II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 0), Marionetten. Drei Einakter, Seite 62

17.4. Marionetten zuklus box 22/11
DScaolm, St. Perers
burg, Toronto.
Gaaliengagebe ahne Gewähr.)
Ausschnitt aus fllustriertes Wiener Extrablat:
—. —r.
burg, Toronto.
(Oasllenengebe ohne Gewäht.
Wien
11218191:
vom:
Ausschnitt aus Neues Wiener Jeurnal
Lenisches Voltotheater. Zum ersten Male:
„Marionetten" von Arthur Sampler-
E3 1912
Man kennt die drei Einakter, man hul sie auf ver¬
Da
schiedenen Bühnen spielen gesehen. Den „Puppen¬
1
spieler“ mit Albert Bassermann in einem Berliner
(Deutsches Volkstheater.) Man greift jetzt gern auf
Ensemble. „Der tapfere Cassian“ wurde im
die zierlichen, munteren und ironischen Einakter Artur Schnitzlers
„Urania“=Saal von dem Müncheuer Marionetten¬
zurück, die sich wie sinnvolle Arabesken zu den mehraktigen
theater vorgeführt.
um großen Wurstel“
lernte man im Hause Jarnos kennen. Ueber die Studie,
Komödien des Dichters ausnehmen. Der Sammeltitel
das Puppenspiel und die Burleske hat die Kritik
[„Marionetten“ vereinigte gestern drei Stücke: „Der
bereits ihr Urteil gesprochen. Es erübrigt heute über die
Puppenspieler". „Der tapfere Cassian“ und „Zum großen
Aufnahme des Zyklus im Deutschen Volkstheater zu be¬
Wurstel“. Wie jede tiefe Weisheit am
letzten Ende auf eine
richten. Den stärksten Eindruck empfine das Publikum von
dem „Puppenspieler“, weil hier Menschen auftreten,
banale Formel gebracht werden kann, so auch hier: Die Veeuschen
weil Menschlichkeiten anklingen. Da geht jemand an
sind Puppen, die an Drähten zappeln und von irgendeinem
der echten Liebe vorbei und wird aus seiner Bahn
starken Lebensmeister gelenkt werden. Schicksal zu spielen
geschleudert. Glaubt andere zu lenken und wird ab¬
ist ein amüsanter Sport.
der nur den großen
gelenkt. Erika Wagner, Kramer und Onno
waren vortrefflich. Dann kam „Der tapfere Cassian“
Naturen die Herrschaft über Menschen und Dinge
an die Reihe mit Josefine Glöckner, Hans
gibt, bei den Pfuschern sich aber gegen sie selbst kehrt. Diese
Homma und Günther, die wie Puppen agierten.
drei Einakter haben den gewissen Kehrreim, der gedankenschwer
Man amüsierte sich bei den drolligen Bewegungen.
räsoviert: „Ja, das Leben! .. .“ Aber das sogenannte Leben
über die gesoreizte Sprechmanier und lachte über die
Glöckner, die das Marionettenhafte am besten traf. Was
hat seine eigenen Gefühlswerte, die mit Gedankenwerten nichts
Schnitzler wohl mit diesem Spiele bezweckte? Man
zu tun haben. Schnitzler liest gern in den Dämmerseelen, die
kann seine Absichten nur vermuten. Ueberall Puppen.
ihm so voller Wunder erscheinen. Der Puppenspieler, der seinem
Die Männer laufen Abenteuern und Weibern nach
Freunde die Illusion eines kurzen Glücks verschaffen##te hat
und das Weibchen taumelt von Lust zu Begierde. In:
der Burleske „Zum großen Wurstel“ sieht man genau
sich dabei selbst um sein Glück betrogen. Der tapfere Cassian
die Drähte, an denen die seelenlosen Puppen zappeln.
ist der Landsknecht, der mit dem festen Griff der Unbedenklichen
Schauplatz: Der große Garten, in den die Großstadt
seinem Vetter das Gold, die Braut und die Geliebte wegnimmt,
mündet, mit ihren Leidenschaften, Vorurteilen, mit :
ihren Erbärmlichkeiten und Niedrigkeiten. Ein Un¬
und der Direktor des Wursteltheaters zeigt an seinen Marionetten,
bekannter in blauem Mantel mäht den ganzen Spuk
daß das Abbild des Lebens, die Bühne, auch nur ein trauriger
nieder. Es ist schwer, solche metaphysische Dinge zu
Spaß ist: Drähte überall, oben und unten, und die Menschlein
deuten. Man muß aber dem Dichter die Reverenz
zappeln daran. Diese drei Stücke sind Literatur, Randglossen zu den
bezeugen, der es unternimmt, den Vorhang wegzureißen,
der eine geheimnisvolle Welt einhüllt. Wunderlich geht
Komödien des Tages; subtil, spitzig, überlegen, ganz wie man
es zu in diesem Märchenlaude, reich an Rätseln ist.
will. Man hat in der Aufführung des Deutschen Volkstheaters
Ein großes Personale war mobilisiert,
um den
den Marionettenstil sehr hübsch herausgebracht. Die Inszenierung
Willen des Poeten zu vollstrecken. Wir nennen die
Kramers hatte diesmal Farbe und Charakter. Im „tapferen
Galafrés, die voll köstlicher Charakteristik war,
dann Homma, Fürth, Charlotte Waldow,
Cassian“ war ein bunter Holzschnitt in Bewegung gesetzt; vor¬
[Onno und Kramer. Juteressant war die Haltung
züglich agiert von Frau Glöckner und den Herren Homma und
des Publikums. Es beglettete den ersten Einakter mit
Günther. Sehr ulkig kam das große Wursteltheater heraus, mit
intensiver Teilnahme. Beim „Tapferen Cassian“ regtesich
einem Knalleffekt aus dem Parkett, wo sich ein Mitspieler
Opposition. In einem intimen Raume. im Kabarett, wirken
zum Worte meldete. Hier waren es vie Damen Galafrés und
Phantasiewerke dieser Art eindringlicher. Der letzte Ein¬
Waldner sowie die Herren Böhm, Homma, Günther und Fürth,
akter fand die Zuschauer in zwei Lager geteilt. Sie
sind nicht leicht herauszuschälen die Symbole und tief¬
die stärker hervortraten. Im ersten Stückchen, das
liegenden Gedanken, und wohin des Dichters Meinung
den Auftakt für die literarische Absicht gibt, erhob sich Herr
zielt, ist nicht sofort zu erkennen. Schnitzler durfte nach
Kramer durch die Darstellung des Puppenspielers zu einer groß
jedem Akte vor die Rampe treten. Mit seinem Erscheinen
erfaßten und glücklich ausgereiften Gestaltung. Das Publikum,
dämpfte er den Widerspruch. Ein besonderes Wort
des Lobes spenden wir dem Spielleiter Kramer.
lebhaft angeregt, doch scheinbar nicht ganz im klaren geblieben,
Er hatte eine komplizierte Aufgabe zu bewältigen und
applaudierte den Dichter aufs herzlichste. Er kam nach jedem Akt
sie ist ihm gelungen. Eine erzieherische Gewalt geht
wiederholt vor die Ramve.
von diesem Manne aus, der mit Besonnenheit ohne
künstliche Aufgeregtheit Künstlerisches zustande bringt.—