box 22/7
17.2. Der tapfere Cassian
e
20
7
2
esien. 4
K
61. Jahrgang.
Kunten aran
Sr
heraus. Gäbe es keine Hoftheaterzensur, die der Burg jedg
Neuheit von eigener Art raubt, so brächte uns Berger viel¬
leicht auch Eulenburg, Schmidt=V##. Wedekind, Shaw und
andere. So muß man eben Werte, wie „Medardus“, drei¬
fach zählen, gute Engagements, wie das des Fräuleins Mar¬
berg, doppelt buchen und Stücke, wie „Dorothys Rettung",
als Bringer dankbarer Rollen für die guten Kräfte mit in
den Kaufnehmen.
E
Einen ganz besonders reizvollen Premierenobend hat
wiederum Paul Brauns Marionettentheater der Münchener
Künstler in der „Urania“ veranstaltet. Die niedlichen Fi¬
ggürchen spielten Artur Schnitzlers Puppenspiel „Der
tapfere Cassian“ und hierauf Wolfgang Amadeus
Mozarts einaktiges Singspiel „Bastien und Va¬
stienne“ Schnitzlers Aufzug ist einem seiner anmut= und
geistvollsten Bücher, der (1906 bei S. Fischer in Berlin
erschienenen) Einaktersammlung „Marionetten“ entnommen.
Von den drei Schauspielen, die in diesem Buche vereinigt
sind, sind das erste, die Studie „Der Puppenspieler", und
dus dritte, die Burleske „Zum großen Wuxstel“ nicht rich¬
tige Marionettenspiele, sondern Dramen für die gewöhn¬
liche Schaubühne. Als solche wurden sie auch in Wien sch##
aufgeführt: den „Puppenspieler“ hat 1904 Jarno und 1906
Bassermann verkörpert, und der symbolische Spaß „Zum
großen Wurstel“ ist ebenfalls 1906 im Lustspieltheater zum
unheimlichen Leben erweckt worden. Wenn diese zwei Ein¬
akter in einem Marionettenbuch erscheinen, so ist der Titel
mit einem bei Schnitzler oft wiederkehrenden Gedanken nur
metaphorisch gemeint: wir alle gleichen in unserem Tun
und Leiden so häufig Marionetten, deren Drähte der große
Unsichtbare lentt! Und gerade dem Auge des Dichters
Schnitzler stellt sich das Leben gern als ein seltsames Spiel
dar, dessen Zweck, Verlauf und Ausgang keiner der Mit¬
tuenden kennt oder gar bestimmen kann. Man denke an den
„Grünen iokadu“ oder an die „Letzten Masken“. Im be¬
sonderen „Der Puppenspieler“ ein Dichter, der dem
lieben Gott ins Handwerk pfuscht und sich vermißt, mit
Menschenschicksalen zu spielen; in der Burleske des Wurstel¬
#theaters aber erscheinen auf einer Bühne auf der Bühne Dar¬
steller, die an Drähten zu hängen und Marionetten darzu¬
stellen haben. „Der tapfere Cassian“ ist das erste und ein¬
zige wirkliche Puppenspiel, das Schnitzler bisher geschrieben
hat. Es ist ein entzückendes, ein bezauberndes Spiel. Dieses
freundliche Urteil wird dadurch kaum beeinträchtigt, daß an
gewissen technischen Mängeln zu erkennen ist, daß der Dichter
da auf einem ihm noch neuen Felde gearbeitet hat. Er mutet
nämlich den Püppchen Dinge zu, die ihnen unmöglich sind,
und nutzt anderseits die speziellen komischen Möglichkeiten
der Holz= oder Porzellanpuppe nicht voll aus. Eine Ma¬
tionette kann nicht „betreten", „unruhig“ oder „staunend“
dreinschauen, wie Schnitzler das vorschreibt, sie kann auch
nur sehr schwer einen Dukaten in die Westentasche stecken,
eine Halskrause küssen oder Würfel
ielen. Es taugt auch
17.2. Der tapfere Cassian
e
20
7
2
esien. 4
K
61. Jahrgang.
Kunten aran
Sr
heraus. Gäbe es keine Hoftheaterzensur, die der Burg jedg
Neuheit von eigener Art raubt, so brächte uns Berger viel¬
leicht auch Eulenburg, Schmidt=V##. Wedekind, Shaw und
andere. So muß man eben Werte, wie „Medardus“, drei¬
fach zählen, gute Engagements, wie das des Fräuleins Mar¬
berg, doppelt buchen und Stücke, wie „Dorothys Rettung",
als Bringer dankbarer Rollen für die guten Kräfte mit in
den Kaufnehmen.
E
Einen ganz besonders reizvollen Premierenobend hat
wiederum Paul Brauns Marionettentheater der Münchener
Künstler in der „Urania“ veranstaltet. Die niedlichen Fi¬
ggürchen spielten Artur Schnitzlers Puppenspiel „Der
tapfere Cassian“ und hierauf Wolfgang Amadeus
Mozarts einaktiges Singspiel „Bastien und Va¬
stienne“ Schnitzlers Aufzug ist einem seiner anmut= und
geistvollsten Bücher, der (1906 bei S. Fischer in Berlin
erschienenen) Einaktersammlung „Marionetten“ entnommen.
Von den drei Schauspielen, die in diesem Buche vereinigt
sind, sind das erste, die Studie „Der Puppenspieler", und
dus dritte, die Burleske „Zum großen Wuxstel“ nicht rich¬
tige Marionettenspiele, sondern Dramen für die gewöhn¬
liche Schaubühne. Als solche wurden sie auch in Wien sch##
aufgeführt: den „Puppenspieler“ hat 1904 Jarno und 1906
Bassermann verkörpert, und der symbolische Spaß „Zum
großen Wurstel“ ist ebenfalls 1906 im Lustspieltheater zum
unheimlichen Leben erweckt worden. Wenn diese zwei Ein¬
akter in einem Marionettenbuch erscheinen, so ist der Titel
mit einem bei Schnitzler oft wiederkehrenden Gedanken nur
metaphorisch gemeint: wir alle gleichen in unserem Tun
und Leiden so häufig Marionetten, deren Drähte der große
Unsichtbare lentt! Und gerade dem Auge des Dichters
Schnitzler stellt sich das Leben gern als ein seltsames Spiel
dar, dessen Zweck, Verlauf und Ausgang keiner der Mit¬
tuenden kennt oder gar bestimmen kann. Man denke an den
„Grünen iokadu“ oder an die „Letzten Masken“. Im be¬
sonderen „Der Puppenspieler“ ein Dichter, der dem
lieben Gott ins Handwerk pfuscht und sich vermißt, mit
Menschenschicksalen zu spielen; in der Burleske des Wurstel¬
#theaters aber erscheinen auf einer Bühne auf der Bühne Dar¬
steller, die an Drähten zu hängen und Marionetten darzu¬
stellen haben. „Der tapfere Cassian“ ist das erste und ein¬
zige wirkliche Puppenspiel, das Schnitzler bisher geschrieben
hat. Es ist ein entzückendes, ein bezauberndes Spiel. Dieses
freundliche Urteil wird dadurch kaum beeinträchtigt, daß an
gewissen technischen Mängeln zu erkennen ist, daß der Dichter
da auf einem ihm noch neuen Felde gearbeitet hat. Er mutet
nämlich den Püppchen Dinge zu, die ihnen unmöglich sind,
und nutzt anderseits die speziellen komischen Möglichkeiten
der Holz= oder Porzellanpuppe nicht voll aus. Eine Ma¬
tionette kann nicht „betreten", „unruhig“ oder „staunend“
dreinschauen, wie Schnitzler das vorschreibt, sie kann auch
nur sehr schwer einen Dukaten in die Westentasche stecken,
eine Halskrause küssen oder Würfel
ielen. Es taugt auch