II, Theaterstücke 17, (Lebendige Stunden. Vier Einakter, 2), Der Puppenspieler. Studie in einem Aufzuge, Seite 71

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17.1. Der Puppenspieler box 22/6
de genug, um als
altererbten, lieben
Mur
ein Pobjedonoszew

muß. Merkwürdig, wie selbst das Nächtige, Schaurige,
paar Schritte zur Vollkommenheit. Neben ihm behauptet
er erdrosselt, nach¬
Unheimliche mit einer gewissen Anmut sich behandeln läßt.
sich auf gleicher Höhe Frau Irene Triesch, eine Künst¬
at in deinen Armen
lerin, an die man sich freilich erst gewöhnen muß. Ihre
Das zeigt auch Arthur Schnitzler in seinem
it vorgeschriebenem
Bühnensicherheit, der rasche Griff, womit sie aus der ge¬
„Puppenspieler“, der vor „Elga“ gegeben wurde.
dieser armselige
gebenen Figur die bedeutsamen Züge hervorholt, nehmen
Ein ganz kleines, dramatisch unbedeutendes Stück in einem
die Geliebte ohne
sofort für sie ein, doch hin und wicher verdunkelt sich
Akt, kein Stück, nur „eine Studie“ wie der Dichter es nennt,
her Held. der seinen
dieser erste gute Eindruck. Gegen diese Schauspielerin
doch in ihrer Kürze nicht ohne künstlerischen Reiz. Trotz
a von Hauptmann
spricht vor allem ihre eigene Stimme. Sie klingt unge¬
seines hilflosen Aussehens gehört dieser Puppenspieler zu
t uns hier als der
wöhnlich rauh, hie und da fast abstoßend, und hat nur
den furchtbaren Menschen. Er ist okkultistisch veranlagt
seine Elga in den
Höhe und Tiefe, mehr Tiefe als Höhe, keine Mittellage,
und rühmt sich einer geheimen Kraft, die es ihm ermög¬
macht eine Art
kein ausgleichendes Register. Doch die Dame besitzt Tem¬
licht, einen Menschen durch den Gebanken zu töten, ohne
Mutter, die bereit
perament oder das, was auf der Bühne dafür gelten kann,
ihn anzurühren. „Stirb!“ denkt er, und der Mann ist
hres Liebhabers, um
sie weiß als Elga bald wie eine Katze zu schmeicheln, bald
des Todes. Zum Glück mißbraucht er die Gabe nicht; es
b wagt der jüngere
wie ein Tiger aufzuspringen, sie kann donnern. Dann
genügt ihm, sie zu besitzen, sich als Herr zu fühlen. Das
Situation ersetzt er
wieder plötzlich ein Ton, der uns aus allen Himmeln
Leben hat ihm nichts meyr zu bieten, er ist im Grund ein
brachter Rache läßt
reißt, der aus dem wüsten Straßenlärm heraus, von irgend
armer Teufel, eine der vielen schiffbrüchigen Existenzen. Seine
ren, aber Elga stößt
einem Jahrmarkt herzuklingen scheint. Wir wiederholen,
einzige Freude bleibt, mit seinen Puppen zu spielen, und
, und der Vorhang
man muß sich daran gewöhnen.
die Puppen sind die Menschen, die er geistig überragt.
und der fremde
Die Ausstattung ist sehenswert, die Kostüme von
Das ist alles ziemlich dunkel und nebelhaft, oft gewollt
dannen wie er
einer historischen Treue, die vermutlich jeder Konkurrenz
schwerverständlich, und doch voll ruhiger, rührender
die Handlung des
spottet. Man fühlt allenthalben eine kundige, geschmack¬
Liebenswürdigkeit. Herr Bassermann gibt diesen
nger rührte.
volle Leitung, die Hand einer phantasiebegabten Regie.
sonderbaren Kanz geradezu vortrefflich, mit einer vor¬
Etwas seltsam wird die Verbindung zwischen den einzelnen
nehmen Einfachheit, die ein kompliziertes Gedankenspiel
zwischen dem Stil
Szenen hergestellt. Das eigentliche Traumbild besteht aus
verhüllt. Er versteht wie keiner die Kunst des Halbaus¬
llung nachzuweisen.
fünf solcher Szenen. Nach jeder schließt sich ein pech¬
gesprochenen, des beredsamen Schweigens, der flüchtigen,
ck Romantik, dem
schwarzer Zwischenvorhang, und alsbald beginnt auch
beziehungsreichen Gebärde, des lässig hingeworfenen
nötigenfalls derben
wieder hinter der Bühne der mitternächtliche Chor der
ein Standpunkt.
Wortes, das einen ganzen Satz in sich schließt. Es ist der
ner (Starschenski)
Mönche, unter welchem der Ritter kurz vorher einge¬
richtige Ton für dieses kleine Stück, das mit Unwahr¬
schlafen ist. Dieses Nocturnum zieht sich durch das ganze
te, die ihren Part
scheinlichkeiten und halben Möglichkeiten tändelt und von
rn versteyt. Mehr
Stück, die Fortdauer des Traumes bezeichnend. Sechsmal
einem schauerlichen Geheimnis uns nur ein Zipfelchen des
die abgetönten
Schleiers in die Hand gibt. Anders Gerhart Hauptmann
ertönt der trübselige Mollgesang, um sehr unfein mitten
Ka voce. Dieser statt¬
und seine „Elga“. Da wird das Unheimliche breit unter¬
im Takt abzureißen, sobald die Dekoration gestellt ist. Der
mme und der vollen
strichen, das Schwarze womöglich noch schwärzer gemacht,
Pole Chopin hat ebenso wehmütige, aber um wieviel
und das Bedenkliche ist nur, daß solche Uebertreibungen
im kein Romantiker,
zartere Notturnos gedichtet. Da schimmert wie dort der
treich durchzuführen.
beim Zuschauer oft das Gegenteil der beabsichtigten Wir¬
kalkbleiche Mond über Berg und Tal, und schöne junge
kung hervorbringen. Sechsmal hört er die Mönche ihre
Wen des Verdachtes,
Weiber gleiten vorüber, nach Pariser Schnitt gekleidet oder
d Ungewißheit, die
nächtliche Messe singen, ihre Totenmesse, das ist mehr als
auch nach der neuesten Dichtermode ganz nackt, doch sie
deckung der Wahr¬
genug — beim siebentenmal würde er die schöne Elga
tanzen nicht auf Menschenschädeln, sondern schweben über
Tat einen ganzen
Blumen und Blüten, die ihnen schwesterlich lächeln, die um Rat und Hilfe anrufen, Elga, die vom Tode das
W.
mit unleugbarer
ihnen das duftige Grab betten, wenn schon gestorben sein! Lachen gelernt hat.
übrig, die letzten