und Freude mit der gleichen tiefen Hingabe genießen,
luster auf dem Plafond.
ein Eroberer, der dennoch weiß, daß jeder Besitz schon von
Diese Kleinigkeiten müssen pedantisch wirken. Aber sie
vornherein ein Verzicht ist, folgt ihr, vom Tod gezeichnet, in
sind nicht minder wichtig als das Ausmerzen überflüssiger
das Nichts. Am Rande steht ein gütiger und verstehender
Fremdwörter, vielleicht noch wichtiger, weil tiefer liegend.
Mensch, der das Mädchen geliebt hat und sie sterben sehen
Wenn wir uns gewöhnen — und wir sind Sünder allzumal
muß, ohne ihr auf Armeslänge nahe zu kommen. Es ist
kein Wort, keine Form zu gebrauchen, deren ursprüng¬
ein großes Vergehen in diesem Stück; Menschenherbst. Und
liche Bedeutung uns nicht vollkommen klar ist, wenn wir
es wäre ein ewiger Herbst, wenn nicht zum Schluß der Sohn
gegenüber dem Geist der deutschen Sprache wieder gewissen¬
in den Armen des Mannes läge, der nicht im Fleische sein
hafter verfahren, dann treffen wir das Uebel an der Wurzel
Vater ist, der ihm aber Vater war: einer der unvergäng¬
und dann kommt die Abstoßung fremden Ballastes ganz
lichen Augenblicke, die für das ganze Leben, für die Zukunft
von selbst.
stehen bleiben als Gewißheit dafür, daß es über alle Ein¬
Daran kann und muß jeder mitarbeiten, der schreibt,
samkeit hinaus Gemeinstoft, Liebe, Güte gibt.
und seien esnur Briefe.
Schnitzler zu spielen ist eine der Aufgaben, die dei
Schauspielhause seit je liegen; und Dr. Eger brachte eine
vorzügliche Vorstellung heraus, der jedoch, wie manchen an¬
Deutsches Schauspielhaus.
deren sonst ausgezeichneten Aufführungen der Bühne, ein
wenig mehr Tempo nicht geschadet hätte. Es standen Dar¬
Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten
steller zur Verfügung, die für einige Rollen vorbestimmt sind.
von Arthur Schnitzler.
Nhil als Stephan von Sala: das war wieder eine seiner
reifen großen Gestaltungen geistvoller und gehaltener, erleb¬
In diesem Stücke ist nichts, was manche Ingste als allein
nisschwerer Männlichkeit, von denen ein unwiderstehlicher
seligmachend preisen: chaotische Leidenschaft, ekstatischer
Zauber, der Zauber des Bedeutenden ausgeht. Wagner als
Schwung; dafür ist etwas anderes darin, was sie in der
Fichtner steht gleichfalls in einer Rolle, die ihm von Natur
Regel nicht zu gestalten vermögen: Schicksal. Wirkliches,
zugewiesen ist: diese Weichheit, diese Unschlüssigkeit, dieses
glaubhaftes Schicksal, Verstrickung von Menschen in Zwänge,
Anlehnungsbedürfnis, das nicht hingebende Liebe ist, sondern
die ebensosehr aus der eigentümlichen Gestaltung der Ver¬
viel mehr ein anspruchsvoller unbewußter Egoismus — sie
hältnisse wie aus den Seelen selbst stammen. Im Mittel¬
kamen heraus. Prachtvoll war Kobler als Akademiedirektor
punkte stehen Menschen, die die Höhe des Lebens bereits
Wegrath; er gab den Alltagsmenschen, der dennoch durch
überschritten und durch frühere Handlungen ihren Weg
seine innere Güte einen Seelensonntag glaubhaft zu machen
schon festgelegt haben; daneben Jüngere. Junge, die auf
vermag. Und Julia Serda löste als Irene Herms ihre Auf¬
ihren Weg gedrängt werden. Abhängigkeit #berall; dennoch
gabe, durch eine alternde Schauspielerin das warmblütige
nicht letzter innerer Zusammenhang, sonder Vereinzelung.
junge Geschöpf von einst durchblicken zu lassen, mit mensch¬
Jeder in diesem Stück, jeder im Leben gehreden einsamen
lichster Kunst. Die todgeweihte Frau Gabriele Gertrud
Weg; nicht nur beim Abstieg, obwohl der die Einsamkeit
Arnolds trat neben diesen voll angeführten Gestalten natur¬
fühlbarer macht, sondern von Anbeginn. Dennoch gibt es
gemäß zurück. Von der jüngeren Generation gebührt dem
Augenblicke, die dieses trostlose Auf=sich=selbst=Angewiesen¬
Doktor Reumann Wlachs der Vortritt; er war eine wunder¬
sein aufzuheben scheinen. Sie liegen als leuchtende Halte¬
volle Bändigung tiefsten menschlichen Gefühls. Die Ge¬
punkte auf der durchwanderten Strecke, so eindringlich, daß
schwister Felix und Johanna waren bei Lütjohann und Hilde
die Erinnerung zuweilen wie Gegenwart erscheint, während
Knoth in guten Händen. Hilde Knoth ist unbedingt die beste
die Gegenwart als Traum zerrinnt. Das ganze Drama ist
Kraft die dem Schauspielhause für die Aufgabe zur Verfü¬
ein Weg zu solchem Höhepunkte, in dem zwei Menschen sich
gung stand. Sie hat freilich nicht die nachtwam##ische
gegenseitig bis ins Innersie als zujammengehörig fühlen.
Feinfühligkeit, die da sein müßte, um dieses Mädchen in das
Alles das mußte geschehen um dieses einen Augenblickes
volle helle Licht zu heben. — Der Beifall war sehr start.
willen.
H. W. F.
Ein bescheidener, tüchtiger Mann ist getäuscht worden; sein
Sohn gehört ihm nicht. Die Frau stirbt einsam mit dem
gehüteten Geheimnis. Der Mann, der sie zur Mutter machte.
au Panchg. Rertinte
140.0
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tritt uns entgegen als ein gealterter Anatol, der Liebe und
so reden die Oesterreicher gerne. Aber deutsch ist das darum
des Haltes jetzt bedürftig, sehnsüchtig nach seinem Sohn: er
ebensowenig, wie wenn einer schreibt, daß ihm „über
ist und bleibt ihm ein Fremder. Eine alternde Schauspie¬
semen Wunsch“ ein Auto zur Verfügling gestellt wurde.
lerin, die ihn liebte fühlt sich um das Glück betrogen, weil
Denn gemeint ist dann nicht, daß dies über seinen Wunsch
sie von ihm kein Kind hat: sie sieht ein, daß er nicht der
hinausging, sondern gemeint ist auf seinen Wunsch. Denn
Mann war, um überhaupt glücklich zu machen. Ein junges
in Oesterreich gewähren, wie man oft lesen kann, Gasthöfe
Mädchen fliegt einem alternden Mann entgegen, mit der
„über Wunsch“ auch Pension Und enn ein Wiener sagt,
ganzen Hingabe, die bei solcher Verbindung so häufig ist,
seine Familie sei im Sommer „am Semmering oder gar
und einer Angst dennoch vor dem Leben, dessen Unzuverlässig¬
„am“ Land, so macht er sich nicht klar, daß dieses „am“
keit sie voraus fühlt; und sie endet in dem Teich, der einige
gar nichts mit unserem Wörtchen „an“ zu tun hat, son¬
Stunden vorher ihr Bild festhielt — das Bild ebenso flüchtig
dern nichts weiter ist als eine aus dem flüchtigen Sprech¬
im Wandel der Erscheinungen, wie ihr eigenes Dasein. Und
deutsch entstandene Verirrung aus „auf dem“ (auf'm —af'm
dieser Mann, einer von den gehaltenen Schnitzlerhelden, die
a'm). Dafür hängt in Oesterreich denn auch ein Glas¬
—
Leid und Freude mit der gleichen tiefen Hingabe genießen,
luster auf dem Plafond.
ein Eroberer, der dennoch weiß, daß jeder Besitz schon von
Diese Kleinigkeiten müssen pedantisch wirken. Aber sie
vornherein ein Verzicht ist, folgt ihr, vom Tod gezeichnet, in
sind nicht minder wichtig als das Ausmerzen überflüssiger
das Nichts. Am Rande steht ein gütiger und verstehender
Fremdwörter, vielleicht noch wichtiger, weil tiefer liegend.
Mensch, der das Mädchen geliebt hat und sie sterben sehen
Wenn wir uns gewöhnen — und wir sind Sünder allzumal
muß, ohne ihr auf Armeslänge nahe zu kommen. Es ist
kein Wort, keine Form zu gebrauchen, deren ursprüng¬
ein großes Vergehen in diesem Stück; Menschenherbst. Und
liche Bedeutung uns nicht vollkommen klar ist, wenn wir
es wäre ein ewiger Herbst, wenn nicht zum Schluß der Sohn
gegenüber dem Geist der deutschen Sprache wieder gewissen¬
in den Armen des Mannes läge, der nicht im Fleische sein
hafter verfahren, dann treffen wir das Uebel an der Wurzel
Vater ist, der ihm aber Vater war: einer der unvergäng¬
und dann kommt die Abstoßung fremden Ballastes ganz
lichen Augenblicke, die für das ganze Leben, für die Zukunft
von selbst.
stehen bleiben als Gewißheit dafür, daß es über alle Ein¬
Daran kann und muß jeder mitarbeiten, der schreibt,
samkeit hinaus Gemeinstoft, Liebe, Güte gibt.
und seien esnur Briefe.
Schnitzler zu spielen ist eine der Aufgaben, die dei
Schauspielhause seit je liegen; und Dr. Eger brachte eine
vorzügliche Vorstellung heraus, der jedoch, wie manchen an¬
Deutsches Schauspielhaus.
deren sonst ausgezeichneten Aufführungen der Bühne, ein
wenig mehr Tempo nicht geschadet hätte. Es standen Dar¬
Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten
steller zur Verfügung, die für einige Rollen vorbestimmt sind.
von Arthur Schnitzler.
Nhil als Stephan von Sala: das war wieder eine seiner
reifen großen Gestaltungen geistvoller und gehaltener, erleb¬
In diesem Stücke ist nichts, was manche Ingste als allein
nisschwerer Männlichkeit, von denen ein unwiderstehlicher
seligmachend preisen: chaotische Leidenschaft, ekstatischer
Zauber, der Zauber des Bedeutenden ausgeht. Wagner als
Schwung; dafür ist etwas anderes darin, was sie in der
Fichtner steht gleichfalls in einer Rolle, die ihm von Natur
Regel nicht zu gestalten vermögen: Schicksal. Wirkliches,
zugewiesen ist: diese Weichheit, diese Unschlüssigkeit, dieses
glaubhaftes Schicksal, Verstrickung von Menschen in Zwänge,
Anlehnungsbedürfnis, das nicht hingebende Liebe ist, sondern
die ebensosehr aus der eigentümlichen Gestaltung der Ver¬
viel mehr ein anspruchsvoller unbewußter Egoismus — sie
hältnisse wie aus den Seelen selbst stammen. Im Mittel¬
kamen heraus. Prachtvoll war Kobler als Akademiedirektor
punkte stehen Menschen, die die Höhe des Lebens bereits
Wegrath; er gab den Alltagsmenschen, der dennoch durch
überschritten und durch frühere Handlungen ihren Weg
seine innere Güte einen Seelensonntag glaubhaft zu machen
schon festgelegt haben; daneben Jüngere. Junge, die auf
vermag. Und Julia Serda löste als Irene Herms ihre Auf¬
ihren Weg gedrängt werden. Abhängigkeit #berall; dennoch
gabe, durch eine alternde Schauspielerin das warmblütige
nicht letzter innerer Zusammenhang, sonder Vereinzelung.
junge Geschöpf von einst durchblicken zu lassen, mit mensch¬
Jeder in diesem Stück, jeder im Leben gehreden einsamen
lichster Kunst. Die todgeweihte Frau Gabriele Gertrud
Weg; nicht nur beim Abstieg, obwohl der die Einsamkeit
Arnolds trat neben diesen voll angeführten Gestalten natur¬
fühlbarer macht, sondern von Anbeginn. Dennoch gibt es
gemäß zurück. Von der jüngeren Generation gebührt dem
Augenblicke, die dieses trostlose Auf=sich=selbst=Angewiesen¬
Doktor Reumann Wlachs der Vortritt; er war eine wunder¬
sein aufzuheben scheinen. Sie liegen als leuchtende Halte¬
volle Bändigung tiefsten menschlichen Gefühls. Die Ge¬
punkte auf der durchwanderten Strecke, so eindringlich, daß
schwister Felix und Johanna waren bei Lütjohann und Hilde
die Erinnerung zuweilen wie Gegenwart erscheint, während
Knoth in guten Händen. Hilde Knoth ist unbedingt die beste
die Gegenwart als Traum zerrinnt. Das ganze Drama ist
Kraft die dem Schauspielhause für die Aufgabe zur Verfü¬
ein Weg zu solchem Höhepunkte, in dem zwei Menschen sich
gung stand. Sie hat freilich nicht die nachtwam##ische
gegenseitig bis ins Innersie als zujammengehörig fühlen.
Feinfühligkeit, die da sein müßte, um dieses Mädchen in das
Alles das mußte geschehen um dieses einen Augenblickes
volle helle Licht zu heben. — Der Beifall war sehr start.
willen.
H. W. F.
Ein bescheidener, tüchtiger Mann ist getäuscht worden; sein
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gehüteten Geheimnis. Der Mann, der sie zur Mutter machte.
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