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18. Der einsane Nen
417
Der Bund, Bern
Grundstimmung sozusagen in eine düstere Luft¬
Berner Stadttheater
schicht emnpor.
der einsame Diese seltsame Mischung von weltmännischet
frthur Shnl#
Leichtigkeit und tieferTragik kam auch im Ton der
Rz. Arthur Schnitzler ist Dichter der Herbst= von Weiß geleiteten Aufführung schön zur Gel¬
stimmung. Wie etwa in seinem Roman „Dr. tung. Tempo und Rhythmus der Wiedergabe wa¬
Gräsler, Badearzt“ (1917), so klingt auch schon ren sein abgestuft. Carl Weiß schuf überdies
durch dieses viel ältere Stück (1914) jene eigen= in der Gestalt des genialen, heimatlosen Malers
Artige Herbstmelodie, in welcher Töne verhal= Fichtner, der einen Sohn hat (Felix) und ihn
Ctenen Uebermuts, der schweren Neife, der Trauer nicht sein eigen nennen darf, der um sein Kind
und der herben Einsamkeit mitschwingen. Doch kämpft und es schließlich nur noch mehr verliert,
—
Carl Weiß schuf in dieser Gestalt einen le¬
einsam, einsam ist jeder dieser Menschen, ob
benswahr empfundenen, erleonisreichen Men¬
jung oder alt. Keiner weiß vom andern. Der
schen, der tragisch wirkte. Ihm gegenüber ver¬
Vater nicht vom Sohn und nicht von der Toch¬
ter, die Schwester nicht vom Bruder, der Freund körperte Fritz Forberg im Schriftsteller
Stephan von Sala den geistreichen, überlegenen.
nicht vom Freund. Trotzdem aber lastet in
Schnitzlers Schauspiel nicht die fast erdrückende allesverstehenden Weltmann in höchst sympa¬
thischer Weise, während Grete Wittels mit
Atmosphäre von Hauptmanns „Einsamen Men¬
schea“; ob „Der einsame Weg“ auch unnötig ihrer Johanna durch den müden, gebrochenen
lang gestreckt ist, was durch Schnitzlers Art der Ton der jugendlichen Stimme und den eigen¬
Schilderung jedoch bedingt wird, so liegt doch artig starren, sehnsüchtigen Gesichtsausdruck, so¬
auch über diesem Drama eine besondere Luft; wie durch ihr stark verhaltenes und ooch nervö¬
ses Spiel geradezu ein Symbol der Einsamkeit
man wäre fast versucht zu sagen, daß nicht
das, was die Menschen sprechen, sondern das, darstellte, besonders dann auch im Trauerge¬
was verschwiegen und geschwiegen wird, demwand. Sie und Richard Saldern (Felix)
Stück seinen eigenartigen Reiz, seine fesselnde dürften bisweilen übrigens klarer und vernehm¬
Stimmung verleiht. Und doch werden sehr viele licher sprechen. Ekkehard Kohlund war ein
geistreiche und gedankenvolle Dinge gesprochen, würdiger Professor Wegrath; Cornelia Bruhn
wie immer bei Schnitzler, der ja auch aus der gab die einstige Schauspielerin Irene Herms
Zeit der geistreichen Wiener Causerie heraus=frecht frisch, Hermann Greid trat als Dr. Reu¬
gewachsen ist. Eine gewisse Eleganz und Leich= mann sehr unbedeutend auf; Clothilde Barth
tigkeit hebt das Schauspiel aus aller tragischen spielte die kranke Mutter gut.
18. Der einsane Nen
417
Der Bund, Bern
Grundstimmung sozusagen in eine düstere Luft¬
Berner Stadttheater
schicht emnpor.
der einsame Diese seltsame Mischung von weltmännischet
frthur Shnl#
Leichtigkeit und tieferTragik kam auch im Ton der
Rz. Arthur Schnitzler ist Dichter der Herbst= von Weiß geleiteten Aufführung schön zur Gel¬
stimmung. Wie etwa in seinem Roman „Dr. tung. Tempo und Rhythmus der Wiedergabe wa¬
Gräsler, Badearzt“ (1917), so klingt auch schon ren sein abgestuft. Carl Weiß schuf überdies
durch dieses viel ältere Stück (1914) jene eigen= in der Gestalt des genialen, heimatlosen Malers
Artige Herbstmelodie, in welcher Töne verhal= Fichtner, der einen Sohn hat (Felix) und ihn
Ctenen Uebermuts, der schweren Neife, der Trauer nicht sein eigen nennen darf, der um sein Kind
und der herben Einsamkeit mitschwingen. Doch kämpft und es schließlich nur noch mehr verliert,
—
Carl Weiß schuf in dieser Gestalt einen le¬
einsam, einsam ist jeder dieser Menschen, ob
benswahr empfundenen, erleonisreichen Men¬
jung oder alt. Keiner weiß vom andern. Der
schen, der tragisch wirkte. Ihm gegenüber ver¬
Vater nicht vom Sohn und nicht von der Toch¬
ter, die Schwester nicht vom Bruder, der Freund körperte Fritz Forberg im Schriftsteller
Stephan von Sala den geistreichen, überlegenen.
nicht vom Freund. Trotzdem aber lastet in
Schnitzlers Schauspiel nicht die fast erdrückende allesverstehenden Weltmann in höchst sympa¬
thischer Weise, während Grete Wittels mit
Atmosphäre von Hauptmanns „Einsamen Men¬
schea“; ob „Der einsame Weg“ auch unnötig ihrer Johanna durch den müden, gebrochenen
lang gestreckt ist, was durch Schnitzlers Art der Ton der jugendlichen Stimme und den eigen¬
Schilderung jedoch bedingt wird, so liegt doch artig starren, sehnsüchtigen Gesichtsausdruck, so¬
auch über diesem Drama eine besondere Luft; wie durch ihr stark verhaltenes und ooch nervö¬
ses Spiel geradezu ein Symbol der Einsamkeit
man wäre fast versucht zu sagen, daß nicht
das, was die Menschen sprechen, sondern das, darstellte, besonders dann auch im Trauerge¬
was verschwiegen und geschwiegen wird, demwand. Sie und Richard Saldern (Felix)
Stück seinen eigenartigen Reiz, seine fesselnde dürften bisweilen übrigens klarer und vernehm¬
Stimmung verleiht. Und doch werden sehr viele licher sprechen. Ekkehard Kohlund war ein
geistreiche und gedankenvolle Dinge gesprochen, würdiger Professor Wegrath; Cornelia Bruhn
wie immer bei Schnitzler, der ja auch aus der gab die einstige Schauspielerin Irene Herms
Zeit der geistreichen Wiener Causerie heraus=frecht frisch, Hermann Greid trat als Dr. Reu¬
gewachsen ist. Eine gewisse Eleganz und Leich= mann sehr unbedeutend auf; Clothilde Barth
tigkeit hebt das Schauspiel aus aller tragischen spielte die kranke Mutter gut.