II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 0), Marionetten. Drei Einakter, Seite 42

17.4. Marionetten— Zyklus
» nagen, London, Maaeid, Manand, Munneapen
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
9
(Quelienangabe ohne Gewähr.)
7 Ausschnitt aus:
au
Breaauer Zeitung
E vom:
Breslauer Cheater.
H. H. Lobe=Theater. „Marionetten.“ Am Sonnabend
beim „Doktor Klaus“ ein ausverkauftes Haus, und gestern bei der
Première der drei Schnitzlerschen Einakter, von denen der eine wenigstens
ganz neu, ein anderer so gut wie neu war, ein bei weitem nicht halb
volles Theater, das gibt zu denken! Das eine konnte ja eine Jubiläums¬
ovation sein, aber das andere sieht, wenn man an ähnliche Erscheinungen
bei den Saltenschen und Sudermannschen Einaktern denkt, wie eine
Protestkundgebung der kompakten Majorität gegen die Moderne aus¬
Aber wogegen eigentlich? Realistisch oder gar naturalistisch, womit man
sich eine Zeitlang unbeliebt gemacht hat, sind doch die Modernen wirklich
nicht mehr. Höchstens noch, man verzeihe das harte Wort, geistreich.
Uns Deutschen liegt es aber, nicht geistreich zu sein (die Anwesenden,
in diesem Falle also alle Leser dieser Zeitung, selbstverständlich aus¬
geschlossen). Wenn die französischen Dramatiker ihren Geist absolut
nicht mehr halten können, so lassen sie einen Mann geistreich plaudern.
Bei uns versucht man, tiefe Probleme bald mit nachdenklichem Ernst,
bald mit tändelnder Grazie zu behandeln. Das wird dann auf der
Bühne leicht spitz oder gespreizt, stelzenhaft, geschraubt oder, wie man es
sonst nennen will, und wirkt auf die Dauer ermüdend und abschreckend.
Selbst da, wo man als Gegensatz die krausen Linien ganz zu vereinfachen
suchte, den komplizierten Bühnenfiguren Marionetteneinfachheit zu ver¬
leihen bemüht war, ist man nicht ganz davon losgekommen. Schon
Maeterlinck behauptet, daß er sich bei seinem ersten Drama,
der „Princesse Maleine", gesagt habe: „Je vais tächer de faire
une piéce à la fagon do Shakespeare pour un théätre
de Marionettes.“ Aber während Maeterlinck Marionetten vom fatalisti¬
schen Standpunkt schuf, willenlose Wesen in der Hand höherer Gewalten, !
behandelt Schnitzler die Idee mehr spielerisch. Es ist eine Idee, die sich
in vielen seiner Dramen wiederfindet, daß man nie weiß, ob unser Sein
nicht Schein, und ob der Schein nicht viel eher Wirklichkeit ist. In den
„Marionetten“ wird mit dem Gedanken Fangball gespielt. Am wenigsten
wirkte gestern der erste Akt, der hier schon früher gegebene „Puppen¬
spieler“, jener arme Künstlernarr, der sich einbildet, die Geschicke
anderer meistern und leiten zu können, und nicht einmal merkt, daß er
selbst nur eine machtlose Marionette des Schicksals ist. Während Fräu¬
lein Hammer und Herr Halpern ganz wacker spielten, suchte Herr
Bauer, da in dem Stück selbst nichts unklar und undeutlich ist, durch un¬
deutliches Sprechen dem Dichter nachzuhelfen. Den zweiten Einakier,
„Den tapferen Cassian“, mit seiner grotesken Einfachheit und
Sprunghaftigkeit der Charakteristik und Entwicklung, spielte man ver¬
ständigerweise im Warionettenstil. Namentlich Frl. Jauck war ganz
reizend in ihrem Puppenspiel, doch auch Herr Sioli und Herr
Wallauer taten ihre Schuldigkeit vollauf. Der letzte Einakter, „Zum
großen Wurstel“, wirk.: gestern sichtlich noch besser als bei der Re¬
doute. Zwar sind verschiedene literarische Anspielungen und Parodien
dieses modernen Musterdramas schon leut, zwei Jahre nach seinem Er¬
scheinen, nicht allen mehr verständlich, aber es bleibt doch durch den rein
bierdramenhaften Zug, wenn ich diesen Ausdruck gebrauchen darf, recht
ergötzlich. Das Durcheinander von Theater auf der Bühne, Publikum
auf der Bühne und Publikum im Theater kam gestern sehr gut zur
Geltung. Von den einzelnen Mitwirkenden — es handelt sich um etwa
brei Dutzend — seien wenigstens die Herren Brod, Barna, Plank,
Senius, Wolfram, Koch und Fröhlich, sowie die Damen#
Mayerhofer und Decarli erwähnt. — Das Publikum amüsierté
sich vortrefflich und klatschte lebhaft Beifall. Also keine Protestkund¬
gebungen, keine Vorurteile gegen die Modernen!

box 22/10
, Kopen¬
F.. Sonsen, Maurid, Malland, Minneapolis, New -Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
6
(Quclienangabe ohue Gewälm.)
Ausschnitt
533
Breslauer Morgen Zeitunn.
E vomnun7 j00s
Theater.
Lobetheater. Montag, den 9. März „Maxionetten“. Drei
igler. Das Lobetheater bescherte
Einakter von Axthur
uns heute einen Samnter#ren# den ausgesprochenen Zweck
der Kurzweil haben sollte. Brachte er doch, abgesehen von der
durchaus ernsthaften und psychologisch interessanten Studie
bereits bekannten „Puppenspieler“ zwei Einakter d
lesken Charakters, das Puppenspiel „Der tapfere Ka
als Novität des Abends, und die Burleske „Zum g
Wurstel“, die erst jüngst im Stadttheater gelegentlich der T
redoute zur Erstaufführung gelangte. Schnitzler hat diese drei Ei
akter unter dem Gesamttitel „Marionetten“ vereinigt, etwas ge¬
waltsam, wie mich dünkt, denn der „Puppenspieler“ enthält durchaus
mit Ausnahme
nichts von jenem Element des Kasperle=Stils, —
seines Titels, der indessen die Psychologie des Stückchens sehr mangel¬
haft deckt.
Von ganz anderem Holze ist „Der tapfere Kassian“, der das
marionettenhafte an der Stirn trägt. Leider aber auch nur an der
Stirn. Denn so recht ins Herz ist Kassians Humor nicht gegangen.
19
Es ist mehr mechanisches als kurzweiliges Leben in ih
Figuren des Spiels sind ein junger Abenteurer Martin, sei
liche Geliebte Sophie, ein liebeshungriges Weibchen mit der
im Leibchen, und der bramarbasierende Kassian, ein Haude
Saufbruder aus der Landsknechtsschachtel, die nach Deutschl
um das siebzehnte Jahrhundert versetzt sind. In der Man
klugen und liebenswürdigen Martin weilte die holde Bul
glücklich, bis der Muskelmensch Kassian in ihren Gesichtskre
der im Spiel seinem Partner all sein Hab und Gut abnimmt.
gibt ein kurzes Duell zwischen den beiden Männern, in dem Martin
unterliegt. Er stirbt, nachdem er, ein echter Nomantiker, noch ein
kleines Flötensolo von sich gegeben, der Faustmensch aber geht hin
als Sieger, um weitere Eroberungen in der Welt zu machen. Auch
hier verrät, wie im „Puppenspieler“ der sentimentale Unterton den
echten Schnitzler; leider tritt die eigentliche Absicht des Dichters, die
wohl dahin geht, die Hyperromantik gewisser Ultramoderner zust
geißeln, nicht so scharf hervor wie in dem ersten Einakter.
Das Schlußstück des Abends bildete die Burleske „Zum großen
Wurstel“, die nicht eine einzelne, sondern eine ganze Neihe. von
„Schulen“ der litterarischen Gegenwart persifliert. So hat das
Gaukelspiel der „Marionetten“ den Reiz eines amüsanten Dichter¬
bekenntnisses, das vielleicht von Ironie, vielleicht aber auch von
Bitterkeit diktiert wurde, jedenfalls aber einen interessanten Ein¬
blick in Schnitzlers Seele gibt.
Man spielte unter der Regie des Herrn Bonno sehr beherzt
und durchaus stilgemäß. Herr Bauer gab dem Puppenspieler des
ersten Stückes ein kluges Exterieur, sprach die Rolle nur mit etwas
zu beabsichtigter Pointierung, Herr Halpern repräsentierte den.
Eduard mit aller Diskretion, Fräulein Hammer die Anna fein
und gemessen. Auch die kl. Wagner machte als Söhnchen ihre
Sache brav. Die Herren Sioli (Martin) und Wallauer
(Kassian) und Frl. Jauck (Sophie) schafften dem „tapferen Kassian“.
einen Darstellererfolg. Der „große Wurstel“ entfesselte dann den
eigentlichen Humor, den die Novität dem Marionetten=Abend schuldig
A. L.