II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 1), Der tapfere Cassian. Puppenspiel in einem Akt (Generalprobe), Seite 59

17.2. Der tanfere Gassian

wirkten mit großer Schönheit. — Die Bewegung der
Puppen endlich geschieht mit so virtuos durchgeführter
Ausdrucksmöglichkeit und Natürlichkeit, daß wir dem
finnreichen Erfinder wie den geschickten Puppenführern
nur unsere Bewunderung aussprechen können.
Walther Oels.
Frankfurt a. M. Schoenherrs „Glaube sund
Heimat“ ging im Schauspielhause in Szene. Langsam
und schwer löste sich der Beifall aus tiefer seelischer
Erschütterung los, bis er am Ende zu brausender Be¬
geisterung wuchs. Oft war es wie ein banges Gefühl,
als reiche die physische Kraft der Schauenden nicht
mehr aus gegen die Riesenwucht der Tragik, die hier
angehäuft, dann aber siegte der Jubel über die sel¬
tene dichterische Offenbarung. Die Darstellung ging
restlos in der Dichtung auf; das sei ihr höchstes Lob.
Sie schuf Gestalten, die man lange nicht vergessen wird;
besonders Bauer, Bayrhammer Pfeil und Josephine
Rottmann. Intendant Claar hatte die Regie.
Gothaer Hoftheater. Die Saison hat am
8.
Januar mit „Thannhäuser“ bei vollem Hause be¬
gonnen. Einige der Rollen waren neu besetzt. Be¬
sonders stellte sich gleich in der Titelrolle Herr Goltz
als neuer Heldentenor vor und zwar mit bestem Er¬
folg. Wenn es auch kein Hadwiger war, so durfte
man doch mit den gesanglichen und darstellerischen
Leistungen zufrieden sein. Frl. Greß gab der Elisa¬
beth eine schöne Erscheinung und eine klangvolle,
sympathische Stimme. In Vertretung des erkrankten
Herrn Wünschmann sang Herr Stury vom Hoftheater
Der
in Darmstadt diesmal als Gast den Wolfram.
erster
Sänger wird von nächster Spielzeit ab als
Baritonist unserer Hofbühne angehören. Nach diesem
Gastspiel scheint indes diese Akquisition nicht gerade
günstig zu sein; sein Wolfram ließ zu wünschen übrig.
Wenn auch das Spiel passabel, so war der Stimme
rauber Klang doch nicht zu verkennen. Mit Frl.
Rogers Hirtenknaben konnte man sich wohl befreunden,
gesanglich wie darstellerisch. Die übrigen Rollen wur¬
den meist in altbewährter Besetzung gegeben. — Im
Schauspiel wurde zum ersten Male Hermann Bahrs
„Konzert“ gegeben. Der Inhalt des Werkes ist be¬
kannt, es sei nur konstatiert, daß die Aufnahme eine
sehr geteilte war und der Beifall besonders der vor¬
züglichen Darstellung galt. — Es folgten Björnsons
Lustspiel „Wenn der junge Wein blüht“ Auch hier
kann die Inhaltsangabe wegbleiben; es erübrigt sich
nur, zu berichten, daß sich diese erste Aufführung an
der hiesigen Hofbühne einer freundlichen Aufnahme er¬
freute und daß die Darsteller durchaus Gutes leisteten,
was durch lebhaften Beifall anerkannt wurde.
Karl Neuschild.
Stuttgarter Schauspielhaus. Erst¬
aufführung von „Die törichte Jungfrau“ Schauspiel
in 4 Akten von Henry Bataille. Der gewiegte Theater¬
Routinier verrät sich in jeder Szene. Die Psychologie
mag so verfehlt erscheinen, die handelnden Personen
mögen noch so unangenehm auf einen wirken, man
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Teeshes 12.807.
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BODOERTER
eeten Sieneen m intentee
Wien, I, Conoordta,
Vertreinurr Früffund, Minnespolls,
in Berlin, Basel.
—Den Kerwuns, Köm, San Francisco, Stockholm, St. Petens¬
burg, Toronto.
(Guelienangabe dase Gerül!.
Ausschnitt aus:
tegreialte Iuesrifto=Zeis.
=9 1. 1911
W
vom:
Münchner Marionettentheater. Paul
Brauns „Marionettentheater Münchner Künstler“
leinem kleineren Wiener Publikum schon aus dem vor
Hwei Jahren in der „Fledermaus“ absolvierten Gastspiel
her bekannt, ist jetzt in die „Urania“ eingezogen und
wird hier sicherlich ein zahlreiches und dankbares
Publikum finden. Das Puppenspiel, früher eine aller¬
orten geübte und außerordentlich volkstümliche Kunst, ist
leider — fast ganz verloren gegangen und nur in
München hat es sich traditionell fortgebildet. Da war
das Theaterchen des „Papa Schmidt“ das in den letzten
Jahrzehnten nicht zu den geringsten Sehenswürdigkeiten
gehörte und das die Kasperlkomödien des Grafen Pocci
und anderer zum Gaudium eines sehr empfänglich ge¬
stimmten Auditoriums von Kindern und Erwachsenen
vorführte. In Paul Brauns Künstlermarionetten hat das
Schmidtsche Theater eine künstlerisch gesteigerte Wieder¬
belebung erfahren. Maler und Bildhauer von Rang
haben sich an den Entwürfen für Figuren und Dekora¬
tionen beteiligt und was die „darstellenden Künstler",
die diese Puppen in Bewegung setzen, an Gewandtheit
und dramatischem Verständnis leisten, kann wohl auch
den blasiertesten Theater=Habitué in Erstaunen setzen.
Wir wissen aus den Schnitzlerischen Einaktern „Der
tapfere Cassian“ und „Zum großen Wurstel“ welche
Möglichkeiten die Puppenbühnen für eine besondere,
ironisch=groteske oder satyrische Dichtungsart bietet. Be¬
sonders die melancholische Ironie Schnitzlers erzielt da
drastische und
tiefe Wirkungen. Aber auch einige
Stücke Wedekinds, Heinrich Manns und andere könnten
in der Wiedergabe der Marionetten reizvollste Effekte
hervorbringen. Paul Braun hat sich diesmal seine
Schlager für später vorbehalten und brachte zunächst
zwei Musikdramen, „König Violon und Prinzessin Klari¬
nette“ von August Mahlmann, Musik von Konrad
Scherber, und „Das Mädchen von Elizendo“ von
Jacques Offenbach, von denen namentlich das zweite
das Publikum lebhaft entzückte und erheiterte.