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17.1. Der Punnensnieler
S
einen verspäteten Nachklane der „Ahnfrau"=Periode be¬
Theater an der Wien Besitz genommen, eröffnete gestern
ovellen
abends sein Gastspiel mit diesem bei uns noch unauf= trachten. Ein Geist geht wohl nicht darin um, aber dieser
Graf Starschenski, der in einem selbsterbauten Kloster
geführten Stücke des berühmten Dicht#s.
in der
längst verjährte Blutschuld büßt, ist so gut wie ein Ge¬
Otto Brahm und Gerhart Hauptmann, die beiden ge¬
spenst ein weltfremdes, wie dem Jenseits entlaufenes
hören zusammen, denn man weiß ja: dieser ist von
gonummer:
Menschenkind ohne Fleisch und Blut, wenn auch noch mit
jenem sozusagen entdeckt worden. Ein Glück für den
eite 31 und 32 bringen wir die
Haut und Knochen begabt. Zwei deutschen Rittern, die
Dichter, daß dies schon vor einer geraumen Weile ge¬
auf der Fahrt nach Warschau in dem Kloster nächtigen,
tung der Erzählung
schah. Wenn er statt seiner naturalistischen Dramen dem
erzählt er seine traurige Geschichte. Er war ein reicher,
Freunde diese „Elga“ als Erstlingsfrucht seiner Muse dar¬
A.
ein glücklicher Edelmann gewesen, alles Land ringsum
gebracht hätte, wären die Folgen sicherlich viel weniger
Grevalcore
einst sein Eigentum. Da zog mit einem schönen Weib
erfreulich gewesen. Gerhart Hauptmann wäre am Ende
von
der Teufel zu ihm ins Haus. In der Hauptstadt, dieser
gar nicht entdeckt worden, und auf jeden Fall hätte er
Sündenherberge, hatte er sie kennen gelernt. Elga war die
nach einem anderen Columbus sich umsehen müssen, denn
Neera.
Tochter eines gänzlich verarmten Geschlechtes, sie bettelte
bei Otto Brahm, dem Stabstrompeter der neuen Rich¬
auf der Straße, und so hatte er sie geheiratet, in ihren
tung, welcher dem deutschen Drama frisches Blut zu¬
zerlumpten Kleidern, in ihrer halbnackten, unverschämten
führen, den Breitern einen unbekannten Weltteil erobern
vorliegende Nummer:
Armut. Der Reichtum war ihr Element, das zeigte sich
wollte, bei dem wäre er schön angekommen! Ein Stück,
1
blatt“: „Mutterschaft.“
sofort, doch im Ueberfluß erwachte aus ihr alles Schlechte,
das ganz wie ein von der Romantik abgelegtes Fähnchen
das bald üppig durch ihre Seele wucherte. Ein Zufall
Grazie. „Neue Novellen
aussah, dessen Lokal schon höchst bedenklich nach ein¬
entdeckte dem Grafen, daß sie einen Liebhaber hatte, daß
geschlossener Luft roch, was sollte ihm dies frommen ? Es
on Karl v. Thaler. „Die
sie ihn mit ihrem Vetter Oginski betrog, daß auch das
spielte in einem düster gewölbten Raum, halb Burg¬
ktes.“ Von Egon Zweig.
Töchterchen, das sie ihm geboren, ein Kuckucksei war, ein
-verlies, halb Klosterzelle, in einem alten Turm, auf einem
Kind des Vetters. Wutschäumend holt ihn der Graf aus
alten Rittersitz, in einem alten Schloß, zwischen der
en. Eingesendete Bücher.
der Hauptstadt, wo dieser Dritte wohnt, zwingt ihn, man
Lieblingsarchitektur des alten romantischen Landes, auf
weiß nicht durch welche Mittel, zu einem wenig ritterlichen
einem Tanzboden für längst verabschiedete Gespenster, und
Geständnis und will ihn nun vor ihren Augen töten.
wozu den Trödel zu vernewern, zu verjüngen trachten?
des Romaus „Die gute Zeit“
Doch Oginski entspringt und statt seiner muß Elga
Dann die Dämmerbeleuchtung, die verdunkelte Bühne, der
bluten, worauf der Graf reumütig hinter Klostermauern
Mönchsgesang hinter den Coulissen, Dinge, bei welchen
n, Mitglied der französischen Aka¬
sich flüchtet. Dies Grillparzers Novelle in ihren dürftigsten
dem genügsamsten Galeriegretchen nicht mehr gruselt, ver¬
Umrissen. Der Dichter hat als Erzähler Höheres geboten,
brauchte Theatralik, altfränkische Stimmungssimpelei —
doch zeigt er sich auch hier als Seelenmaler vom besten
nein, damals, vor etwa fünfzehn oder zwanzig Jahren,
Schlag, als Meister im Vortrag. Dem Dramatiker Grill¬
hätte sich Otto Brahm mit einer so rückständigen Kunst
Ktteten. 7,
parzer hatte der Stoff mit seiner verschwindend kleinen
nimmermehr abgegeben.
Anzahl von Situationen wenig zu sagen. In der Hand
Eliner in Wien.
Jetzt ist bas anders geworden, und was damals den
eines geringeren Dichters wäre eine Mondscheinballade
Gesamtgastspiel des Lessing=Theaters.)
Eingang verschlossen hätte, scheint nun als Hauptschlüssel
daraus geworden, uns irgend ein Zumsteeg hätte sie
sgäste auf irgend einem Wiener
für alle Türen zu dienen. Man stößt sich auch nicht
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in Musik gesetzt.
2
daran, daß diese „Elga“ dem Stoffe nach nicht einmal von
t uns schon zur freundlichen Ge¬
Was hat nun eigentlich Gerhark Hauptmann aus der
Hauptmann stammt, sondern von Grillparzer. Bear¬
ie kommen fast jedes Jahr, er¬
Novelle gemacht?! Er gibt dem Kinde keinen Namen,
beitend, anempfindend, nachdichtend über irgend einen
er ersten Fliederblüte und mit den
zwingt das Werk unter keinen besimmmten Gattungs¬
alten Herrn der Literatur sich herzumachen, ist ja gleich¬
in, folglich in der besten Gesellschaft,
begriff. Die Sache ist eben da, mag sie sich selber be¬
falls eine beliebte Praxis geworden und Hauptmann
stets interessante Neuigkeiten mitzu¬
nennen, Eine Hand voll Szenen, ziemlich lose
ging hierin den andern mit seinem Beispiel voran, denn
sehen haben will. Diesmal „Elga“
aneinandergefügt, eine Wand voll Charakterbilder, skizzen¬
schon 1896 schrieb er seine „Elga“ nach Grillparzers
ann. Das Berliner Lessing=Theater,
artig hingeworfen wie flüchtige Kohlenzeichnungen, das ist
seines Direktors Dr. Otto Brahm, Novelle „Das Kloster von Sendomir“ die anno 1828
ruppenführers, für einige Zeit vom zum erstenmal veröffentlicht wurde. Man darf sie als „Elag“ und scheint nichts anderes sein zu wollenErst
ensarnermtenene
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17.1. Der Punnensnieler
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einen verspäteten Nachklane der „Ahnfrau"=Periode be¬
Theater an der Wien Besitz genommen, eröffnete gestern
ovellen
abends sein Gastspiel mit diesem bei uns noch unauf= trachten. Ein Geist geht wohl nicht darin um, aber dieser
Graf Starschenski, der in einem selbsterbauten Kloster
geführten Stücke des berühmten Dicht#s.
in der
längst verjährte Blutschuld büßt, ist so gut wie ein Ge¬
Otto Brahm und Gerhart Hauptmann, die beiden ge¬
spenst ein weltfremdes, wie dem Jenseits entlaufenes
hören zusammen, denn man weiß ja: dieser ist von
gonummer:
Menschenkind ohne Fleisch und Blut, wenn auch noch mit
jenem sozusagen entdeckt worden. Ein Glück für den
eite 31 und 32 bringen wir die
Haut und Knochen begabt. Zwei deutschen Rittern, die
Dichter, daß dies schon vor einer geraumen Weile ge¬
auf der Fahrt nach Warschau in dem Kloster nächtigen,
tung der Erzählung
schah. Wenn er statt seiner naturalistischen Dramen dem
erzählt er seine traurige Geschichte. Er war ein reicher,
Freunde diese „Elga“ als Erstlingsfrucht seiner Muse dar¬
A.
ein glücklicher Edelmann gewesen, alles Land ringsum
gebracht hätte, wären die Folgen sicherlich viel weniger
Grevalcore
einst sein Eigentum. Da zog mit einem schönen Weib
erfreulich gewesen. Gerhart Hauptmann wäre am Ende
von
der Teufel zu ihm ins Haus. In der Hauptstadt, dieser
gar nicht entdeckt worden, und auf jeden Fall hätte er
Sündenherberge, hatte er sie kennen gelernt. Elga war die
nach einem anderen Columbus sich umsehen müssen, denn
Neera.
Tochter eines gänzlich verarmten Geschlechtes, sie bettelte
bei Otto Brahm, dem Stabstrompeter der neuen Rich¬
auf der Straße, und so hatte er sie geheiratet, in ihren
tung, welcher dem deutschen Drama frisches Blut zu¬
zerlumpten Kleidern, in ihrer halbnackten, unverschämten
führen, den Breitern einen unbekannten Weltteil erobern
vorliegende Nummer:
Armut. Der Reichtum war ihr Element, das zeigte sich
wollte, bei dem wäre er schön angekommen! Ein Stück,
1
blatt“: „Mutterschaft.“
sofort, doch im Ueberfluß erwachte aus ihr alles Schlechte,
das ganz wie ein von der Romantik abgelegtes Fähnchen
das bald üppig durch ihre Seele wucherte. Ein Zufall
Grazie. „Neue Novellen
aussah, dessen Lokal schon höchst bedenklich nach ein¬
entdeckte dem Grafen, daß sie einen Liebhaber hatte, daß
geschlossener Luft roch, was sollte ihm dies frommen ? Es
on Karl v. Thaler. „Die
sie ihn mit ihrem Vetter Oginski betrog, daß auch das
spielte in einem düster gewölbten Raum, halb Burg¬
ktes.“ Von Egon Zweig.
Töchterchen, das sie ihm geboren, ein Kuckucksei war, ein
-verlies, halb Klosterzelle, in einem alten Turm, auf einem
Kind des Vetters. Wutschäumend holt ihn der Graf aus
alten Rittersitz, in einem alten Schloß, zwischen der
en. Eingesendete Bücher.
der Hauptstadt, wo dieser Dritte wohnt, zwingt ihn, man
Lieblingsarchitektur des alten romantischen Landes, auf
weiß nicht durch welche Mittel, zu einem wenig ritterlichen
einem Tanzboden für längst verabschiedete Gespenster, und
Geständnis und will ihn nun vor ihren Augen töten.
wozu den Trödel zu vernewern, zu verjüngen trachten?
des Romaus „Die gute Zeit“
Doch Oginski entspringt und statt seiner muß Elga
Dann die Dämmerbeleuchtung, die verdunkelte Bühne, der
bluten, worauf der Graf reumütig hinter Klostermauern
Mönchsgesang hinter den Coulissen, Dinge, bei welchen
n, Mitglied der französischen Aka¬
sich flüchtet. Dies Grillparzers Novelle in ihren dürftigsten
dem genügsamsten Galeriegretchen nicht mehr gruselt, ver¬
Umrissen. Der Dichter hat als Erzähler Höheres geboten,
brauchte Theatralik, altfränkische Stimmungssimpelei —
doch zeigt er sich auch hier als Seelenmaler vom besten
nein, damals, vor etwa fünfzehn oder zwanzig Jahren,
Schlag, als Meister im Vortrag. Dem Dramatiker Grill¬
hätte sich Otto Brahm mit einer so rückständigen Kunst
Ktteten. 7,
parzer hatte der Stoff mit seiner verschwindend kleinen
nimmermehr abgegeben.
Anzahl von Situationen wenig zu sagen. In der Hand
Eliner in Wien.
Jetzt ist bas anders geworden, und was damals den
eines geringeren Dichters wäre eine Mondscheinballade
Gesamtgastspiel des Lessing=Theaters.)
Eingang verschlossen hätte, scheint nun als Hauptschlüssel
daraus geworden, uns irgend ein Zumsteeg hätte sie
sgäste auf irgend einem Wiener
für alle Türen zu dienen. Man stößt sich auch nicht
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in Musik gesetzt.
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daran, daß diese „Elga“ dem Stoffe nach nicht einmal von
t uns schon zur freundlichen Ge¬
Was hat nun eigentlich Gerhark Hauptmann aus der
Hauptmann stammt, sondern von Grillparzer. Bear¬
ie kommen fast jedes Jahr, er¬
Novelle gemacht?! Er gibt dem Kinde keinen Namen,
beitend, anempfindend, nachdichtend über irgend einen
er ersten Fliederblüte und mit den
zwingt das Werk unter keinen besimmmten Gattungs¬
alten Herrn der Literatur sich herzumachen, ist ja gleich¬
in, folglich in der besten Gesellschaft,
begriff. Die Sache ist eben da, mag sie sich selber be¬
falls eine beliebte Praxis geworden und Hauptmann
stets interessante Neuigkeiten mitzu¬
nennen, Eine Hand voll Szenen, ziemlich lose
ging hierin den andern mit seinem Beispiel voran, denn
sehen haben will. Diesmal „Elga“
aneinandergefügt, eine Wand voll Charakterbilder, skizzen¬
schon 1896 schrieb er seine „Elga“ nach Grillparzers
ann. Das Berliner Lessing=Theater,
artig hingeworfen wie flüchtige Kohlenzeichnungen, das ist
seines Direktors Dr. Otto Brahm, Novelle „Das Kloster von Sendomir“ die anno 1828
ruppenführers, für einige Zeit vom zum erstenmal veröffentlicht wurde. Man darf sie als „Elag“ und scheint nichts anderes sein zu wollenErst
ensarnermtenene