II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 2), Der Puppenspieler. Studie in einem Aufzuge, Seite 43

17. 1. Der Punpenspieler box 22/6
Dr. Max Goldschmidt
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Berlin N. 24.

Ausschnitt aus
Sächsische Arbeiterzeitung, Dresden
30 0C1. 903
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Straßenbild des nächtigen Brügge nach Entwürfen des großen bel= Klub der Sturmgesellen ng
Seben, Kunst und Pöisnschaft.
alte Todfeind der Revolutio
Pgischen Malers Fernand Khnopff.
Das Lessingtheater eröffnete seine Premierensaison
eingedrungen und hat den #
Berliner Kunstleben.
gejagt. Die bösen Klub=Pr
mit einem vieraktigen Volksstück: Geschwister Lemke
Bett der Kellnerin verborgen
von Richard Skowronnek und Leo Walther Stein.
II.
seitigt. Man sieht vielmehr
Das Drama schildert die bemerkenswerten Schicksale dreier
Mit einem solennen Doppeldurchfall hat das Deutsche
strafung der Mitglieder weg
Berliner Vollwaisen. Zwei davon, die Schwestern Mathilde
Theater die Serie seiner Novitätenabende begonnen. Arthur
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Sitzung erscheint der greise
Schnitzlers Einakter: Der Puppenspieler und en versund Cva, sind glänzende Musterbeispiel. von Tugend, Fleiß, Herzens¬
den verdutzten Sturmgesell
altigepiel: Trugbild von Georges Rodenbach, güte, Edelsinn und Opferfreudigkeit, während die dritte, der Bruder
ablegt: Die politischen Idea
Alfred Lemke, als typische Verkörperung menschlicher Sündhaftigkeit
dem vor kurzem verstorbenen belgischen Dichter, wurden ziemlich
Königgrätz und Sedan über
gelten darf. Die Schwestern haben sich nicht nur das Brot, sondern
schroff und ziemlich einstimmig abgelehnt. Schnitzlers Stück, das der
sogar einen Bräutigam vom Leibe abgespart, um mit dem kargen Er¬
nichts weiter wert seien, a
Dichter eine „dramatische Studie“ nennt, ist eine flüchtige und wir¬
Generation. Der Sturmge
löse ihres Putzgeschäfts den Bruder studieren zu lassen. Bald aber
belige Arbeit und das Charakterbild des Helden, eines Sonderlings,
Reden und es kommt beinah#
stellt sich heraus, daß der junge Lemke solcher Opfer nicht würdig ist.
der sich für ein verkanntes Genie hält und sein Glück in dem Wahn¬
auseinander, der Klub löst
Um Karriere zu machen, verlobt sich das Scheusal mit einer Mini¬
findet, mit Menschenleben und Menschenschicksalen wie mit Puppen
Säule übrig. Er beschließt,
sterialratstochter. Die Schwestern sagen sich blutenden Herzens von
spielen zu können, gelangt zu keiner klaren und plastischen Gestaltung.
im Zuchthause und erwartet
ihm los. Und schon naht die Vergeltung: Mathilde und Eva kommen
Was an der Figur noch zu verderben war, besorgte Albert asser¬
mittierenden Protokolle si
unter die Haube und ernten Wohlstand und Eheglück, während der
mann, der die Rolle mit allerhand überflüssigem virtuosen Kleinkram
entwendet und dem Landra
böse Alfred an der Seite einer hochnäsigen und kaltherzigen Gattin
überlud und selbst den Teil des Publikums vollends verwirrte, der die
— es ist gerade Sedantag
ein freudeloses Dasein führen muß. Es ist eine wahre Herzensfreude,
unklaren Intentionen des Dichters zu begreifen die löbliche Absicht
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Sturmgesellen. Er bring
in den gegenwärtigen herben Zeitläuften zwei so vortrefflichen
hatte. Rodenbachs Schauspiel ist eine vom Dichter selbst herrührende
Sokrates unterschrie
Menschenkindern zu begegnen, wie den Herren Richard Skowronnel
Dramatisierung seines Romans: Das tote Brügge, der seiner Zeit
geselle öffnet angsts
und Leo Walther Stein. Zwei Wackere, die aus der Ueberfülle ihres
namentlich in Frankreich vielen Beifall gefunden hat. Das Drama
den der dankbare P
goldigen Gemüts, ihrer weltfremden Naivetät und kindlich heiteren
wie der Roman behandelt die Seelenzustände eines Witwers, der
Und der Hochverrät
Lebensauffassung der in Pessimismus versauernden Menschheit köst¬
sein ganzes Dasein der Erinnerung an die verstorbene Gattin geweiht
liche Gaben spenden. Es wäre gemein, den beiden Edelnaturen
hat. Im sechsten Jahre seines überspannten Trauerkultus lernt er
kämpfen eine Weile
durch nörgelnde Kritik das fein ausgeknobelte Geschäft zu verderben.
ein Mädchen kennen, dessen Aeußeres ihm als ein vollkommenes Eben¬
auf einen Stuhl und
Denn von allen Spekulationen auf die Urteilslosigkeit des Theater¬
bild der Toten erscheint. Die Verehrung, die er bisher den leblosen
mit seiner Farce beal
publikums ist diejenige, die in der Branche: Deutsches Gemüt arbeitet,
Reliquien, wie Portraits, Gewändern, Haarlocken usw., gewidmet
bürgerlichen Demokre
zur Zeit noch immer die einträglichste — freilich auch die wider¬
hatte, überträgt er nunmehr auf die lebendige Doppelgängerin seines
dieser Demokratie
wärtigste.
Idols. Zu seinem Schmerze erkennt er jedoch, daß er es mit einer
Lumpen und Posser
Als zweite Novität servierte uns das Lessingtheater ein neues
Unwürdigen zu thun hat, und die sittliche Verworfenheit des Wesens,
* „ —
einzureden, daß zur
Stück Sudermanns: Der Sturmgeselle Sokrates,
das in der toueren Gestalt der Verklärten ihn umgiebt, zerstört seine
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grätz und Sedan hera
Komödie in vier Akten. Die Handlung soll sich wayrend der siebziger
überreizten Nerven vollends. Als das Mädchen, eine kleine, auf
Ostpreußen zutragen.
Jahre in einem ostpreußischen Krähwinkel zutragen. Hier existiert
Abenteuer ausgehende Provinzschauspielerin, in einer frech=über¬
Süden des Vaterlandes
ein politischer Geheimklub alter achtundvierziger Revolutionäre, die
mütigen Laune mit seinen Reliquien Spott treibt, erwürgt er es
unmöglich, denn ihre Träg
sich Sturmgesellen nennen. Die Vereinsthätigkeit dieser Sturm¬
mit einer Locke der Verstorbenen. Von den poetischen Reizen und
Kulissenschemen, deren Hein
gesellen besteht in allerhand hochverräterischen Unternehmungen, Auf¬
psychologischen Feinheiten der Erzählung konnte, wie das bei solchen
Stück über allerhand absuell
rufen zum Barrikadenbau, Erlaß von Todesurteilen gegen mißliebige
Vertheatralisierungen immer zu geschehen pflegt, nur ein kleinwinziger
die Judenfrage, über mode
Staatsstützen usw. Die Mitglieder haben sich die Namen von be¬
Teil in das Drama übergehen. Drei Akte hindurch wird uns in end¬
Zahnheilmethoden usw., ab
rühmten Philosophen beigelegt und ihr Wortführer, der Zahnarzt
losen Zwiegesprächen die fortschreitende feelische Zerrüttung des armen
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ist trivialste Binsenweisheil
Hartmeyer, heißt z. B. Sokrates. Dieser Sturmgeselle Sokrates besitzt
Helden expliziert. Hier und dort dringt ein schönes und kluges Wort
Feuilletons vorgetragen.
zwei Söhne, die er zur Auffrischung des revolutionären Blutes dem
an unser Ohr, eigenartige, intime Stimmungen werden erzeugt, um
beiden ersten Akte, amüsie
Geheimbund als neue Mitglieder zuführt. Aber es stellt sich heraus,
schnell wieder zu verwehen. Zum Schluß kommen dann ein paar
paar derbe Possenszenen un
daß alle beide einer solchen Ehre unwürdig sind. Der ältere, der das
grelle Kulisseneffekte, deren brutale Derbheiten wie Peitschenhiebe
Autors, der trotz einer
Gewerbe des Vaters betreibt, kompromittiert sich dadurch, daß er einen
kraß und unvermittelt auf den Zuschauer niederfahren. Einige nerven¬
freundlich dankend, auf der
prinzlichen Jagdhund von einem Zahngeschwür befreit, und der
schwache Damen entflohen bereits vor dem Fallen des Vorhangs und
jüngere, ein schneidiger Studiosus, muß gestehen, daß er nicht, wie der
unt Lachen und Zischen wurde die technisch mißglückte Arbeit eines
Vater wünschte, Burschenschafter geworden, sondern in ein Korps ein¬
keinen Poeten begraben. Die Ausstattung des Strückes brachte
Abrigens ein pour glänzende Interieurs und ein stimmungsvolles getreten ist. Der Alte jagt sie beide aus dem Hause. Aber auch dem
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