Telephon 12 801.
D.
— „OSSCHVEN
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Gent, Kopen¬
nagen. London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork.
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Ouelienangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus: Gerliner Zeitung am Gnttag, Serun
22.01N 1910
vom:
Puppentheater.
Das gute, alte Kalperletheater ist nun auch
salonfähig geworden! Das hätte ich nie ge¬
dacht, daß sich der biderbe Kasperle so verwan¬
deln könnte. Vom Bauernlümmel, der alle
Leute foppt und wahllos Prügel austeilt, ist er
zum Edelmann geworden. Zwar hat er seine
derbe, alte Natur noch nicht ganz abgelegt, noch
schneidet er mächtig auf, und er erzählt mit Er¬
folg die urältesten Witze, aber seine drastische
„Schlagfertigkeit", die zu ihm gehört wie der
Schlaf zum Dörnröschen, die hat er sich abge¬
wöhnt.
Jetzt agieren die Marionetten wie richtige
Menschen auf einer Miniaturbühne, jetzt können
sie auch alle Glieder bewegen, können gehen,
tanzen und eine Leiter hinaufklettern. Auch ihr
Aeußeres hat sich geändert. Früher erkannten
wir den Kasperle gleich daran, daß er eine
enorme Nase hatte, den Engländer, daß er einen
großkarierten Maniel trug usw. Heute haben
sich erste Künstler wie Taschner oder Bradl
bemüht, möglichst charakteristische Figuren zu
schaffen und sie hübsch und originell zu kleiden.
Mit diesen Figuren lassen sich denn auch
richtige Stück aufführen — die alte Kasper¬
Burleske stirbt wohl allmählich aus — und
das Marioneitentheater Münchener
Künstler zeigte gestern in den Räumen des
Kunstsalons bei Keller und Reiner einem ge¬
ladenen Publikum, was für ein Schmetterling
sich aus der alten Kasperpuppe entwickelt hat.
Als=Erstes gab es ein groteskes Puppenspiel
„Dey tapfere Cassian“ von Arthur
Schnitzler zu sehen. Darin wird auf eine
# uld Weis gezeigt, wie ein kühner
Prählhans einem Schwächling die Liebste ab¬
ninmt. Das neuartige Spiel der allerliebsten
Fuppen, die Ignatius Taschner schuf, wirkte
geradezu frappierend. Sie knixten und tänzel¬
ten und glitten wie auf Rollschuhen über die
Bühne, und schienen durch die vielen Fäden an
ihren Gliedern wirklich belebt zu sein. Eins
störte, daß diese kleinen, zarten Dingelchen so
stimmgewaltig waren. Ich glau. die Wirkung
wäre weit größer noch, wenn sie „mezza vocc“
redeten. — Als zweites Stück spielten die
hölzernen Komödianten
das ist kein
Tadel!
Poccis alte Kasperliade
„Kasperl als Porträtmaler;
hier ist Kasperl geradezu zum Gentleman
geworden und hat bedauerlicherweise viel von
seiner Urwüchsigkeit eingebüßt. So kam es denn
auch, daß der stotternde Polizeidiener, der für
uns nur eine unwichtige Nebenfigur war,
gestern den Haupiapplaus einheimste. Den
Schluß machte gar eine richtige Oper, „la
serva padrona“ (Wie die Zofe Herrin
wird) von Pergolesi. Die Figuren dazu
sind von Wackerle entworfen und die zier¬
lichen Möbel entstammen der Nymphenburger
Porzellanmanufaktur. Die kleine Oper, in der
Sofie Heymann=Engel und Josef
Pirchann an Stelle der Marionetten die
Hauptrollen sangen, machte einen überaus reiz¬
vollen Eindruck, so daß mit Recht laut Beifall
geklatscht wurde, den die kleinen Mimen für die
großen hinter dem Theater mit graziösen Ver¬
beugungen quittierten.
K. E.
Telephon 12.801.
Dr.
„ODOEIVEN
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork.
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quelienangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt ausg
erliner Local Alzeiger.
22.Ml 16
vom:
R. L. Das Münchener Marionetten¬
KTheater, des Herrn Paul Branns lustige
Schöpfung, machte gestern bei Keller und Reiner
in einer Presse=Vorstellung seine Aufwartung.
Zuerst gab es „den tapferen Cassian, ein hoff¬
manneskes Spiel von Artur Schnitzler sehr
#der Charak¬
hübsch in der Stimmm
teristik, nicht ganz klar in Idee und Symbolik.
Man ist bald gefesselt, bald verwirrt, und der
Grund, auf dem die Figuren stehen, ist wie ein
Moor, in dem unser Fuß keinen Halt findet.
Dann folgte eine drollige Kasperliade des Grasen
von Pocci, der bekanntlich der Shakespeare,
der Schiller und der Kotzebue der Marionetten¬
bühne war, und den Beschluß machte die ent¬
zückende „Servapadrona“ des Pergolesi,
als Miniaturoperchen zwischen porzellanen Mö¬
beln von den Puppen allerliebst agiert, von Frau
Heymann=Engel und Herrn Pirchann
geschmackvoll gesungen. Die brillant geschnitzten
Figuren, wahre Meisterwerke realistischer Plastik
in Holz, entwickelten an ihren Fädchen hängend,
eine schauspielerische Virtuosität, die das Publi¬
kum verblüffte. An diesen Püppchen konnte man
sehen, wie die Geste sogar mimischen Ausdruck
des Gesichts zu ersehen weiß, und wie wunderbar
die Kraft der Phantasie im Theater wirkt. Denn
man vergaß sehr bald, daß da nur spannenhohe
Figürchen an Drähten gezogen wurden, und
dachte, das wären wirkliche Menschlein in Duodez,
die da von einem glänzenden Regisseur geschult
Theater spielten. Nach der Vorstellung durfte
men hinter die Kulissen gucken, wo die Mitwir¬
kenden stumm und unbeweglich an den Wänden
hingen. Da konnte man noch einmal seine
Freude haben an der trefflichen Augenblickskunst,
mit der hier das Typische einer Rolle in den
Köpfen scharf herausgearbeitet ist. Berlin wird
sich für das Marionetten=Theater gewiß inter¬
essieren. Das bewies die warme Aufnahme, die
Kasperls sel. Erben gestern fanden.
—
D.
— „OSSCHVEN
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Gent, Kopen¬
nagen. London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork.
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Ouelienangabe ohne Gewähr).
Ausschnitt aus: Gerliner Zeitung am Gnttag, Serun
22.01N 1910
vom:
Puppentheater.
Das gute, alte Kalperletheater ist nun auch
salonfähig geworden! Das hätte ich nie ge¬
dacht, daß sich der biderbe Kasperle so verwan¬
deln könnte. Vom Bauernlümmel, der alle
Leute foppt und wahllos Prügel austeilt, ist er
zum Edelmann geworden. Zwar hat er seine
derbe, alte Natur noch nicht ganz abgelegt, noch
schneidet er mächtig auf, und er erzählt mit Er¬
folg die urältesten Witze, aber seine drastische
„Schlagfertigkeit", die zu ihm gehört wie der
Schlaf zum Dörnröschen, die hat er sich abge¬
wöhnt.
Jetzt agieren die Marionetten wie richtige
Menschen auf einer Miniaturbühne, jetzt können
sie auch alle Glieder bewegen, können gehen,
tanzen und eine Leiter hinaufklettern. Auch ihr
Aeußeres hat sich geändert. Früher erkannten
wir den Kasperle gleich daran, daß er eine
enorme Nase hatte, den Engländer, daß er einen
großkarierten Maniel trug usw. Heute haben
sich erste Künstler wie Taschner oder Bradl
bemüht, möglichst charakteristische Figuren zu
schaffen und sie hübsch und originell zu kleiden.
Mit diesen Figuren lassen sich denn auch
richtige Stück aufführen — die alte Kasper¬
Burleske stirbt wohl allmählich aus — und
das Marioneitentheater Münchener
Künstler zeigte gestern in den Räumen des
Kunstsalons bei Keller und Reiner einem ge¬
ladenen Publikum, was für ein Schmetterling
sich aus der alten Kasperpuppe entwickelt hat.
Als=Erstes gab es ein groteskes Puppenspiel
„Dey tapfere Cassian“ von Arthur
Schnitzler zu sehen. Darin wird auf eine
# uld Weis gezeigt, wie ein kühner
Prählhans einem Schwächling die Liebste ab¬
ninmt. Das neuartige Spiel der allerliebsten
Fuppen, die Ignatius Taschner schuf, wirkte
geradezu frappierend. Sie knixten und tänzel¬
ten und glitten wie auf Rollschuhen über die
Bühne, und schienen durch die vielen Fäden an
ihren Gliedern wirklich belebt zu sein. Eins
störte, daß diese kleinen, zarten Dingelchen so
stimmgewaltig waren. Ich glau. die Wirkung
wäre weit größer noch, wenn sie „mezza vocc“
redeten. — Als zweites Stück spielten die
hölzernen Komödianten
das ist kein
Tadel!
Poccis alte Kasperliade
„Kasperl als Porträtmaler;
hier ist Kasperl geradezu zum Gentleman
geworden und hat bedauerlicherweise viel von
seiner Urwüchsigkeit eingebüßt. So kam es denn
auch, daß der stotternde Polizeidiener, der für
uns nur eine unwichtige Nebenfigur war,
gestern den Haupiapplaus einheimste. Den
Schluß machte gar eine richtige Oper, „la
serva padrona“ (Wie die Zofe Herrin
wird) von Pergolesi. Die Figuren dazu
sind von Wackerle entworfen und die zier¬
lichen Möbel entstammen der Nymphenburger
Porzellanmanufaktur. Die kleine Oper, in der
Sofie Heymann=Engel und Josef
Pirchann an Stelle der Marionetten die
Hauptrollen sangen, machte einen überaus reiz¬
vollen Eindruck, so daß mit Recht laut Beifall
geklatscht wurde, den die kleinen Mimen für die
großen hinter dem Theater mit graziösen Ver¬
beugungen quittierten.
K. E.
Telephon 12.801.
Dr.
„ODOEIVEN
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork.
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quelienangabe ohne Gewähr).
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22.Ml 16
vom:
R. L. Das Münchener Marionetten¬
KTheater, des Herrn Paul Branns lustige
Schöpfung, machte gestern bei Keller und Reiner
in einer Presse=Vorstellung seine Aufwartung.
Zuerst gab es „den tapferen Cassian, ein hoff¬
manneskes Spiel von Artur Schnitzler sehr
#der Charak¬
hübsch in der Stimmm
teristik, nicht ganz klar in Idee und Symbolik.
Man ist bald gefesselt, bald verwirrt, und der
Grund, auf dem die Figuren stehen, ist wie ein
Moor, in dem unser Fuß keinen Halt findet.
Dann folgte eine drollige Kasperliade des Grasen
von Pocci, der bekanntlich der Shakespeare,
der Schiller und der Kotzebue der Marionetten¬
bühne war, und den Beschluß machte die ent¬
zückende „Servapadrona“ des Pergolesi,
als Miniaturoperchen zwischen porzellanen Mö¬
beln von den Puppen allerliebst agiert, von Frau
Heymann=Engel und Herrn Pirchann
geschmackvoll gesungen. Die brillant geschnitzten
Figuren, wahre Meisterwerke realistischer Plastik
in Holz, entwickelten an ihren Fädchen hängend,
eine schauspielerische Virtuosität, die das Publi¬
kum verblüffte. An diesen Püppchen konnte man
sehen, wie die Geste sogar mimischen Ausdruck
des Gesichts zu ersehen weiß, und wie wunderbar
die Kraft der Phantasie im Theater wirkt. Denn
man vergaß sehr bald, daß da nur spannenhohe
Figürchen an Drähten gezogen wurden, und
dachte, das wären wirkliche Menschlein in Duodez,
die da von einem glänzenden Regisseur geschult
Theater spielten. Nach der Vorstellung durfte
men hinter die Kulissen gucken, wo die Mitwir¬
kenden stumm und unbeweglich an den Wänden
hingen. Da konnte man noch einmal seine
Freude haben an der trefflichen Augenblickskunst,
mit der hier das Typische einer Rolle in den
Köpfen scharf herausgearbeitet ist. Berlin wird
sich für das Marionetten=Theater gewiß inter¬
essieren. Das bewies die warme Aufnahme, die
Kasperls sel. Erben gestern fanden.
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