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18. Der einsaneK
Karl Magnus spiel. den Felix als den Jüngling, der ins Leben will
und der vor den Rätseln schaudert, die es ihm offenbart. Vielleicht gab
er ihm für eine Schnitzlersche Gestalt zu viel klassische Edelschönheit.
Ernst Hetting traf die Schwermutsgeste des alt gewordenen Anatol¬
Typus äußerst glücklich. Seine Leistung gehörte wohl zu den vorzüg¬
lichsten des Abends, nur blieb sein Wort leider gar zu oft unverständlich.
Werner Pledathwar als Julian Fichtner herber, er brachte die stumme
Klage um den verlorenen Sohn recht wirksam zum Ausdruck. Jutta
Versen hatte als Irene Herms wieder einmal Gelegenheit, ihre Be¬
gabung, weibliche Vollnaturen darzustellen, aufs glücklichste zu zeigen.
Die Herzlichkeit und Innigkeit dieser Frau, ihre Natürlichkeit, die
Schnitzler mit besonderem Charme gezeichnet hat, wurde durch sie gewisser¬
maßen zur leibhaftigen Erscheinung. Und auch die Tragik der Gestalt
gab sie mit ungemacht wirkendem und deshalb um so tiefer eindringendem
Ernst. Rose Tergast=Grawz, Wilhelm Egger=Sell und Robert
Marlitz charakterisierten ihre Rollen ebenfalls recht treffend.
Das Publikum der Theatergemeinde folgte der Aufführung mit
stiller Teilnahme, die zum Schluß sich in lebhaftem Beifall äußerte.
Dr. Erich Jenisch.)
Amundsen über die Aufgaben der neuen
Expedition.
Wohnen noch unentdeckle Menschen in den arklischen
Regionen?
Nachdruck geboten.]
Nur kurze Zeit noch, so hebt Roald Amundsen von neuem sich, um
um Nordpol zu fliegen. Die wievielte Nordpolexpedition Amundsens ist
3? Er ist zu Fuß und mit Schlitten, er ist mit dem Schiff und den
flugzeug ausgezogen, den Nordpol zu besiegen, nun also ist es ein mäch
iges Luftschiff, mit dem er zum Flug über den Nordpol starten
#ird.
Es gibt Leute, die auf Amundsens Nordpolfahrten sehen als auf
ine Reihe prahlender und kostspieliger Selbstmordversuche. Es
übt andere, die ihm Vorwürfe machen, daß er sein Leben nicht für eine
rößere Sache einsetzt, als die Erforschung eines Eisklumpens, wenn er
chon wirklich den Mut hat, sein Leben zu wagen. Amundsen kennt das
ilies, er ist gewohnt für einen Halbnarren, für einen Dummdreisten
sehalten zu werden, vielleicht für noch Schlimmeres. Wenn er trotzdem
zleichmütig bleibt, wenn er trotz der menschlichen Kälte, die schlimmer
ist als die arktische, immer wieder das Interesse an seinen Plänen wecken
und sogar neues Kapital dazu schaffen kann, so ist es, weil doch etwas
anderes und mehr in ihm ist, als die Skeptiker sehen können. Er ist
einer von den „Narren, die nicht Ruhe finden, sondern verbrennen vor
Sehnsucht“, wie es in einem altenglischen Lied heißt. Er ist aus jenem
Stoff geformt, aus dem die großen Entdeckungsreisenden,
Columbus, Stanley, Livingstone, geschaffen waren. Was will er dort
oben, sagen die Verständnislosen, diese große über die ganze Erde ver¬
breitete Vereinigung für Stubenkultur, die alles Geistesleben monopoli¬
sieren möchte.
Ja, was will er dort oben? Die Jugend ist es, die ihn ver¬
steht. Roald Amundsen ist aus dem Stoff, aus dem die großen Vor¬
bilder der Jugend gemacht sind. Er wird von Kräften getrieben, die der
Durchschnitt nicht begreift, aber sein Beispiel erregt die Jugend und färbt
ihre Träume. Was ist Jugend? Es ist die Menschheit, die sich noch
nicht hat niederziehen lassen in das Enttäuschtsein vom Leben, die noch
lebt in dem Chaos von Möglichkeiten. Jugend — das sind wir alle,
bevor wir zu Gewürzkrämern, zu Rechtsanwälten, zu Postboten und
Journalisten wurden und hineinglitten in den Gesellschaftshaushalt als
Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Amundsen hat sein eigent¬
liches Publikum unter der Jugend, unter den Jungen, die noch nur
jung sind — und den Aelteren, die noch nicht ihre Jugend verleugnet
haben. Das ist dort, wo noch die Phantasie lebt — trotz allem. Und
wenn Amundsen jetzt erzählt, daß er vielleicht Menschen finden wird am
Nordpol, Nachkommen einst gestrandeter Walfischfänger und deren
Eskimofrauen, so klopfen unsere Herzen. Denn dies ist doch das Märchen,
das leuchtende Märchen. Und im selben Augenblick wissen wir,
daß Amundsen recht hat. Das Erlebnis, Robinson persönlich zu begegnen,
ist die letzte Mühe wert.
In einem Artikel in „Nationaltidende“ hat Amundsen die Auf¬
gaben dargelegt, die die neue Expedition zu lösen hat. Eine dieser
Aufgaben ist, festzustellen, ob irgendwo im Nordpolgebiet sich bisher unbe¬
kanntes Land, zusammenhängendes Festland oder einzelne zerstreute
Inseln finden, die, von Treibeisgürteln umgeben, zu Fuß oder Schiff
unerreichbar und darum bis jetzt unentdeckt geblieben sind. Dabei kommt
Amundsen auch auf die Frage zu sprechen, ob auf solchem Festlande viel¬
v.. uduM „
#n ader ab in diesen Gegenden
E CP
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18. Der einsaneK
Karl Magnus spiel. den Felix als den Jüngling, der ins Leben will
und der vor den Rätseln schaudert, die es ihm offenbart. Vielleicht gab
er ihm für eine Schnitzlersche Gestalt zu viel klassische Edelschönheit.
Ernst Hetting traf die Schwermutsgeste des alt gewordenen Anatol¬
Typus äußerst glücklich. Seine Leistung gehörte wohl zu den vorzüg¬
lichsten des Abends, nur blieb sein Wort leider gar zu oft unverständlich.
Werner Pledathwar als Julian Fichtner herber, er brachte die stumme
Klage um den verlorenen Sohn recht wirksam zum Ausdruck. Jutta
Versen hatte als Irene Herms wieder einmal Gelegenheit, ihre Be¬
gabung, weibliche Vollnaturen darzustellen, aufs glücklichste zu zeigen.
Die Herzlichkeit und Innigkeit dieser Frau, ihre Natürlichkeit, die
Schnitzler mit besonderem Charme gezeichnet hat, wurde durch sie gewisser¬
maßen zur leibhaftigen Erscheinung. Und auch die Tragik der Gestalt
gab sie mit ungemacht wirkendem und deshalb um so tiefer eindringendem
Ernst. Rose Tergast=Grawz, Wilhelm Egger=Sell und Robert
Marlitz charakterisierten ihre Rollen ebenfalls recht treffend.
Das Publikum der Theatergemeinde folgte der Aufführung mit
stiller Teilnahme, die zum Schluß sich in lebhaftem Beifall äußerte.
Dr. Erich Jenisch.)
Amundsen über die Aufgaben der neuen
Expedition.
Wohnen noch unentdeckle Menschen in den arklischen
Regionen?
Nachdruck geboten.]
Nur kurze Zeit noch, so hebt Roald Amundsen von neuem sich, um
um Nordpol zu fliegen. Die wievielte Nordpolexpedition Amundsens ist
3? Er ist zu Fuß und mit Schlitten, er ist mit dem Schiff und den
flugzeug ausgezogen, den Nordpol zu besiegen, nun also ist es ein mäch
iges Luftschiff, mit dem er zum Flug über den Nordpol starten
#ird.
Es gibt Leute, die auf Amundsens Nordpolfahrten sehen als auf
ine Reihe prahlender und kostspieliger Selbstmordversuche. Es
übt andere, die ihm Vorwürfe machen, daß er sein Leben nicht für eine
rößere Sache einsetzt, als die Erforschung eines Eisklumpens, wenn er
chon wirklich den Mut hat, sein Leben zu wagen. Amundsen kennt das
ilies, er ist gewohnt für einen Halbnarren, für einen Dummdreisten
sehalten zu werden, vielleicht für noch Schlimmeres. Wenn er trotzdem
zleichmütig bleibt, wenn er trotz der menschlichen Kälte, die schlimmer
ist als die arktische, immer wieder das Interesse an seinen Plänen wecken
und sogar neues Kapital dazu schaffen kann, so ist es, weil doch etwas
anderes und mehr in ihm ist, als die Skeptiker sehen können. Er ist
einer von den „Narren, die nicht Ruhe finden, sondern verbrennen vor
Sehnsucht“, wie es in einem altenglischen Lied heißt. Er ist aus jenem
Stoff geformt, aus dem die großen Entdeckungsreisenden,
Columbus, Stanley, Livingstone, geschaffen waren. Was will er dort
oben, sagen die Verständnislosen, diese große über die ganze Erde ver¬
breitete Vereinigung für Stubenkultur, die alles Geistesleben monopoli¬
sieren möchte.
Ja, was will er dort oben? Die Jugend ist es, die ihn ver¬
steht. Roald Amundsen ist aus dem Stoff, aus dem die großen Vor¬
bilder der Jugend gemacht sind. Er wird von Kräften getrieben, die der
Durchschnitt nicht begreift, aber sein Beispiel erregt die Jugend und färbt
ihre Träume. Was ist Jugend? Es ist die Menschheit, die sich noch
nicht hat niederziehen lassen in das Enttäuschtsein vom Leben, die noch
lebt in dem Chaos von Möglichkeiten. Jugend — das sind wir alle,
bevor wir zu Gewürzkrämern, zu Rechtsanwälten, zu Postboten und
Journalisten wurden und hineinglitten in den Gesellschaftshaushalt als
Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Amundsen hat sein eigent¬
liches Publikum unter der Jugend, unter den Jungen, die noch nur
jung sind — und den Aelteren, die noch nicht ihre Jugend verleugnet
haben. Das ist dort, wo noch die Phantasie lebt — trotz allem. Und
wenn Amundsen jetzt erzählt, daß er vielleicht Menschen finden wird am
Nordpol, Nachkommen einst gestrandeter Walfischfänger und deren
Eskimofrauen, so klopfen unsere Herzen. Denn dies ist doch das Märchen,
das leuchtende Märchen. Und im selben Augenblick wissen wir,
daß Amundsen recht hat. Das Erlebnis, Robinson persönlich zu begegnen,
ist die letzte Mühe wert.
In einem Artikel in „Nationaltidende“ hat Amundsen die Auf¬
gaben dargelegt, die die neue Expedition zu lösen hat. Eine dieser
Aufgaben ist, festzustellen, ob irgendwo im Nordpolgebiet sich bisher unbe¬
kanntes Land, zusammenhängendes Festland oder einzelne zerstreute
Inseln finden, die, von Treibeisgürteln umgeben, zu Fuß oder Schiff
unerreichbar und darum bis jetzt unentdeckt geblieben sind. Dabei kommt
Amundsen auch auf die Frage zu sprechen, ob auf solchem Festlande viel¬
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