17 4. Marionetten— Zyklus
Telephon 12.801.
„UDSLRTER
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Geni, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
Quellenangabe ohne Gewähr.
Ausschnitt ausburger Nachrichten
Hamburg
vom: -6. 6. 1906
O. T.
Marionelen.
Von Arthur Schnitzlar. Verlag von S. Fischer,
Berling
In drei verschiedenen Formen belebt der geistvolle Autor
den Begriff des Puppenspiels. Drei Einakter hat er er¬
sonnen, deren erster die vermeintliche Souveränität des
Stärkeren schildert, der seine Mitmenschen am Fädchen lenken
zu können glaubt, und der schließlich merkt, daß er selber
statt zu schieben, geschoben worden, daß er aus dem Lebens¬
kampf als Unterlegener hervorgegangen ist. In diesem Stück¬
chen, das von den dreien das schwächste ist, herrschen völlig
menschliche Verhältnisse vor, alles entwickelt sich, wenn auch
nicht gerade fesselnd und sonderlich sympathisch, so doch glaub¬
haft, und kann daher von lebenden Darstellern gespielt wer¬
den. Im „Tapferen Cassian“ verwischen sich bereits die
festen Konturen der Wirklichkeit, und es blickt ein gutmütiger
Sport durch den scheinbaren Ernst der Situation hindurch, bis
schließlich die letzte Szene in einen tollen Harlekinswitz aus¬
läuft und den Vord ins Grotesk=Komische verzerrt. Das
Stück ist sehr wohl auf der Bühne, von Menschen verkörpert,
möglich, aber auch von Marionetten dargestellt denkbar. Das
dritte Stück aber, „Zum großen Wurstel, ist durch¬
aus auf die Holzfigurenkomödie zugeschnitten und als solche
von großem Wert. Alle Quellen der Heiterkeit fließen:
lächelnder Humor und beißende Satire, treffender Witz und
harmlose Laune. Es muß von mächtiger Wirkung sein, diese
komischen Szenen von leblosen Figuren mit den immer
gleichbleibenden Holzgesichtern spielen zu sehen. Das Ende
fällt leider sehr stark ab; es wäre für den Fall der Benutzung
deingend geraten, den Dichter um eine Abänderung zu
bitten. Sollte das Marionettentheater Paul Branns in
Berlin zur Tatsache werden, so wird es zweifellos „Zum
großen Wurstel“ zu seinen hervorragenden Repertoirestucken
zählen.
P. Al. K.
Tiehocle
box 22/10
Telephon 12.801.
SERVER
Konz. Unternehmung für Zeitungs-Ausschnitte
cn, I., Concordlaplatz 4.
Vertretungen
Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
zenf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-York, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
22. 7. 1906 —ipziger ragblatt
vom:
1
Marioneien.
Drei Einakter von Arthur Schnitzler. Ber¬
lin, S
Dies Buch enthält drei kleine Dichtungen, deren zwei
mit dem Gedanken eines primitiven Theaters tändeln,
während die erste nur durch den Namen Beziehungen zu ihm
hat. In dieser Studie, dem „Puppenspieler“, gefallt es
Schnitzter, die Manier seiner Seelendramen paradigmatisch
zu vereinfachen. Er bedient sich, wie auch sonst, des Charak¬
ters des künstlerischen Egoisten, der wahnt, die Menschen
zu beherrschen, indes das Glück an ihm vorübergeeilt ist, und
der zu spat sich als betrogenen Narren füylt. Georg Merklin
kommt nach Jahren aus der Fremde zurück, zu Eduard und
zu Anna, dessen Frau. Er selbst hat einst, obwohl das Mäd¬
chen ihn lievte, beide zusammengebracht, und entdeckt dies
höhnisch seinem Freunde. Aber an dessen einfacher Lebens¬
empfindung wird der Neid des „Puppenspielers“ zu nichte,
er läßt darum den andern, sein Weib, sein Kind, und wendet
sich von neuem, mit jenem Selbstbetrug, in dessen Worten
die Tonart des Ibsenschen Ekdal nachschwingt in die Ein¬
samkeit. Der „tapfere Cassian“ führt ins siebzehnte Jahr¬
hundert, in die Welt von Grimmelshausens „Simplizissi¬
##as“ Martin, ein junger Falschspieler der nach einer ita¬
lienischen Tänzerin toll ist und das Mädel, mit dem er die
Liebe erprobte, in den Tod jagen will, wird von einem¬
Bramarbas bezwungen; der entreißt ihm Geld, Mädel, er¬
hoffte Abenteuer, und Martin stirbt, von ihm durchbohrt,
nach glegischer Klage auf der Flöte. Der kleine Akt ist eine
Laune, kein Werk; den roh bemalten Figuren ist die Lyrik
nur von außen zugelegt, doch es reizt die seltsame Szenerie
und die Hast des Dialoges. Im „Großen Wurstl“ hat
Schnitzler, aus seiner Amateurneigung zu kleinen Illusions¬
witzen heraus, Tiecks „Gestiefelten Kater“ nachgeahmt. Wie
bei dem Romantiker, werden Direktor, Publikum, Mario¬
netten zusammengeworfen; der Bissige sitzt im Parterre
neben dem Wohlwollenden, Schnitzler parodiert seine eigenen
Typen, den Raisonneur, das süße Mädel, den „düsteren
Kanzelisten“ und macht sich den Spaß, auch Bahrs Meister“
und den „Grafen von Charolais“ auftauchen zu lassen. Bis
das Marionettenspiel mit einem großen Skandal endet, und
ein „Unbekannter, das Schicksal, mit bloßem Schwerte die
Drähte der Puppen zerschneidet.
Als Intermezzo im
Schaffen des seinen Technikers wird sein Einfall gern hin¬
genommen werden.
# Kau
Marschenbuch.
Telephon 12.801.
„UDSLRTER
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Geni, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
Quellenangabe ohne Gewähr.
Ausschnitt ausburger Nachrichten
Hamburg
vom: -6. 6. 1906
O. T.
Marionelen.
Von Arthur Schnitzlar. Verlag von S. Fischer,
Berling
In drei verschiedenen Formen belebt der geistvolle Autor
den Begriff des Puppenspiels. Drei Einakter hat er er¬
sonnen, deren erster die vermeintliche Souveränität des
Stärkeren schildert, der seine Mitmenschen am Fädchen lenken
zu können glaubt, und der schließlich merkt, daß er selber
statt zu schieben, geschoben worden, daß er aus dem Lebens¬
kampf als Unterlegener hervorgegangen ist. In diesem Stück¬
chen, das von den dreien das schwächste ist, herrschen völlig
menschliche Verhältnisse vor, alles entwickelt sich, wenn auch
nicht gerade fesselnd und sonderlich sympathisch, so doch glaub¬
haft, und kann daher von lebenden Darstellern gespielt wer¬
den. Im „Tapferen Cassian“ verwischen sich bereits die
festen Konturen der Wirklichkeit, und es blickt ein gutmütiger
Sport durch den scheinbaren Ernst der Situation hindurch, bis
schließlich die letzte Szene in einen tollen Harlekinswitz aus¬
läuft und den Vord ins Grotesk=Komische verzerrt. Das
Stück ist sehr wohl auf der Bühne, von Menschen verkörpert,
möglich, aber auch von Marionetten dargestellt denkbar. Das
dritte Stück aber, „Zum großen Wurstel, ist durch¬
aus auf die Holzfigurenkomödie zugeschnitten und als solche
von großem Wert. Alle Quellen der Heiterkeit fließen:
lächelnder Humor und beißende Satire, treffender Witz und
harmlose Laune. Es muß von mächtiger Wirkung sein, diese
komischen Szenen von leblosen Figuren mit den immer
gleichbleibenden Holzgesichtern spielen zu sehen. Das Ende
fällt leider sehr stark ab; es wäre für den Fall der Benutzung
deingend geraten, den Dichter um eine Abänderung zu
bitten. Sollte das Marionettentheater Paul Branns in
Berlin zur Tatsache werden, so wird es zweifellos „Zum
großen Wurstel“ zu seinen hervorragenden Repertoirestucken
zählen.
P. Al. K.
Tiehocle
box 22/10
Telephon 12.801.
SERVER
Konz. Unternehmung für Zeitungs-Ausschnitte
cn, I., Concordlaplatz 4.
Vertretungen
Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
zenf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-York, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
22. 7. 1906 —ipziger ragblatt
vom:
1
Marioneien.
Drei Einakter von Arthur Schnitzler. Ber¬
lin, S
Dies Buch enthält drei kleine Dichtungen, deren zwei
mit dem Gedanken eines primitiven Theaters tändeln,
während die erste nur durch den Namen Beziehungen zu ihm
hat. In dieser Studie, dem „Puppenspieler“, gefallt es
Schnitzter, die Manier seiner Seelendramen paradigmatisch
zu vereinfachen. Er bedient sich, wie auch sonst, des Charak¬
ters des künstlerischen Egoisten, der wahnt, die Menschen
zu beherrschen, indes das Glück an ihm vorübergeeilt ist, und
der zu spat sich als betrogenen Narren füylt. Georg Merklin
kommt nach Jahren aus der Fremde zurück, zu Eduard und
zu Anna, dessen Frau. Er selbst hat einst, obwohl das Mäd¬
chen ihn lievte, beide zusammengebracht, und entdeckt dies
höhnisch seinem Freunde. Aber an dessen einfacher Lebens¬
empfindung wird der Neid des „Puppenspielers“ zu nichte,
er läßt darum den andern, sein Weib, sein Kind, und wendet
sich von neuem, mit jenem Selbstbetrug, in dessen Worten
die Tonart des Ibsenschen Ekdal nachschwingt in die Ein¬
samkeit. Der „tapfere Cassian“ führt ins siebzehnte Jahr¬
hundert, in die Welt von Grimmelshausens „Simplizissi¬
##as“ Martin, ein junger Falschspieler der nach einer ita¬
lienischen Tänzerin toll ist und das Mädel, mit dem er die
Liebe erprobte, in den Tod jagen will, wird von einem¬
Bramarbas bezwungen; der entreißt ihm Geld, Mädel, er¬
hoffte Abenteuer, und Martin stirbt, von ihm durchbohrt,
nach glegischer Klage auf der Flöte. Der kleine Akt ist eine
Laune, kein Werk; den roh bemalten Figuren ist die Lyrik
nur von außen zugelegt, doch es reizt die seltsame Szenerie
und die Hast des Dialoges. Im „Großen Wurstl“ hat
Schnitzler, aus seiner Amateurneigung zu kleinen Illusions¬
witzen heraus, Tiecks „Gestiefelten Kater“ nachgeahmt. Wie
bei dem Romantiker, werden Direktor, Publikum, Mario¬
netten zusammengeworfen; der Bissige sitzt im Parterre
neben dem Wohlwollenden, Schnitzler parodiert seine eigenen
Typen, den Raisonneur, das süße Mädel, den „düsteren
Kanzelisten“ und macht sich den Spaß, auch Bahrs Meister“
und den „Grafen von Charolais“ auftauchen zu lassen. Bis
das Marionettenspiel mit einem großen Skandal endet, und
ein „Unbekannter, das Schicksal, mit bloßem Schwerte die
Drähte der Puppen zerschneidet.
Als Intermezzo im
Schaffen des seinen Technikers wird sein Einfall gern hin¬
genommen werden.
# Kau
Marschenbuch.